Drei sind einer zu viel: Zwei Männchen und ein Weibchen der Rostroten Mauerbiene - Foto: Andreas Schäfferling/www.naturgucker.de
Kulturfolger und Frühlingsbote
Die Rostrote Mauerbiene ist „Insekt des Jahres 2019“
29. November 2018 - Mit der Rostroten Mauerbiene (Osmia bicornis, früher auch als Osmia rufa bekannt) wurde zum zweiten Mal eine Wildbiene zum „Insekt des Jahres“ in Deutschland, Österreich und der Schweiz gekürt. Rund 700 Wildbienenarten leben in Mitteleuropa.
„Wir möchten mit dieser Wahl auch auf das Artensterben der Wildbienen aufmerksam machen – auch wenn unser Jahresinsekt bisher nicht als gefährdet gilt“, begründet Prof. Dr. Thomas Schmitt, Direktor des Senckenberg Deutschen Entomologischen Institut in Müncheberg und Vorsitzender des Auswahl-Kuratoriums die Entscheidung. „Auch wollen wir generell auf die hohe Bedeutung der Bestäubung als Ökosystemdienstleistung hinweisen, die für unsere Nahrungsmittelproduktion äußerst wichtig ist.“
Fast jeder kleine Hohlraum ist geeignet
Aufgrund ihres Nistverhaltens ist die Rostrote Mauerbiene häufig in der Nähe menschlicher Behausungen zu finden. Die 8 bis 14 Millimeter großen Insekten nutzen vorhandene Hohlräume in Trockenmauern, Löß- und Lehmwänden, aber auch in Totholz, lockerem Gestein und zahlreichen anderen Strukturen, um darin ihre einzelnen gemörtelten Brutnester anzulegen. Nester dieser Biene wurden schon in Türschlössern, in der Plastikhülle eines Rolladenstoppers und sogar in einer Holzflöte gefunden. Gerne nimmt die Rostrote Mauerbiene künstliche Nistgelegenheiten aus Holz, Bambus oder Schilf an.
Die an eine schlanke Hummel erinnernde Bienenart ist nicht zum Stechen aufgelegt, das „Zusammenleben“ mit dem Menschen ist kein Problem. Im Gegenteil: Die Mauerbiene bietet Gelegenheit, den Lebenszyklus eines Insektes ganz aus der Nähe zu beobachten.
Schlupfen die Weibchen, warten die Männchen bereits
Pro Jahr entwickelt sich eine Generation. Die Weibchen legen im Frühjahr die mit Pollen gefüllten Nisthöhlen an, in denen sich die Larven bis August zu erwachsenen Bienen entwickeln. In diesem Zustand verharren sie bis zum nächsten Frühjahr, um sich dann mit ihren kräftigen Kiefern aus dem verschlossenen Nest zu nagen. Dabei schlüpft der männliche Nachwuchs zuerst – wenn die Weibchen schlüpfen, warten die Männchen bereits zu Paarung und der Zyklus beginnt erneut.
Der wissenschaftliche Namenszusatz des Jahresinsekts – bicornis, lateinisch für zweihörnig – leitet sich von einem eindeutigen Erkennungsmerkmal ab: Die weiblichen Tiere tragen zwei spatelartige Hörnchen am Kopf, die zur Ernte von Blütenpollen dienen. Hierbei sind die Mauerbienen nicht auf eine bestimmte Pflanze angewiesen, es gibt kaum eine Blütenpflanze deren Pollen Osmia bicornis nicht einträgt. Viel entscheidender ist dagegen der Umfang des Pollenangebotes und die Verfügbarkeit in Nestnähe – auch damit die Bienen ihre wichtige Aufgabe als Bestäuber wahrnehmen können.
Das Insekt des Jahres wird seit 1999 proklamiert. Die Idee hierzu stammte vom Prof. Dr. Holger Dathe, damaliger Leiter des Senckenberg Deutschen Entomologischen Instituts in Müncheberg. Ein Kuratorium, dem namhafte Insektenkundler und Vertreter wissenschaftlicher Gesellschaften und Einrichtungen angehören, wählt jedes Jahr aus verschiedenen Vorschlägen ein Insekt aus.
- Artenporträt bei www.wildbienen.info
- Beobachtungen der Rostroten Mauerbiene im NABU-Naturgucker melden
- Artenporträt Rostrote Mauerbiene, aktuelle Beobachtungen und Bilder
- Gruselig und faszinierend: Mauerbienen-Parasiten
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