Die Agrarwüste wiederbeleben
Im Kampf gegen das Insektensterben reichen Blühstreifenprogramme nicht aus. Es gilt vor allem, die Strukturvielfalt der Landschaft zu erhöhen und den Pestizideinsatz drastisch zu verringern. Mehr →
07. November 2018 - Den Wert von Insekten können wir gar nicht hoch genug einschätzen. 90 Prozent aller Pflanzen sind auf Bestäubung angewiesen. Derzeit aber erleben wir einen alarmierenden Insektenschwund. Und das sowohl bei der Gesamtmasse als auch bei den Arten. Dieser Verlust kann verheerende Folgen haben für Mensch und Natur. Es ist also gut, dass die Bundesregierung nun erstmals ein spezielles Insektenschutzprogramm plant und die Bundesumweltministerin Schulze dazu konkrete Maßnahmen erarbeitet. Denn die Ursachen für den Insektenrückgang sind komplex, aber ausreichend bekannt. Nun geht es darum Lösungen umzusetzen – und dabei darf sich keiner wegducken. forderte Tschimpke. Bund und Länder müssten an einem Strang ziehen, ebenso sei die Landwirtschaft gefordert, diesen gefährlichen Trend zu stoppen.
Mit ihrer jetzigen Subventionspolitik zerstört die EU die Lebensräume von Insekten. Grünland wird zu intensiv genutzt, Brachflächen sind kaum mehr zu finden, Hecken, feuchte Stellen und blütenreiche Wegsäume sucht man vielerorts vergebens. Die Bundesregierung ist gefordert, jetzt in Brüssel einen Kurswechsel zu erreichen. Derzeit laufen die Verhandlungen für die Förderperiode ab 2021. Für Landwirte müsse es sich dann lohnen, Lebensräume von Insekten zu erhalten. Möglich ist dies durch eine Umschichtung der Gelder in einen neuen EU-Naturschutzfonds, der Landwirten Anreize für Naturschutzmaßnahmen bietet. Doch Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner will wohl auch über 2021 hinaus am derzeitigen, umweltschädlichen System festhalten. Auch national müsse die Bundesregierung schnell handeln. Sofortprogramme und Schutzmaßnahmen für Insekten seien unabdingbar in Anbetracht der chronischen Unterfinanzierung des Naturschutzes in Deutschland. Hierzulande klafft derzeit eine Finanzierungslücke von weit über 50 Prozent. Allein zur Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien werden jährlich 1,4 Milliarden Euro benötigt – zur Verfügung stehen lediglich 540 Millionen Euro.
Zusätzlich muss ein besseres Management der Schutzgebiete gewährleistet sein. Für zahlreiche bedrohte Arten sind sie die letzten Rückzugsraume. Doch selbst hier dürfen häufig Pestizide eingesetzt werden. Dadurch wird der Schutz der Insekten massiv unterlaufen. Die Länder müssten strengere Vorgaben für die Schutzgebiete machen. Sinnvoll sei auch der Vorschlag von Bundesumweltministerin Schulze, künftig artenreiches Grünland und Streuobstwiesen zu geschützten Biotopen zu erklären.
Dritter wesentlicher Schritt ist eine deutliche Reduzierung des Pestizideinsatzes. Die Bundesregierung müsse dazu endlich verpflichtende Reduktionsziele beschließen. Die Vergangenheit habe gezeigt, dass reine Absichtserklärungen – etwa im Nationalen Aktionsprogramm – wirkungslos bleiben. Außerdem brauchen wir wieder mehr Regionen, in denen überhaupt keine Pestizide eingesetzt werden. Zudem muss der Einsatz der besonders schädlichen Neonikotinoide und Breitbandherbizide wie Glyphosat verboten werden.
Vollständig pestizidfrei sollten künftig sämtliche Schutzgebiete sein sowie Städte und Gemeinden und der Haus- und Kleingartenbereich. Auch das Zulassungssystem für Pestizde muss dringend reformiert werden. Wirkstoffe müssen stärker auf ihre Schädlichkeit für die biologische Vielfalt hin überprüft werden. Dafür muss sich Deutschland bei der laufenden Überprüfung der EU-Pestizid-Verordnung einsetzen.
Im Kampf gegen das Insektensterben reichen Blühstreifenprogramme nicht aus. Es gilt vor allem, die Strukturvielfalt der Landschaft zu erhöhen und den Pestizideinsatz drastisch zu verringern. Mehr →
Beim Insektensterben sind viele Detailfragen noch offen. Dass neben der Zersiedlung die moderne Landwirtschaft mit Strukturverlust, Überdüngung und Gifteinsatz einen Anteil hat, steht aber außer Frage. Mehr →
Was sind die Gründe für das Insektensterben und was kann man dagegen tun? Hier finden Sie die Antworten. Mehr →
Fast 40 Prozent des EU-Haushalts fließt in die europäische Landwirtschaft. Doch das Fördersystem der GAP ist kompliziert und bewirkt zu wenig für Umwelt und Natur. Wir haben die wichtigsten Fragen und Antworten zur GAP für Sie zusammengestellt. Mehr →
In diesen Zeiten schöpfen wir besonders viel Kraft in der Natur. Werden Sie NABU-Mitglied und helfen Sie mit, damit wir die Natur auch in Zukunft genießen können.
Jetzt NABU-Mitglied werden!