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Jetzt NABU-Mitglied werden!EU-Agrarpolitik wirkt nicht für den Naturschutz
NABU-Studie untersucht Auswirkungen der EU-Agrarpolitik in Bulgarien
4. Juni 2018 - Die immer intensivere Landwirtschaft in Europa beeinträchtigt Mensch und Umwelt. Insektensterben, immer weniger Feldvögel und zu hohe Nitratwerte im Grundwasser – dies sind alarmierende Zeichen dafür, dass die Natur aus dem Takt kommt. Immer stärker werden unsere ländlichen Räume von zu intensiver Düngung, dem anhaltend hohen Verbrauch von chemischen Pflanzenschutzmitteln und der Vernichtung von naturnahen Flächen bedroht. Dabei erhält die Landwirtschaft in den Mitgliedsstaaten der EU jährlich fast 60 Milliarden Euro vom Steuerzahler – den Großteil davon pauschal pro Fläche.
Nach dem EU-Beitritt Bulgarien im Jahr 2007 war es naheliegend, gut zehn Jahre später einmal zu untersuchen, wie sich ein osteuropäischer Staat mit post-sozialistischen Strukturen auch im Agrarsektor in einer hochregulierten und finanzschweren Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) entwickelt hat. Vor welchen Herausforderungen steht Bulgarien? Und was muss im Agrarbereich anders gemacht werden, um die Naturschutzziele zu erreichen oder um den Artenverlust aufzuhalten – gerade auch im Hinblick auf die anstehende Agrarreform 2020? Diese Fragen untersucht die vorliegende Studie „Fit, fair and sustainable: A model for a nature friendly and economically viable agricultural policy for Bulgaria”. Sie wurde von der Uni Göttingen im Auftrag von NABU und BirdLife durchgeführt und vom Bundesumweltministerium finanziell unterstützt.
Bulgariens Agrarlandschaft verliert ihre Artenvielfalt
Bulgarien ist ein Land mit einer einzigartigen Artenvielfalt in der Agrarlandschaft, insbesondere in den Grünlandgebieten. Außerdem ist es derjenige EU-Mitgliedsstaat mit dem zweitgrößten Anteil an Natura-2000-Gebieten. Leider ist jedoch auch in Bulgarien, wie überall in der EU, die Artenvielfalt auf dem Acker- und Grünland, stark zurückgegangen. Dies geht einher mit dem Trend zu immer intensiverer Landnutzung und einem gestiegenen Einsatz von Pestiziden und Dünger.
Landwirte bewegen sich auch in Bulgarien als Unternehmer in den gegebenen politischen Rahmenbedingungen und sind bestrebt, ihre Produktion und ihr Einkommen entsprechend der vorhandenen Anreize zu optimieren. Die Bereitstellung von Umweltleistungen und die Förderung der Artenvielfalt durch extensivere Formen der Landnutzung bedeuten für den Landwirt immer auch höhere Kosten. Für ihre Umsetzung erwarten sie daher eine Form der Kompensation vom Steuerzahler.
Diese für unsere Umwelt so wichtigen öffentlichen Leistungen durch die Landwirte werden jedoch im derzeitigen System der Direktzahlungen und des völlig ineffizienten Greenings, das eigentlich klima- und umweltverträgliche Landbewirtschaftungsmethoden unterstützen soll, nicht oder nur völlig unzureichend berücksichtigt. Für eine echte Reform der EU-Agrarpolitik ist es deshalb zwingend notwendig, dass Maßnahmen, die den Landwirten echte Anreize für eine naturverträglichere Produktion bieten, wesentlich deutlicher als bisher gefördert werden.
Hier die wichtigsten Ergebnisse der Studie
- Die Gemeinsame Europäische Agrarpolitik (GAP) nach 2020 benötigt eine deutliche Reform und ein neues Umsetzungsmodell.
- Nachhaltigere Produktion und Produktivitätssteigerung sind in Bulgarien eine große Herausforderung für den Agrarsektor.
- Die Umsetzung der GAP in Bulgarien muss transparenter und effizienter werden.
- Die Eigentumsrechte in Bulgarien gehören gestärkt.
- Die GAP muss die Herausforderungen Bulgariens im Umwelt- und Naturschutz besser berücksichtigen.
- Das GAP-Reformmodell von NABU und BirdLife bietet vielversprechende Alternativen, um den Naturschutz in Bulgarien zu fördern und die landwirtschaftlichen Einkommen zu stärken.
Forderungen und Empfehlungen für die Agrarpolitik in Bulgarien
- Direktzahlungen sollten mittelfristig reduziert und schließlich beendet werden.
- Freiwillige und an bestimmte Produktionszweige gekoppelte sowie andere nationale Zahlungen sind ineffizient und motivieren Lobbyismus, sie sollten deshalb kurzfristig beendet werden.
- Die Ziele und Prioritäten in der sogenannten ersten Säule der GAP bedürfen einer Klarstellung.
- Demografische Probleme und soziale Schieflagen im bulgarischen Agrarsektor müssen durch geeignete Maßnahmen in der Sozial- und Steuerpolitik aufgefangen werden.
- Die rechtskonforme Umsetzung der Umweltgesetze und -kontrollen im Agrarsektor ist sicherzustellen. Betrug und illegale Aneignung können zu massiven Umweltschäden führen und auch das Vertrauen der Landwirte in staatliche Institutionen beschädigen.
- Die Agrarumweltmaßnahmen gehören ausgebaut und verbessert. Für mehr Effizienz, bessere Umsetzungsmöglichkeiten und verstärkte finanzielle Ressourcen sind auch mehr Informationen und Beratung notwendig.
- Das NABU/BirdLife-GAP-Reform-Modell eignet sich als sinnvolle Alternative für eine verbesserte Agrarumweltförderung. Es kann auch dazu beitragen, dass öffentliche Gelder für öffentliche Güter ausgegeben werden.
- Agrarumweltprogramme müssen mit den Prioritäten des Natura-2000-Netzwerks abgestimmt sein. Die Agrarumweltmaßnahmen sollten regional und lokal angepasst und ihre Umsetzung evaluiert werden.
- Die Beratung, Information und Ausbildung im Agrarsektor Bulgariens muss insgesamt verbessert und ausgebaut werden.
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Nutzungsintensivierung, Ausräumung der Landschaft, Massentierhaltung, Pestizideinsatz und Überdüngung – all dies hat zu einem massiven Verlust von Artenvielfalt, sowie zur Belastung von Wasser, Böden und Klima geführt. Eine wesentliche Schuld hat daran die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP). Mehr →
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