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Jetzt NABU-Mitglied werden!Umweltschäden im Laubacher Wald von Gericht bestätigt
Urteil mit positiven Folgen für Waldschutzgebiete?
09. Februar 2018 - Der NABU Hessen ist zufrieden mit dem Urteil des Gießener Verwaltungsgerichts zu den Holzeinschlägen im Laubacher Wald. Das Gericht bestätigt nämlich, dass der Verlust von 77 Prozent des seltenen Grünen Besenmooses einen erheblichen Umweltschaden darstellt. Und in der Urteilsbegründung stellen die Richter weiterhin fest, dass die praxisübliche forstwirtschaftliche Nutzung des Waldes den Bestand des Mooses nicht ausreichend schützen kann, sondern ihn vielmehr gefährdet. Damit geht dieses Urteil sehr weit - und könnte positive Konsequenzen für die künftige Bewirtschaftung von Waldschutzgebieten haben.
„Geduld“ als Maßnahme gegen das Artensterben?
Der NABU hatte gegen das Land Hessen geklagt, weil es im Europäischen Schutzgebiet „Laubacher Wald“ die übliche Forstwirtschaft fortgesetzt hat - ohne Rücksicht auf vorkommende seltene Arten. Das Land wiederum berief sich darauf, dass laut Bundesnaturschutzgesetz eine Bewirtschaftungsweise, die der früheren Nutzung entspricht, „in der Regel“ keine erhebliche Schädigung hervorrufen könne.
Im April 2016 reichte der NABU Hessen beim Regierungspräsidium Gießen zunächst eine Umweltschadens-Anzeige wegen wiederholter starker Holzeinschläge ein und forderte Sanierungsmaßnahmen zum Schutz des seltenen Grünen Besenmooses. Der Holzeinschlag verändere das Kleinklima, so dass das Grüne Besenmoos absterbe. Der Landesbetrieb Hessen-Forst wies die Vorwürfe des NABU im nächsten Schritt als falsch zurück. Die vom NABU behaupteten Schäden am Grünen Besenmoos entsprächen nicht der Realität und entbehrten jeglicher Grundlage. Nach Auffassung des Landesbetriebs seien die bekannten Besenmoosvorkommen „in keiner Weise gefährdet“. Im Verfahren stellte sich dann aber heraus, dass die Art durch Holzeinschläge nicht nur bedroht wurde, sondern bereits zu 77 Prozent verschwunden war. Und das nicht nur an einer Stelle im Wald, sondern an vier. Als sich das Verschwinden der Art nicht mehr leugnen ließ, argumentierte das Land gegenüber dem Gericht, dass die Moosart „möglicherweise“ in etwa 100 Jahren wiederkomme und bot als Schutzmaßnahme „Geduld“ an.
Urteil mit positiven Folgen für Natura-2000-Schutzgebiete
Die NABU-Klage wurde vom Gericht zwar letztlich abgewiesen, weil die alleinige Schuld des Landes nicht nachgewiesen werden konnte. Trotzdem ist das Urteil aus mehreren Gründen bemerkenswert. Denn letztlich hat das Gericht festgestellt, dass in Natura-2000-Wäldern nicht der gleiche Bewirtschaftungsstandard gilt wie in „normalen“ Wirtschaftswäldern. Das bedeutet, dass die Waldbewirtschaftung künftig an die Bedürfnisse vorkommender seltener Arten angepasst werden muss: Bechsteinfledermäuse zum Beispiel brauchen mehr alte Bäume mit Höhlen und das Grüne Besenmoos gänzlich ungenutzte Wälder.
Warum so viel Wirbel um ein unscheinbares Moos?
Es gibt Lebensräume, Tier- und Pflanzenarten, die sind so selten oder bedroht, dass sie EU-weit besonderen gesetzlichen Schutz genießen. Für solche Lebensräume oder Arten „von gemeinschaftlichem Interesse“ müssen spezielle Gebiete ausgewiesen werden, zusammen bilden sie das Schutzgebietsnetz „Natura 2000“. Zu diesen Arten gehört auch Dicranum viride, auf Deutsch Grünes Besenmoos oder Grünes Gabelzahnmoos.
Hauptgefahr für Dicranum viride ist laut Bundesamt für Naturschutz „forstliche Nutzung, die eine Veränderung der Wuchsorte (zum Beispiel Verringerung der Luftfeuchte) mit sich bringt und insbesondere die Luftverschmutzung. Der erhöhte Stickstoffeintrag über die Luft führt stellenweise dazu, dass die Art von anderen, wuchskräftigeren Arten verdrängt wird. Alte Wälder, die Vorkommen der Art beherbergen, sollten geschützt und nur minimal bis gar nicht forstlich genutzt werden.“
Und es ist ebenfalls deutlich geworden, dass in den Verordnungen des Europäischen Schutzgebiets klare Ge- und Verbote fehlen. Denn die Schäden im Laubacher Wald hätten so vermieden werden können. Außerdem muss das sogenannte Umweltschadensgesetz überarbeitet werden. Dort steht nämlich, dass ein Umweltschaden auf die Schuld eines einzigen Verursachers zurückgeführt werden muss – das ist unrealistisch und in der Regel auch unnötig. Im vorliegenden Fall hatte das Land Hessen zu seiner Verteidigung angeführt, dass das Moos ja vielleicht bereits durch einen Pilzbefall oder andere Ursachen verschwunden gewesen sein könnte. Und in unserem Rechtswesen gilt eben noch immer: Im Zweifel für den Angeklagten. Deshalb hatte das Gericht der Klage nicht stattgegeben. Der NABU ist aber mit dem Ergebnis dennoch zufrieden.
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