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Jetzt NABU-Mitglied werden!Erste deutsche Wolfsverordnung tritt in Kraft
NABU begrüßt Konkretisierung des Wolfsmanagements, kritisiert jedoch essentielle Mängel
07. Februar 2018 - In Brandenburg trat nun die erste deutsche Wolfs-Verordnung in Kraft. Bisher regelte der Wolfsmanagementplan die Umgangsweise mit frei lebenden Wölfen in Brandenburg. Die rechtlich verbindliche Wolfsverordnung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Die vorgesehenen Maßnahmen beziehen sich zum Beispiel auf den Umgang mit stark verletzten Wölfen, Wolf-Hund-Mischlingen oder auf Fälle, in denen es wiederholt zu Übergriffen auf fachgerecht geschützte Nutztiere kommt. Auch wenn sich ein Wolf wiederholt auffällig gegenüber Menschen verhält, ist der Umgang und die Zuständigkeiten in der Verordnung geregelt.
Was ist neu?
Im Vergleich zu anderen Bundesländern bedarf es in Brandenburg für die Vergrämung oder Tötung eines Wolfes nun keiner Ausnahmegenehmigung mehr. Stattdessen prüft nun das Landesamt für Umwelt (LfU) Hinweise auf Wölfe mit potentiell auffälligem Verhalten. Danach wird entschieden, welche Maßnahmen einzuleiten sind – zum Beispiel Vergrämung oder auch Entnahme eines Tieres. Diese Maßnahmen dürfen aber weder zur Verschlechterung des Erhaltungszustands der Wolfspopulationen führen, noch darf die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands des Wolfs in der kontinentalen Region Deutschlands behindert werden.
Die Wolfsverordnung beinhaltet einen klaren Vorteil gegenüber der bisherigen Regelung zum Umgang mit Wölfen in Brandenburg: Zuvor waren die Unteren Naturschutzbehörden für die Einschätzung von Wolfsverhalten und möglichen Maßnahmen zuständig. Die Verordnung ernennt nun die Oberste Naturschutzbehörde als zuständige Behörde für die Einschätzung und den Umgang mit Wolfsverhalten. Dies begrüßt der NABU.
Herdenschutz wird endlich klar definiert
Der zumutbare Herdenschutz wird in der Anlage der Verordnung endlich klar definiert, und schafft somit auch für Weidetierhalter eine verlässliche Orientierung. Nur wenn es trotz dieser korrekt angewendeten Schutzmaßnahmen wiederholt zu Übergriffen auf Weidetiere kommt, kann die Entnahme eines Wolfs angeordnet werden. In diesem Aspekt entsprechen die Vorgaben der Verordnung den Empfehlungen des Bundesamts für Naturschutz (BfN).
NABU kritisiert deutliche Mängel in der Verordnung
Fraglich bleibt, welche Personen genau befähigt sind, Maßnahmen wie Vergrämungen und Entnahmen fachgerecht und professionell durchzuführen.
Die fachgerechte Handhabung von Gummigeschossen und das Fangen, Betäuben und Besendern von Wölfen sind nicht Teil der Jagdausbildung. Daher stellt der Besitz eines Jagdscheins als alleiniges Kriterium aus Sicht des NABU keine ausreichende Qualifikation dar, um eine Vergrämung oder Besenderung von Wölfen durchzuführen. Stattdessen muss entsprechend geschultes und befähigtes Personal verfügbar sein.
Der NABU fordert deshalb die Einrichtung einer landesweites Task Force durch das Land Brandenburg. Die Landesregierung muss weiterhin eine fachliche Ausbildung sowie die finanzielle und logistische Arbeitsfähigkeit dieser Task Force sicherstellen. Außerdem kritisiert der NABU, dass die Ursachenanalyse bei auffälligem Verhalten eines Wolfes gänzlich fehlt. Hierzu zählt das Identifizieren und Beseitigen von künstlichen Anreizen wie beispielsweise dem Anfüttern. Die Beseitigung solcher Auslöser allein können schon zur Unterlassung des ungewünschten Verhaltens führen.
Gibt es nun mehr Abschüsse?
Jede potentielle Abschussbewilligung ist weiterhin eine Einzelfallentscheidung, deswegen geht der NABU aktuell nicht davon aus, dass es in Brandenburg nun zu regelmäßigen Entnahmen von Wölfen kommen wird. Wolfs-Entnahmen waren und sind nach EU- und Bundesrecht seit der Rückkehr der Wölfe nur im Ausnahmefall zulässig – auch ohne Wolfsverordnung.
Fazit
Im Gegensatz zu Managementplänen stellt die Verordnung das erste rechtsbindende Dokument zum Vorgehen mit Wölfen in Ausnahmefällen dar und definiert den zumutbaren Herdenschutz. Damit sind sowohl die Kompetenzen als auch Rahmenbedingungen deutlicher geklärt. Ob allerdings eine fachgerechte praktische Umsetzung der Verordnung vor allem hinsichtlich finanzieller und personeller Kapazitäten im Ministerium aktuell gewährleistet werden kann, ist noch fraglich und bedarf weiterer Beobachtung und Begleitung seitens des Naturschutzes.
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