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Gesundheitsschädliches Tagebau-Sulfat belastet das Berliner Trinkwasser
05. Januar 2018 - Viele Berliner könnten durch den Abbau von Kohle in der Lausitz Durchfall bekommen. Denn sowohl aus den aktiven als auch aus den stillgelegten Tagebauen gelangt Sulfat bis in die Spree und diese spült das Sulfat aus der Lausitz bis nach Berlin. Sulfat ist zwar ungiftig, kann in hohen Dosen jedoch Durchfall und Erbrechen verursachen, besonders anfällig dafür sind Säuglinge und Kleinkinder.
Eine im Dezember veröffentlichte Sulfat-Prognose des Landesamts für Bergbau, Geologie und Rohstoffe Brandenburg (LBGR) bestätigt die Vermutung, dass kein Ende der Sulfat-Belastung in Sicht ist. Die DHI-WASY GmbH aus Berlin Adlershof prognostiziert in dem Gutachten teils sehr hohe Sulfatkonzentrationen über Jahrzehnte in den Gewässern um die Tagebaue in Brandenburg. Der Grenzwert für Trinkwasser laut Trinkwasserverordnung (TrinkwV) von 250 Milligramm Sulfat pro Liter wird auch künftig vielfach überschritten werden. In ihren Schlussfolgerungen bleiben die Entwickler des Prognosemodells überwiegend bei Empfehlungen zur Weiterentwicklung ihrer Modellierungen, erwähnt wird die „Reduktion des aktiven Bergbaus“ als Randbedingung.
Hohe Sulfatwerte im Müggelsee
Die Sulfatkonzentrationen in der Spree sind in den letzten Jahren stetig gestiegen und haben bereits im Oberflächenwasser des Müggelsees Konzentrationen von über 250 Milligramm je Liter erreicht. Bisher können Grenzwert-Überschreitungen ausgeglichen werden, indem Wasser mit hohem Sulfatanteil mit anderem, weniger belasteten Wasser gemischt wird bis die Konzentration wieder unbedenklich ist. Bei weiter steigenden Sulfatwerten müsste jedoch verstärkt auf Grundwasser zurückgegriffen werden. Das geht dann auf Kosten der Feuchtgebiete in Brandenburg aber auch zum Beispiel im Spandauer Forst oder Köpenick. Die Kosten dafür könnten bei 20 bis 50 Cent je Kubikmeter Wasser liegen – nach jetzigem Stand getragen von Berlins Wasserkunden.
Auch Muscheln und Krebse beeinträchtigt
Lebewesen, die in belasteten Gewässern leben, können der Sulfatfracht meistens nicht ausweichen. Hier findet ein Insektensterben in den vielfältigen Larvalstadien von z.B. Eintagsfliegen, Köcherfliegen und Libellen statt. Auch wenn noch umweltchemischer und ökotoxikologischer Forschungsbedarf besteht - vermutlich bereiten bereits Konzentrationen unterhalb des humantoxikologischen Grenzwertes für Trinkwasser Schwierigkeiten für die aquatischen Lebensgemeinschaften. So wurde beobachtet, dass in Tieflandflüssen mit einer Sulfatkonzentration oberhalb von 200 Milligramm je Liter das Makrozoobenthos, also Muscheln, Krebse und andere Tiere die noch mit bloßem Auge wahrnehmbar sind, negativ beeinflusst werden. Der NABU fordert die Bundesländer und damit die Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) dringend auf für das Sulfat eine Umweltqualitätsnorm festzulegen damit künftig Gerichte eine Vorgabe bei der Bewertung der Sulfatbelastung haben.
Laut Klimaschutzplan der Bundesregierung soll bis 2050 die Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien umgestellt werden. Heute stammen bereits 38 Prozent der Nettostromerzeugung aus erneuerbaren Energien, 24 Prozent werden noch aus Braunkohle erzeugt. Die Belastung der Spree mit Sulfat wird noch viele Jahrzehnte andauern – die Hauptstädter haben sicher keine Lust die Gegenmaßnahmen zu zahlen. Die Mehrheit der Bevölkerung möchte einen zügigen Kohleausstieg. Der NABU fordert von der nächsten Bundesregierung schnelle Schritte Richtung Kohleausstieg. Zudem müssen von Tagebau- und Kraftwerks-Betreibern umfangreiche finanzielle Sicherheiten eingefordert werden, damit die langwierigen Folgekosten der Kohle nicht von der Allgemeinheit zu zahlen sind.
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Die deutschen Braun- und Steinkohlekraftwerke produzieren 40 Prozent des deutschen Stroms – sind aber für 80 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Eine NABU-Studie zeigt, dass ein beschleunigter Kohleausstieg geboten, rechtlich möglich und sozialverträglich finanzierbar ist. Mehr →