Lactobacillus reuteri (blau koloriert) verklumpt das für Entzündungen und Geschwüre im Magen verantwortliche Helicobacter pylori (rot). - Foto: Organobalance
Lecker im Käse, gesund in Magen und Darm
Die Lactobazillen sind „Mikrobe des Jahres 2018“
28. Dezember 2017 – Die Laktobazillen – übersetzt „Milch-Stäbchen“ – sind Teil unserer Kulturgeschichte. Vor etwa 7000 Jahren begannen sesshaft gewordene Viehzüchter in Nordeuropa verstärkt Milch und daraus gewonnene Produkte zu verzehren. Die Bildung des eigentlich nur bei Säuglingen vorhandenen Enzyms Lactase für den Abbau von Milchzucker setzte sich daraufhin bei erwachsenen Mitteleuropäern durch. Die meisten Erwachsenen in Asien oder Afrika vertragen dagegen bis heute Milchprodukte schlecht. Weltweit sind 75 Prozent der Menschen laktose-intolerant.
Die Menschen entdeckten, dass sauer gewordene Milch nutzbar und lecker sein kann, in Form von Joghurt, Kefir oder Käse beispielsweise. Dafür sind vor allem Milchsäurebakterien aus der Gattung Lactobacillus verantwortlich, ebenso für Säuerungsvorgänge zur Herstellung von Sauerteigbrot, Sauerkraut oder anderen eingelegten Gemüsesorten. Lactobacillus bildet aus den vorhandenen Kohlenhydraten Milchsäure. Dadurch sinkt der pH-Wert so stark, dass sich schädliche Bakterien nicht vermehren können – Lebensmittel werden haltbar. Etwa 5000 solcher Lactobacillus-fermentierten Lebensmittel sind weltweit bekannt.
Partner auf Lebenszeit
Lactobacillus begleitet uns von Geburt an. Bei der Passage durch den mütterlichen Geburtskanal werden die Bakterien auf das Baby übertragen, diese schützen das Neugeborene vor Krankheitserregern. Bei Kaiserschnitt-Geburten fehlt dieser Schutz, sodass sich schädliche Bakterien leichter im unreifen Säuglings-Darm ansiedeln können. Es gibt Hinweise, dass Laktobazillen die Wahrscheinlichkeit von Allergien und Autoimmunkrankheiten wie Diabetes und Morbus Crohn verringern. Teilweise werden daher Kaiserschnitt-Babys direkt nach der Geburt mit Bakterien der Mutter eingerieben.
Helfer für Leib und Seele
Dank bestimmter Enzyme machen Laktobazillen für den Menschen unverdauliche Kohlenhydrate zugänglich, vor allem die Ballaststoffe aus Vollkorn und Gemüse, die im Dünndarm die erwünschten Darmbakterien stimulieren. Solche Ballaststoffe werden heutzutage als „Präbiotika“ manchen Lebensmitteln zugesetzt, beispielsweise in Form der langkettigen Zucker Inulin oder Oligofructose. Als „Probiotika“ werden hingegen Nahrungs- oder Heilmittel bezeichnet, die gezielt bestimmte Bakterienstämme enthalten.
Ob natürlich oder zugesetzt: Laktobazillen sind wichtig für die Funktion der Darmschleimhaut, die Nährstoffe vom Darm ins Blut transportiert und auch unser Immunsystem unterstützt. Ist es gestört, werden Infekte und Autoimmunkrankheiten wahrscheinlicher. Studien legen nahe, dass Laktobazillen sogar unser Wohlbefinden beeinflussen. Bestimmte Lactobacillus-Stämme verringern in Mäusen ängstliches und depressives Verhalten – möglicherweise weil sie Botenstoffe produzieren, die bei der Nervenübertragung im Gehirn eine Rolle spielen.
Milchsäure für Bio-Plastik und Medizintechnik
Biotechnisch werden Laktobazillen eingesetzt, um im industriellen Maßstab Milchsäure herzustellen – weltweit etwa 500.000 Tonnen pro Jahr. Als Lebensmittelzusatzstoff (E 270) erhöht Milchsäure die Haltbarkeit von Back- und Süßwaren sowie Limonaden. Auch Seifen, Cremes und Spülmittel enthalten die desinfizierend wirkende Milchsäure.
Durch Verknüpfung mehrerer Milchsäuremoleküle entstehen Milchsäureketten, die Polylactide. Daraus gewonnene Materialien sind stabil, aber biologisch abbaubar, sodass sie zu Biofolien und -verpackungen verarbeitet werden. Medizintechniker verwenden Polylactide für Nahtmaterialien und Implantate, die sich nach einiger Zeit im Körper zersetzen.
Übersicht
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