Balistar - Foto: Tom Kirschey
Neue Studie bestätigt: EU-Importverbot für Wildvögel zeigt Wirkung
Verbot muss auf andere Artengruppen und Erdteile ausgeweitet werden
04. Dezember 2017 - In der am 22. November in der Zeitschrift „Science Advances“ veröffentlichten Studie werten Wissenschaftler der Universität Kopenhagen und der Universität Porto Handelsstatistiken des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (CITES) der Jahre 1995 bis 2011 aus. Darin werden alle grenzüberschreitenden legalen Transporte von 1700 Vogelarten erfasst, deren Handel nach CITES genehmigt und registriert werden muss. Demnach ging das jährliche weltweite Handelsvolumen aus der Natur entnommener Vögel dieser Arten seit dem Einfuhrverbot in die EU von 1,3 Millionen auf 130.000 zurück. Von weiteren 900 Vogelarten weiß man, dass auch sie gehandelt werden. Bei ihnen ist ein ähnlicher Rückgang anzunehmen.
Der weltweite Handel mit wild lebenden Tierarten, hat sowohl im Herkunftsland als auch im Einfuhrland Konsequenzen: Im Land, in dem die Tiere gefangen werden, kann es zur Gefährdung oder zum Aussterben der betroffenen Art kommen. So sind Vögel wie der Afrikanische Graupapagei nachweislich durch den Käfigvogelhandel gefährdet, der weiße Bali-Star wurde durch den Käfigvogelhandel in freier Natur sogar bereits ausgerottet. Im Einfuhrland kann es zur Verbreitung exotischer und invasiver Arten und zur Einschleppung neuer Krankheitserreger kommen. So konnte sich zum Beispiel der aus Indien stammende Hirten-Maina in vielen Teilen der Welt festsetzen und dort einheimische Arten verdrängen. Die Studie zeigt, dass der internationale Vogelhandel eine der Hauptursache für die Verbreitung exotischer Vogelarten auf der ganzen Welt ist.
Die EU beziehungsweise ihre Mitgliedstaaten galten bis 2005 als wichtigster Abnahme-Markt für Wildvögel, die meistgehandelte Tiergruppe der Welt, und damit als einer der „Motoren“ des weltweiten Handels. Einfuhren allein nach Belgien, Italien, die Niederlande, Portugal und Spanien machten zwei Drittel des weltweiten Vogelhandels aus. Die Vögel stammten hauptsächlich aus Westafrika, 70 Prozent der exportierten Vögel kamen aus Guinea, Mali und dem Senegal.
Ein massiver Ausbruch der Vogelgrippe im Jahr 2003, bei dem auch importierte Papageien als mögliche Infektionsherde identifiziert wurden, lieferte die Gelegenheit, den von NABU und BirdLife International schon lange geforderten Importstopp für Wildfänge im Jahr 2005 für die gesamte EU durchzusetzen. Der zunächst lediglich aus Seuchenschutzgründen temporär verhängte Bann wurde 2007 auch aus Gründen des Artenschutzes und zur Vermeidung der Einschleppung invasiver Arten in ein dauerhaftes Verbot überführt. Seitdem schützt die EU nicht nur seine heimische Vogelwelt durch die seit 1979 geltende EU-Vogelschutzrichtlinie vor dem Fang für die Käfighaltung, sondern auch die Vogelarten anderer Erdteile vor unkontrollierter Ausbeutung für europäische Vogelhaltungen.
Die Autoren der neuen Studie fanden allerdings auch heraus, dass sich die weltweiten Routen des Vogelhandels seit dem EU-Verbot neu orientierten. So ist seitdem Lateinamerika der Hauptexporteur von Wildvögeln und Nordamerika der Hauptimporteur, zudem steigen die Importe nach Afrika und Südasien. Neue Routen bedeuten neue Gefahren für die Verbreitung potentiell invasiver Arten und bergen das Potential, dass der Wildvogelhandel auf diesen neuen Routen wieder erstarken könnte.
Der NABU unterstützt daher die Forderung der Autoren, das regionale Importverbot der EU zu einem weltweiten Verbot auszuweiten. Das häufig vorgebrachte Argument gegen ein generelles Verbot grenzüberschreitenden Wildvogelhandels, dass nachhaltiger Handel einen Beitrag zum Schutz von Lebensräumen und den betroffenen Vogelarten im Herkunftsland leisten kann, stimmt zwar in der Theorie. Aber in der Realität ist es bisher nicht gelungen, auch nur ein einziges funktionierendes Beispiel zu finden oder zu erarbeiten. In speziellen Fällen sollten daher eher nachweislich nachhaltige Handelssysteme von speziellen Ausnahmeregelungen profitieren, als aufgrund dieser vagen Hoffnung dem unkontrollierten Handel freien Lauf zu lassen.
Ausweitung des Handelsverbotes auf andere Artengruppen
Der nun vorliegende Nachweis der Effektivität des EU-Importverbots für Wildvögel unterstützt zudem die Forderung von BirdLife International, NABU und andere Naturschutzorganisationen das Handelsverbot auch auf Wildfänge anderer Artengruppen, etwa Zierfische, Amphibien, Reptilien und Säugetiere auszuweiten. Ein solches Verbot ist unter anderem wichtig, um einheimische Amphibien vor gefährlichen neuartigen Krankheitserregern wie dem eingeschleppten tödlichen Salamanderpilz zu schützen, der bereits heute das Überleben unserer Feuersalamander gefährdet.
Nicht klären konnte die neue Studie die Frage, ob der bis dahin legale Vogelhandel seit dem EU-Verbot auf illegalen Wegen durchgeführt wird. Anzunehmen ist, dass dies zu einem kleineren Teil sicherlich der Fall ist und damit zu einem Anwachsen des bereits zuvor illegalen Handels mit bestimmten geschützten Arten beiträgt. Insgesamt kann aber davon ausgegangen werden, dass auch unter Berücksichtigung dieser Verlagerung in den Schwarzhandel, das Handelsvolumen insgesamt stark abgenommen hat. Umso wichtiger sind natürlich Anstrengungen gegen den illegalen Wildtierhandel. NABU und BirdLife unterstützen hierzu den bereits 2016 von der EU-Kommission beschlossenen Aktionsplan gegen Wildtierschmuggel und fordern vermehrte Anstrengungen, diesen Plan auch umzusetzen.
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Das Washingtoner Artenschutzabkommen CITES reguliert seit 1975 den internationalen Handel mit wilden Tier- und Pflanzenarten. Ziel des Abkommens ist es, Gefahren für die Arten durch den internationalen Handel zu vermeiden. Mehr →
Wissenschaftler der Uni Braunschweig haben für Deutschland erstmals den Hautpilz Batrachochytrium salamandrivorans nachgewiesen. Der auch als Salamanderfresser bekannte Pilz hat in den Niederlanden und Belgien bereits ganze Feuersalamanderbestände ausgelöscht. Eine Ausbreitung in Deutschland ist zu befürchten. Mehr →