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Jetzt NABU-Mitglied werden!Fliegt der Ortolan von der Speisekarte?
Jährlich werden 30.000 der bedrohten Singvögel in Frankreich illegal getötet
29. September 2017 - Der französische Umweltminister Nicolas Hulot, hat sich verpflichtet, dem massenhaften Fang des Ortolans in seinem Land ein Ende zu setzen! Dies teilte LPO, die französische Partnerorganisation des NABU im gemeinsamen Netzwerk von BirdLife International vor wenigen Tagen mit. In Frankreich werden Ortolane, eine seltene Ammernart, entgegen EU- und nationalem Recht massenhaft gefangen, geblendet, gemästet und in Cognac ertränkt. Dieses grausame Gebaren der Feinschmecker hat mit dazu beigetragen, dass seit 1980 die Ortolanzahlen in Europa um 84% zurückgegangen sind.
“Ortolan” ist vor allem im Département Landes in der Gegend von Bordeaux ein Neujahrs-Gericht mit einer fast rituellen Tischsitte: Man isst den Vogel mit einer Serviette über den Kopf zum Abendessen. Dies, so heißt es, verhindere, dass die reichen Aromen entfliehen, die entstehen, wenn der Gourmand den Vogel mit Knochen und Innereien kaut. Ein Vorgang, der mehrere Minuten dauert. Der pragmatische Hintergrund wird allerdings eher sein, dass diese Art zu essen in der Tat eine schmutzige Angelegenheit ist. Oder wie andere Beobachter deuten: Es ist die Scham über die grausame Behandlung, die den Vogel auf den Teller brachte.
Die Grausamkeit beginnt draußen in der Natur, wo rund 30.000 der hübschen Ammern jedes Jahr im Herbst gefangen werden, da ihre Zugroute aus Nord- und Osteuropa nach Westafrika sie über Frankreich führt. Besonders im Südwesten von Frankreich ist der Singvogelfang sehr verbreitet. Mit Fallen, Netzen und Leimruten werden die Vögel illegal gefangen. Nach Schätzungen von Birdlife werden rund 500.000 geschützte Singvögel illegal jedes Jahr in Frankreich umgebracht. Darunter sind Buchfink und Bergfink aber auch viele andere Arten, wie Stieglitz, Zeisig werden Opfer der alljährlichen Schlachtfeste.
Kein anderer europäischer Sperlingsvogel hat so schnell innerhalb der letzten Jahrzehnte im Bestand abgenommen wie der Ortolan mit einem Gesamtrückgang von 84% seit 1980. Und das, obwohl die Jagd seit 1999 durch französische Gesetze verboten ist. Da jedoch der Ortolan auf der Speisekarte als kulturelle Tradition betrachtet wird, waren die Behörden bisher bereit, ein Auge zudrücken, um die Aktivitäten der Wilderer zu übersehen.
In den letzten zehn Jahren kämpfen LPO (Birdlife in Frankreich) und CABS (Komitee gegen den Vogelmord) gegen diese Praxis. Sie alarmieren die Behörden und zwingen sie das Gesetz anzuwenden. Bis vor kurzem waren die Interventionen des LPO der einzige Weg, um die Wilderer zu identifizieren und zu verfolgen, die mit dem Segen der lokalen gewählten Volksvertreter und Beamten die 'traditionelle Vogeljagd' betreiben. Immer wieder wird von offizieller Seite erklärt, dass der Staat diese illegalen Praktiken „toleriert“. Dagegen protestierte LPO mit einer auch vom NABU unterstützten Petition, die Ende 2015 über 320.000 Unterschriften gewann.
Die Arbeit von Naturschützern und eine Petition zeigten Wirkung
In den letzten zwei Jahren hat die französische nationale Agentur für Jagd und Wildtiere (ONCFS) durch die Durchführung von Inspektionen, die Arbeit der LPO gestärkt und die Hoffnung geweckt, dass die Anklagen gegen die Wilderer nicht auf Eis gelegt, sondern verfolgt werden. LPO hat wiederholt die Europäische Kommission darüber informiert, dass die französische Regierung wenig getan hat, um den Fang und Tötung von Wildvögeln zu verhindern. Im Dezember 2016 kündigte die Europäische Kommission an, dass sie Frankreich vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Verletzungen der Vogelschutzrichtlinie anklagen wird – mit einer möglichen Geldbuße im Millionen-Euro-Bereich als Strafe.
Und dann kam die Nachricht, die Musik in den Ohren der Singvögel wäre: Am 8. August 2017 erfreute der französische Umweltminister, Nicolas Hulot, mit einem Tweet und einer Pressemitteilung die Vogelschützer: Er erklärte seine Absicht, der Wilderei von Ortolanen in Frankreich endgültig ein Ende zu setzen. In der Erklärung sagt Hulot: „Die Erhaltung der biologischen Vielfalt ist wesentlich für die Zukunft unserer Menschheit, und es ist der Schutz eines Naturerbes, das wir als Erbe erhalten haben und wir den künftigen Generationen aus ethischen als auch wissenschaftlichen Gründen weitergeben müssen [...] Die Wilderei von Ortolanen ist illegal und muss aufhören. Sie stellt ein erhebliches Risiko für das Überleben der Art dar, während die natürliche Umgebung dieses Vogels durch den Klimawandel und Urbanisierung bedroht ist, die ihren Lebensraum zerstört".
Hulots Ankündigung erreichte die Aktiven der LPO, als sie damit beschäftigt waren, eine Tour durch das Département Landes vorzubereiten, um dort die Wilderei aufzudecken und anzuzeigen. Diese Wilderei ist jetzt gerade, wenn dieser Text erscheint, im Gange!
Bernard Deceuninck, Leiter der internationalen Abteilung der LPO sagte: „Wir haben eine große Schlacht im Kampf gegen die Vogelwilderei gewonnen, aber wir haben noch viel zu tun, weil die Vogelschutzrichtlinie ordnungsgemäß im Feld umgesetzt werden muss. Wir benötigen strengere Kontrollen illegaler Praktiken der so genannten ‚traditionellen Jagd' und des Fangs.“
Dennoch stellt Hulots Ankündigung einen großen Schritt für den Vogelschutz in Frankreich dar. LPO erwartet, dass der Staat dem wahllosen Fang von Vögeln generell ein Ende setzt. Dass die Regierung nun diesen Prozess mit dem Schutz der Ortolane beginnt, sollte einen süßen Geschmack im Mund von Naturschützern weltweit hinterlassen.
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