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Jetzt NABU-Mitglied werden!Wärmewende kommt nicht in Gang
Vorlage für neues Gebäudeenergiegesetz mit Mängeln
24. Februar 2017 - Bislang ist die Energiewende überwiegend eine Stromwende. Dabei ist der Gebäudesektor für einen erheblichen Teil der Treibhausgasemissionen in Deutschland, aber auch weltweit, verantwortlich. Es gibt zwei Wege, die Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor zu senken (siehe dazu auch: Energieeffizienzstrategie Gebäude der Bundesregierung):
- die Verringerung des Energieverbrauchs durch Effizienzmaßnahmen (unter anderem Dämmung, effiziente Heizsysteme) und
- die Verwendung naturverträglicher erneuerbarer Energien.
Bislang regeln das Energieeinspargesetz (EnEG), die daraus hervorgehende Energieeinsparverordnung (EnEV) und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) die Anforderungen an Energieeffizienz, den Primärenergieverbrauch und die Nutzung erneuerbarer Energien im Gebäudesektor. Diese Gesetze sollen nun im Gebäudeenergiegesetz (GEG) zusammengelegt werden. Mit diesem Gesetz soll das Energieeinsparrecht für Gebäude strukturell neu konzipiert, vereinfacht und vereinheitlicht werden. So jedenfalls haben es CDU/CSU und SPD in ihrem noch gültigen Koalitionsvertrag beschlossen. Die Novellierung der bisherigen Regelungen ist auch notwendig, um die europäischen Vorgaben der EU-Gebäuderichtlinie in deutsches Recht zu überführen.
Wünsche berücksichtigt - Ziele aus den Augen verloren
Am 23. Januar wurde nun der Referentenentwurf des GEG der Öffentlichkeit vorgestellt. Der NABU begrüßt die Gesetzesinitiative als wichtigen Baustein der bundesdeutschen Klima- und Energiepolitik. Der Gesetzesentwurf beginnt treffender Weise auch gleich mit der Darstellung des Problems und der Ziele des GEG. Darin heißt es: „Die Verbesserung der Energieeffizienz im Gebäudebereich ist ein wichtiger Baustein der Energiewende und für den Klimaschutz. Das Energieeinsparrecht und die kontinuierliche Fortentwicklung der energetischen Anforderungen an Gebäude (...) leisten einen wichtigen Beitrag zum Erreichen des Ziels eines nahezu klimaneutralen Gebäudebestandes bis 2050, der im Klimaschutzplan 2050 festgelegten Ziele für das Jahr 2030 und des Ziels, den Anteil erneuerbarer Energien am Endenergieverbrauch für Wärme und Kälte bis zum Jahr 2020 auf 14 Prozent zu steigern.“
Die Wünsche und Forderungen des NABU an ein Gebäudeenergiegesetz scheinen also vollständig berücksichtigt – sieht der NABU doch die Wärmewende als Instrumentarium zur Bekämpfung des Klimawandels. Leider führt der vorliegende Gesetzesentwurf aus Sicht des NABU aber nicht zur Umsetzung des Ziels, einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 erreichen. Dies machen wir an folgenden Punkten fest:
1. Ziele entsprechen nicht dem Pariser Abkommen
Der Entwurf des GEG bezieht sich auf den Klimaschutzplan 2050 und die Energieeffizienzstrategie (ESG). Darin ist das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent zu reduzieren, festgeschrieben. Folgt man den Beschlüssen des Pariser Abkommens, ist eine Treibhausgasreduktion um 95 Prozent notwendig. Folglich widerspricht das GEG den für den Klimaschutz notwendigen Zielen. Die Klimaziele müssen sektorübergreifend erreicht werden. Das bedeutet, jeder Sektor wird seinen maximal möglichen Beitrag zu leisten haben – auch und vor allem der Gebäudesektor. Schließlich sorgt er durch die Wärmebereitstellung für einen erheblichen Anteil der nationalen THG-Emissionen: für den Gebäudesektor entfallen rund 40 Prozent des Endenergieverbrauchs und etwa ein Drittel der CO2-Emissionen. Der NABU fordert deshalb für den Gebäudebereich, bereits jetzt so ambitioniert wie technisch und volkswirtschaftlich möglich, fossile Energie und CO2 einzusparen. Andernfalls werden die in den 2020er Jahre zu gehenden Schritte schmerzhaft bis unmöglich.
2. EU-Vorgaben werden nicht ernstgenommen
Gemäß der EU-Gebäuderichtlinie müssen „die Mitgliedsstaaten gewährleisten, dass bis 31. Dezember 2020 alle neuen Gebäude Niedrigstenergiegebäude sind und nach dem 31. Dezember 2018 neue Gebäude, die von Behörden als Eigentümer genutzt werden Niedrigstenergiegebäude sind“. Die EU definiert das Niedrigstenergiegebäude als „ein Gebäude, das eine sehr hohe Gesamtenergieeffizienz aufweist. Der fast bei Null liegende oder sehr geringe Energiebedarf sollte zu einem ganzwesentlichen Teil durch Energie aus erneuerbaren Quellen — einschließlich Energie auserneuerbaren Quellen, die am Standort oder in der Nähe erzeugt wird — gedeckt werden“.Das im Entwurf des Gebäudeenergieesetzes festgelegte Anforderungsniveau für dieErrichtung von Nichtwohngebäuden der öffentlichen Hand entspricht dem KfW-Effizienzhausstandard 55, also einem Primärenergiebedarf von rund 40 kWh/m2/Jahr.Das entspricht aber nicht einem „fast bei Null liegenden oder sehr geringemEnergiebedarf“. Inwieweit die deutsche Definition des Niedrigstenergiegebäudes damitdie EU-Gebäuderichtlinie umsetzt, ist aus Sicht des NABU und anderer Organisationen nicht erkenntlich. Der NABU fordert deshalb eine Definition des Niedrigstenergiestandards,die den EU-Richtlinien und den Klimaschutzzielen entspricht – mindestens aufdem Niveau des KfW-40-Standards! EU-Staaten wie Dänemark (25 kWh/m2/Jahr), die Slowakei(ab 34 kWh/m2/Jahr) und Schweden (ab 30 kWh/m2/Jahr) zeigen bereits ambitioniertere Definitionen ihrer Niedrigstenergiestandards.
3. Gesetzlich verankerte Vorbildwirkung wird faktisch nicht erfüllt
Der NABU teilt und unterstützt den Grundgedanken, dass einem öffentlichen Gebäude eine Vorbildfunktion zukommt. Im vorliegenden Gesetzentwurf (§ 21) werden Kommunen komplett von der Verschärfung ausgenommen, wenn sie überschuldet sind oder „die Erfüllung der Pflicht mit Mehrkosten verbunden ist, die auch unter Berücksichtigung der Vorbildfunktion nicht unerheblich sind.“ Zum einen stellt sich dabei die Frage, ob überschuldete Kommunen überhaupt ein Neubau erstellen. Zum anderen führt die Entbindung finanzschwacher Kommunen von der Vorbildfunktion die Vorbildwirkung ad absurdum, wenn kein Maßstab dafür, was „nicht unerheblich“ bedeutet festgelegt ist und eine einfache Selbstattestierung einer „Erheblichkeit“ genügt. Zudem müssen finanzschwache Kommunen dann auch noch die höheren Energiekosten eines Nicht-GEG-Standards auf Dauer tragen.
4. Planungssicherheit für den privaten Sektor wird nicht gewährleistet
Bereits im derzeitigen Gesetzesentwurf zum GEG sollte Planungssicherheit für alle Marktakteure geschaffen werden. Bisher verzichtet der Entwurf auf eine klare Festlegung des genauen Zeitrahmens für eine erste Novellierung des GEG, im Zuge derer der Niedrigstenergiestandard für private Gebäude definiert wird. Es wird auch keine Aussage getroffen, ob sich der Neubaustandard künftig ebenfalls am ohnehin zu geringen KfW-EH-55-Niveau für die öffentliche Hand orientieren soll. Eben dieses Fehlen einer klaren Perspektive erzeugt Planungsunsicherheit und macht es dem Markt schwerer, auch die nächste Stufe, den Niedrigstenergiestandard für alle privaten Gebäude, reibungslos umzusetzen. Es drohen Qualifizierungs- und Lieferengpässe, wenn den Marktakteuren kein angemessener Vorlauf gewährt wird. Ein Gutachten im Auftrag der Bundesregierung zeigt, dass der nun für öffentliche Gebäude vorgesehene Standard KfW-EH-55 bereits jetzt für Wohngebäude wirtschaftlich ist. Die Statistiken der KfW zeigen darüber hinaus, dass ein großer Teil der Bauherren bereits heute gemäß dem Standard Effizienzhaus 55 oder besser baut (Datenquelle: KFW 2017). Um die Klimaschutzambitionen des GEG deutlich zu machen und allen Akteuren Planungssicherheit zu bieten, fordert der NABU, den Niedrigstenergiestandard für private Gebäude nach Beginn der nächsten Legislaturperiode im Jahr 2018 mindestens auf dem Niveau eines KfW-EH-40 konkret zu definieren.
Leider hat die CDU/CSU Unionsfraktion das Gesetz zum Energiesparen in öffentlichen Gebäuden vorerst gestoppt. Der Entwurf der Bundesregierung für das Gebäudeenergie-Gesetz laufe dem Ziel des bezahlbaren Bauens und Wohnens zuwider, heißt es in einem Brief der Union an Kanzleramtschef Peter Altmaier. Es zeichne sich „erheblicher Diskussions- und Änderungsbedarf“ ab. Eigentlich hätte der Entwurf am 15. Februar beschlossen werden sollen. Damit ist wieder eine Chance vertan, den Klimaschutz endlich konstruktiv anzugehen.
Ausführliche Hintergründe und weitere Forderungen des NABU zum Entwurf des Gebäudeenergiegesetzes können Sie gerne unserer Stellungnahme entnehmen.
Bei einem Anteil von immerhin 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen in Deutschland schlummert im Bereich der Gebäudesanierung zur besseren Wärmespeicherung noch ein enormes Klimaschutzpotenzial, welches bisher nicht ausgeschöpft ist. Mehr →
Wenn Gebäude modernisiert werden, fällt manchmal erst bei den Bauarbeiten auf, dass dort eigentlich Vögel oder Fledermäuse leben. Die Tiere können durch die Arbeiten zu Schaden kommen – auch ihre Quartiere können dabei zerstört werden. Dabei muss der Artenschutz bereits bei der Planung bedacht werden. Mehr →