Bergmolchmännchen vom Kamener Galgenberg - Foto: Elisabeth und Wolfgang Postler
Amphibienwanderung vom Rhein bis zur Oder
Molche, Frösche und Kröten starten in diesem Jahr früh zu den Laichgewässern
24. Februar 2017 - Weiberfastnacht, der erste Höhepunkt der närrischen Tage, ist durch. Bevor es am Wochenende mit den Stadtteilumzügen weitergeht, haben die Naturschutzjecken die Pause genutzt, um ihre Amphibieninfos nachzutragen. Wie zu erwarten, sind auch im Rheinland rund um Bonn die Lurche längst am Laufen.
„Die Springfrösche haben schon am Wochenende ihre Wanderung begonnen und seit Montag wandern auch die Erdkröten. Die Kollegen spürten beim Einsetzen der Fangeimer 17 Kröten auf, die schon am Zaun gewartet hatten“, berichten Monika Wachtel und Christian Chmela von der Biologischen Station Bonn/Rhein-Erft.
Prognose für die nächsten Tage
Die Nacht zu Samstag kann teilweise leicht frostig werden, danach steigen die Temperaturen wieder etwas an. Es wird nachts aber nicht mehr so mild wie diese Woche, die Werte schwanken um die Fünf-Grad-Marke. Bis Rosenmontag sind die Wanderbedingungen im Norden bei grauem Himmel und immer wieder Regen deutlich besser als im Süden. Der anfangs noch starke Wind kann die Wanderungen weiter einbremsen, da die Amphibien dann wegen Austrockungsgefahr Schutz suchen. Die Verhältnisse ändern sich in den ersten Märztagen kaum.
In Erftstadt-Scheuren in der Zülpicher Börde westlich von Bonn begann die Amphibienwanderung bereits vor einer Woche. „Seitdem haben wir zahlreiche Teich- und Kammmolche sowie Springfrösche, Wasserfrösche, vereinzelt Erdkröten und heute die ersten beiden Knoblauchkröten am Zaun erfasst. Bei den Teich- und Kammmolchen sind schon die Hälfte der Vorjahreszahlen erreicht, nämlich 405 und 54 an einem Vorkommen. Die Springfrösche balzen bereits in den Laichgewässern.“
Noch bemerkenswerter ist, dass die Wanderungen auch im Osten Deutschlands schon vielerorts bereits eingesetzt haben. So wurde in der Hauptstadt am Montag mit dem Aufbau des vom Ökowerk Berlin betreuten Amphibienschutzzaunes an der Havelchaussee begonnen und sofort gab es reichlich „Beute“. Neben einer Erdkröte gingen 131 Teichmolche (103 M, 28 W) in die Eimer, am Folgetag waren es 74 Teichmolche (61 M, 13 W). „Der Regen hat den Tieren gut gefallen und wir sind stolz auf unsere Helferinnen und Helfer, die mit Spaten eifrig am Bauen sind“, freut sich Jens Scharon.
Hundert Kilometer südlich von Berlin stammen die ersten Nachweise bei Finsterwalde (Elster-Elbe-Kreis) leider von Verkehrsopfern. „Gefunden wurden sie in der Nähe des Ponnsdorfer Kiesschachts an der K 6230“, erläutert Adolf Weber vom örtlichen NABU. „Wie viele Tiere die gut funktionierende Schutzanlage bereits passiert haben, ist nicht bekannt. Viele können es nicht sein, denn es gab noch keine Beobachtungen entlang der Leitplanken. Die Laichplätze sind noch nicht von den Moorfröschen besetzt.“
Auf fast gleich Höhe, aber gut 50 Kilometer westlich, haben im sächsischen Torgau an der Elbe die Aktiven der der NABU-Naturschutzstation Biberhof mit BFDlern und weiteren Freiwilligen am Mittwoch mit dem Aufbau eines zwei Kilometer langen Zaunes begonnen. Nach dem Fund erster überfahrener Kröten hatten sie „Froschalarm“ ausgelöst. Prompt wurden 80 Tiere eingesammelt, vor allem Erdkröten und Knoblauchkröten, aber auch zwei Teichmolche.
Die Männchen laufen zuerst los
Bei den Erdkröten lassen die Weibchen sich noch Zeit
22. Februar 2017 - Nahezu überall in den Flussniederungen Westdeutschlands haben die Amphibien mit den Laichwanderungen begonnen. Neben den klassischen Frühstartern sind auch Erdkröten unterwegs, in Kamen wurden sogar schon verpaarte Kröten gesichtet – zu Beginn der Wanderungsperiode sind die Männchen meist noch unter sich. „Heute früh saßen bei Regen und zehn Grad 43 Erdkrötenmännchen auf der Straße. Zur unserer Überraschung war auch schon ein Doppeldecker unterwegs“, berichten Elisabeth und Wolfgang Postler vom NABU Unna.
Inzwischen liegen zahlreiche Meldungen von Baden-Württemberg bis Niedersachsen vor. Selbst in den unteren Lagen der Mittelgebirge tut sich etwas. „Im Odenwald hat die Amphibienwanderung eingesetzt“, meldet Martina Limprecht vom NABU Fränkisch-Crumbach. „Nachdem die Wettervorhersage uns zu hektischer Betriebsamkeit angeregt hatte und wir mit sieben Helfern am vergangenen Sonntag den Zaun aufgestellt hatten, konnten wir am Montagabend sieben Bergmolche, drei Fadenmolche, ein Teichmolch und ein Springfrosch vorfinden. Gestern waren es dann schon 49 Bergmolche, 32 Fadenmolche, 13 Teichmolche, 2 Springfrösche, 1 Feuersalamander und 13 männliche Erdkröten.“
Östlich bis zur Elbe
Nun ist dank der kräftigen milden Westströmung auch die Elbe erreicht. Im Kreis Jerichower Land (Sachsen-Anhalt) haben NABU-Aktive aufgrund der Wettervorhersagen bei bei Tangerhütte an der L31-Tangente sowie in Jerchel ihre Schutzzäune aufgebaut. Prompt wurden bei den ersten Kontrollen an beiden Stellen zahlreiche wandernde Erdkröten, aber auch Teichmolche und Grasfrösche gezählt.
Ausnahmen bestätigen die Regel. „Hier im nördlichen Ruhrgebiet, beginnendem Münsterland, hatten wir gestern bei Regen und gut zehn Grad Celsius nur einen mäßigen Wanderbeginn zu verzeichnen“, berichtet zum Beispiel Claudia Schadwinkel aus Bottrop. „Und heute war trotz gleicher Temperatur, dafür aber trocken und windig, wieder Pause – Ist ja auch noch früh im Jahr.“
Selbst am Oberrhein gibt es kleinräumige Unterschiede. „Die Wanderung ist auch in unserer warmen Region noch sehr verhalten – gestern waren 14 Kröten-Männer in unseren Eimern“, berichtet Silke Weber aus Ubstadt-Weiher im nördlichen Landkreis Karlsruhe. Zehn Kilometer weiter südlich kann sich Regine Carl vom Verein für Umwelt- und Naturschutz Untergrombach vor lauter Amphibien gar nicht retten: „Im Moment versuche ich neue Leute zu begeistern und bin fast jeden Abend nach dem Arbeitstag draußen. Beginn der Wanderung war am 4. Februar und seit dem 16. ist nun richtig was los. Zusammen haben wir bereits 581 Spring-, 164 Gras-, 2 Grün- und 59 nicht genauer erkannte Braunfrösche, 11 Erdkröten, 1 Teichmolch, 5 Bergmolche, 1 Kammmolch und 2 Feuersalamander. Leider gibt es auch wieder viele Opfer an nicht schützbaren Abschnitten und Folienüberspringer.“
Der Winter macht Pause
Von Nacht zu Nacht bessere Wanderbedingungen
21. Februar 2017 - Erst war der Winter 2017 recht streng, doch jetzt macht er vergleichsweise früh eine Pause. Die milden Temperaturen halten an. Für die Nacht zu Mittwoch werden im Westen teils plus zehn Grad Celsius erwartet, gleichzeitig ist es verbreitet feucht. Damit herrschen bereits knapp ein Monat vor dem in Normaljahren zu erwartenden Höhepunkt der Laichwanderungen ideale Bedingungen für unsere Amphibien.
Kein Wunder also, dass nach dem Oberrhein nun auch im östlichen Ruhrgebiet erste Amphibien registriert wurden. Kaum wurde gestern Abend am Kamener Galgenberg – unmittelbar am Autobahnkreuz von A 1 und A 2 und wenige Kilometer südlich der Lippeaue – von der Stadt die jährliche Straßensperre errichtet, fanden sich auch die ersten Erdkröten und Bergmolche auf der Straße. „Die Wetterbedingungen waren aber auch ideal. Es regnete und wir hatten neun Grad plus“, berichten Elisabeth und Wolfgang Postler vom NABU Unna.
Dass nicht noch mehr Meldungen aus weiteren Regionen vorliegen, dürfte weniger an den Amphibien liegen, als an den Amphibienschützern. Die meisten Zäune stehen so früh noch nicht. „Hier sind heute die ersten überfahrenen Erdkröten gemeldet worden. Wir sind überrascht und stellen baldmöglichst den Zaun auf“, so Horst Hagenberg vom NABU Burgwedel und Isernhagen. Auch am Main wurde man von der früh einsetzenden Wanderung überrumpelt. „Leider haben wir unseren Zaun zwei Tage zu spät aufgebaut“, meint Hartmut Müller von der Arbeitsgemeinschaft Fledermaus- und Amphibienschutz Seligenstadt und Mainhausen. „Die Erdkrötenwanderung begann bei uns bereits am Donnerstag (16). Es dürften aber weniger als 50 Tiere gewandert sein. Seit Samstag steht unser 850 Meter langer Zaun, dabei hat uns die THW-Jugend Seligenstadt und Bad Homburg unterstützt. In der Nacht zu Dienstag sind 43 Kröten gewandert, davor war es zu kalt.“
Nachtrag: Langsam verdichten sich die Meldungen, auch Niederrhein und Werra sind nun dabei. So fand Stefan Gabriel von der Amphibien- und Reptiliengruppe Rhein-Erft-Kreis in Frechen „heute früh die ersten Erdkröten, Bergmolche und Teichmolche“. Auch weiter flussabwärts, kurz vor der niederländischen Grenze, „sind die Amphibien am Niederrhein in der Nacht zu Dienstag in großer Zahl gestartet. Vorher gab es erstaunlicherweise keine Wanderungen, die wir bemerkt hätten“, berichtet Hermann-Josef Windeln vom NABU Issum-Geldern.
Bereits seit Montag sind laut Georg Spielberger vom NABU Maintal zwischen Hanau-Hohe Tanne und Maintal-Hochstadt einzelne Erdkröten und Braunfrösche eingesammelt worden. Selbst im Frau-Holle-Land im nordhessischen Werra-Meißner-Kreis waren letzte Nacht „bei Regen und acht Grad die ersten Erdkröten unterwegs. Da es aber wieder kälter wird, gehen wir von Mitte März aus, bis es richtig los geht“, meint Heike Matthies von der Amphibienschutzinitiative Meinhard.
20. Februar 2017 - Die Bedingungen werden von Tag zu Tag besser. Bisher liegen aber Meldungen ausschließlich aus einem kleinen Umkreis am Oberrhein vor. So wurden linksrheinisch im rheinland-pfälzischen in Rülzheim (Kreis Germersheim) am Zaun am am Freitzeitsee „Moby Dick“ 16 Erdkröten sowie ein Springfrosch und einige Wasserfrösche registriert. Der Fundort liegt wenige Kilometer westlich der ersten rechtsrheinischen Funde Anfang Februar in Untergrombach entfernt. Ebenfalls rechtsheinisch, wurden in der Pforzheimer Enzaue unmittelbar nach Zaunaufstellung die ersten Erdkröten, Grasfrösche und Springfrösche gefunden. Die Enz ist ein Nebenfluss des Neckars, der Fundort liegt lediglich 25 Kilometer Luftlinie südlich von Untergrombach.
17. Februar 2017 - Die große Kälte ist vorbei oder macht zumindest Pause. In der Eifel, weit im Westen der Republik, wurden in den letzten Tagen bis zu plus 17 Grad Celsius gemessen und selbst auf dem 1100 Meter hohen Brocken im Harz waren es über 10 Grad. Auch die Nächte sind zur Zeit im Flachland fast überall frostfrei. Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes werden die milden Temperaturen mit einigen Schwankungen bis zum Monatsende anhalten.
Für die Amphibien bedeutet das vor allem in den Flussniederungen passable Wanderbedingungen. Beginnend im Westen, ist daher zunehmend mit wandernden Gras- und Springfröschen sowie Molchen zu rechnen. Auch erste Erdkröten werden unterwegs sein. Die besten Bedingungen werden Mitte kommender Woche (22./23. Februar) erwartet, danach kühlt es leicht ab. Wie weit nach Osten die Wanderungen voranschreiten werden, lässt sich nicht vorhersagen. Die Höhenlagen bleiben zunächst ausgespart.
02. Februar 2017 - Und da ist auch schon die erste Meldung. Dieses Mal hat der Oberrhein die Nase vorn. Wie Regine Carl vom Verein für Umwelt- und Naturschutz Untergrombach mitteilt, fand am Mittwochabend „eine Sammler-Kollegin zwischen Obergrombach und Helmsheim im Bereich des Waldes Springfrösche auf der Straße – teilweise leider schon überfahren.“ Der Fundort liegt südlich von Bruchsal, nur wenige Kilometer vom Rhein entfernt.
Alles klar für die Amphibiensaison 2017
Aktuelle Meldungen zum Wandergeschehen
01. Februar 2017 - Nach zuletzt einigen milden Jahren hat der Winter 2016/17 endlich mal wieder seinen Namen verdient. Bei der „Stunde der Wintervögel“ vor zwei Wochen führte dies prompt zu neuen Teilnahmerekorden. Die Januartemperaturen 2017 lagen deutlich unter den Durchschnittswerten, in Bayern war es sogar der strengste Januar seit 30 Jahren. Für die Amphibien bedeutet das, dass selbst die kältefestesten blieben wo sie waren – entweder gut eingegraben unter Laub und Erde oder im Ruhemodus am Grund der Gewässer.
Nun wird es aber deutlich milder. Tagsüber kann das Thermometer im Norden und Westen bis auf zweistellige Plusgrade klettern. Nachts – und das ist für die Amphibien der wichtigere Wert – bleibt es in vielen Regionen frostfrei. Für Frühwanderer wie Molche, Gras- und Springfrösche wären das bereits ordentliche Bedingungen. Wie schnell sich der Boden aber erwärmt, bleibt abzuwarten. In den Niederungen des Rheins und seiner Nebenflüsse lohnt es sich für Amphibienfreunde auf jeden Fall, die Augen offen zu halten. Das Zeitfenster ist allerdings nur klein. Ab Sonntag wird es für die Amphibien wieder zu kalt werden.
Rückblick 2016
Amphibien und Amphibienschützer mussten dieses Jahr recht lange auf milde Temperaturen warten. Seit Ostern aber sind die Kröten, Frösche und Molche nun bundesweit unterwegs. Viele Grasfrösche haben bereits abgelaicht und sogar die ersten Erdkrötenweibchen machen sich auf den Rückweg. Mehr →
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