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Sächsisches Umweltministerium gibt „Feuer frei“ auf zutraulichen Wolf
20. Januar 2017 - Gemeinsam mit IFAW und WWF kritisiert der NABU aufs Schärfste die Abschussfreigabe für einen Wolfsrüden in Sachsen. Die Naturschutzverbände sprechen von einer „politisch motivierten“ Entscheidung ohne fachliche Grundlage. Das Landesumweltministerium hatte die Abschussfreigabe ohne Vorwarnung am späten Donnerstagnachmittag bekannt gegeben. Das Landratsamt Görlitz erteilte für die offiziell als „Entnahme“ bezeichnete Aktion eine artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung. Der Abschuss ist offenbar bereits beauftragt. Die Verbände prüfen jetzt rechtliche Schritte.
Als Welpe angefüttert
Der zweijährige Wolfsrüde stammt aus einem polnischen Rudel direkt an der Grenze zu Sachsen. Aufgrund von Haarproben konnte er eindeutig identifiziert werden. Regelmäßig traut er sich in die Ortschaften und sucht dort nach Futter. Der Grund ist bekannt: Er wurde als Welpe angefüttert und hat sich so daran gewöhnt, dass in Menschennähe Nahrung zu finden ist.
„Wegen des auffälligen Verhaltens des Wolfes besteht die Gefahr einer weiteren Eskalation“, schreibt das Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft in einer Pressemitteilung. „Die Sicherheit von Menschen hat Vorrang vor dem Artenschutz. Daher ist in diesem speziellen Fall eine Entnahme gerechtfertigt.“ Ja, die Sicherheit von Menschen hat Vorrang. Aber warum tun die Behörden nichts, um dem Wolf seine erlernten Gewohnheiten wieder abzugewöhnen? Stattdessen wurde längere Zeit sein Verhalten lediglich beobachtet und nun soll gleich geschossen werden.
Die Stellungnahme im Wortlaut:
„Uns liegen derzeit keine Hinweise vor, dass der Wolfsrüde eine akute Gefahr für den Menschen darstellt. Auch wurden offenbar die Experten der extra dafür eingerichteten Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes für den Wolf (DBBW) nicht angehört. Die Einschätzung der in Deutschland führenden Wolfsforscher vom LUPUS Institut in Sachsen wurde sogar offensichtlich bewusst ignoriert.
Das intransparente Informationsgebaren der sächsischen Behörden legt nahe, dass hier eine politisch motivierte Abschussfreigabe erteilt wurde. Anders als im Fall des niedersächsischen Wolfsrüden MT6, der 2016 nach erfolglosen Vergrämungsversuchen abgeschossen wurde, können IFAW, NABU und WWF die aktuelle Entscheidung in Sachsen nicht mittragen. Es wurde keine Entscheidung im Sinne des Artenschutzes getroffen. Eine naturschutzfachliche Grundlage können wir nicht erkennen. Dementsprechend prüfen wir derzeit juristische Schritte gegen die Entscheidung und das Vorgehen der Behörden.
Der Wolf ist eine in Deutschland streng geschützte Tierart. Jedes potentiell kritische Verhalten muss gesondert bewertet werden. Richtschnur und Leitlinie hierfür muss ein entsprechender Wolfs-Managementplan sein, der von den einzelnen Bundesländern im Vorfeld erarbeitet wurde. Die Einschätzung von Konfliktfällen beruht dabei auf einer Veröffentlichung des Bundesamtes für Naturschutz zum Umgang mit Wölfen in Deutschland. Für die Beratung der Länder im Umgang mit Wölfen wurde beim Bundesumweltministerium mit dem DBBW extra ein Expertengremium eingerichtet. Dieses jetzt nicht einmal anzuhören stellt für uns Naturschutzverbände, die wir uns um eine konstruktive Zusammenarbeit mit allen Beteiligten zum Wolf bemühen, einen eklatanten Vertrauensbruch dar.
Wirklich auffällige oder problematische Wölfe, wie es etwa bei MT6 der Fall war, können jederzeit entnommen werden. Dafür reichen die Ausnahmeregelungen des Bundesnaturschutzgesetzes bereits völlig aus.“
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