Preisträger Dietrich Mehl (Mitte) mit Carolin Schilde, Staatssekräterin, Ministerium für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Landwirtschaft des Landes Brandenburg, und NABU-Präsident Olaf Tschimpke. - Foto: Adam Sevens
Engagierter Kämpfer für naturnahe Wälder
Oberförster Dietrich Mehl erhält NABU-Waldmedaille 2016
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„Dietrich Mehl hat einen guten Weg gefunden, um Waldnutzung und Waldnaturschutz miteinander in Einklang zu bringen“, erklärt NABU-Waldreferent Stefan Adler. - Foto: Adam Sevens
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Die NABU-Waldmedaille zeichnet Personen aus, die mit ihrem Einsatz für Naturschutz im Wald besonders positiv auffallen. - Foto: Adam Sevens
20. Januar 2017 - Auch ein Wirtschaftswald kann naturnah gestaltet sein: Das zeigt Dietrich Mehl eindrucksvoll mit seiner Arbeit als Oberförster in Brandenburg und in seiner Funktion als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) Brandenburg. Für seinen konsequenten und vorbildlichen Einsatz für den Naturschutz im Wald zeichnet der NABU ihn mit der Waldmedaille 2016 aus.
Die brandenburgische Landeswaldoberförsterei Reiersdorf betreut rund 21.500 Hektar Wald im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Als Leiter setzt sich Dietrich Mehl dafür ein, die für die Artenvielfalt wichtigen Waldstrukturen zu erhalten und naturferne Forste zu naturnahen Laubmischwäldern zu entwickeln. Außerdem achtet er darauf, neueste wissenschaftliche Erkenntnisse zum Waldnaturschutz effektiv in seinem Waldbewirtschaftungskonzept umzusetzen.
Viele Studien der letzten Jahre zeigten beispielsweise, dass die Erhaltung jahrhundertealter Baumriesen und vielfältiger Waldstrukturen, vielen Tieren und Pflanzen einen wichtigen Lebensraum bieten. Dietrich Mehl setzt dies um, indem er diese Strukturen und Baum-Methusalems explizit fördert und erhält. So werden frühzeitig Biotopbäume ausgewiesen, die ihre natürlichen Alterungsprozesse ungestört durchlaufen können. Davon profitierten vor allem Insekten, Pilze und Flechten, die auf solche Strukturen mit hohem Totholzanteil angewiesen sind. Aber auch viele Vogelarten wie Spechte oder Eulen finden einen Platz für ihre Höhlen.
Zur Person
Dietrich Mehl hat Forstwissenschaften in Tharandt (bei Dresden) studiert und leitet die Landeswaldoberförsterei Reiersdorf in Brandenburg. Ehrenamtlich ist er als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) Brandenburg tätig. Zusätzlich unterstützt er wissenschaftliche Forschungsarbeiten und setzt sie in die Praxis um. Jüngstes Beispiel ist das im Jahr 2016 veröffentliche Praxishandbuch „Naturschutz im Buchenwald“.
Darüber hinaus werden gut sechs Prozent der Waldfläche seiner Oberförsterei forstwirtschaftlich nicht mehr genutzt und können sich so natürlich entwickeln. Für die Artenvielfalt, besonders für Arten die auf alte Waldstrukturen angewiesen sind, sind unbewirtschaftete Wälder von besonderer Bedeutung. Denn nur hier kommen sogenannte Sonderstrukturen, wie Baumhöhlen, Ast-Abbrüche, Rinden-Abplatzungen, Stammrisse und Totholz in großer Zahl vor.
Einziger FSC-zertifizierter Wald in Brandenburg
Konsequenterweise ist der Wald der Landeswaldoberförsterei Reiersdorf nach dem FSC-Standard (Forest Stewardship Council) zertifiziert – einem international anerkannten Zertifikat für nachhaltige Forstwirtschaft, das auch vom NABU unterstützt wird. Dies geht auf den persönlichen Einsatz Dietrich Mehls zurück, denn sein Forstamt ist das einzige FSC-zertifizierte Forstamt im Bundesland Brandenburg.
Auch über Brandenburg hinaus ist Dietrich Mehl ein engagierter Kämpfer für naturnahe Wälder. So hat er die sogenannte „Templiner Erklärung von 2009“ mit initiiert, die bundesweit ausstrahlt und für mehr Naturschutz im Wald wirbt. Im Mittelpunkt der „Templiner Erklärung“ steht der forstliche Umgang mit alten Buchenwäldern bei gleichzeitigem Erreichen anspruchsvoller Naturschutzziele und wurde maßgeblich von der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft (ANW) initiiert. Nach einer Exkursion in den Buchenwäldern bei Hessenhagen nördlich von Templin waren sich viele forstliche und Naturschutzverbände und Institutionen (ANW, DFWR, BfN, DFV, NABU, KWF, LFB) einig, dass die Integration von Naturschutzzielen in eine angepasste Bewirtschaftung von Buchenwäldern möglich ist. Diese Überzeugung und die in diesem Zusammenhang wichtigen Eckpunkte einer naturschutzorientierten Waldbewirtschaftung wurden in diesem „Konsenspapier“ zum Ausdruck gebracht.
Naturnahe Wälder statt großflächigem Pestizid-Einsatz
Im Jahr 2014 waren großflächig Kiefernwälder in Brandenburg von einer Massenvermehrung des Kiefernspinners betroffen. Entgegen der allseits geforderten und durchgeführten Pestizideinsätze sprach sich Mehl in seiner Funktion als ANW-Vorsitzender dafür aus „die Krise als Chance zu sehen“. Naturferne Kiefernmonokulturen, die eine solche Massenvermehrung begünstigen, sollen in naturnähere, artenreichere Wälder umgebaut werden. Damit stellte er sich gegen die offizielle Meinung des Landes Brandenburg und unterstützte stattdessen die Linie, die auch der NABU und viele andere Naturschützer vertreten.
Unermüdlich zeigt sich Dietrich Mehl außerdem darin, den Dialog mit Jägern zu suchen und seine Erfahrungen weiterzugeben. Denn bei dem Vorhaben, naturferne Nadelforste in Laubmischwälder umzubauen machen besonders in Brandenburg Rehe und Hirsche oft alle Bemühungen zunichte, wenn sie die jungen Triebe der Laubbäume verbeißen. Angepasste Wildbestände sind daher eine Grundvoraussetzung für die natürliche Verjüngung der Wälder mit all ihren Baum- und Straucharten. Nur wenn Waldflächen und Wilddichten miteinander im Einklang sind, können sich Haupt- und Nebenbaumarten natürlich verjüngen.
Dietrich Mehl ist ein Vorbild für Förster, die Naturschutz und Wirtschaft im Wald umsetzen wollen. Er zeigt anschaulich in der Praxis, wie Naturschutzmaßnahmen in den Wirtschaftswald integriert werden können. Der NABU empfiehlt allen, die ähnliche Wege in der Bewirtschaftung gehen wollen, einen Besuch in seiner Landeswaldoberförsterei.
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