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Jetzt NABU-Mitglied werden!Amselsterben breitet sich aus
NABU zieht Zwischenbilanz des aktuellen Usutu-Ausbruchs
07. Oktober 2016 - Das 2010 erstmals in Stechmücken in Deutschland festgestellte tropische Usutu-Virus, löste 2011 und 2012 in Deutschland ein Massensterben unter heimischen Vögeln aus, vor allem bei Amseln. Nach einigen Jahren ohne größere Ausbrüche tritt das Virus 2016 wieder vermehrt auf. Bereits seit Ende Juli gingen Meldungen kranker und kurze Zeit später verstorbener Amseln beim NABU ein. Ab dem 23. September rief der NABU daraufhin zur Online-Meldung entsprechender Beobachtungen auf. Knapp zwei Wochen später ist es nun möglich, eine Zwischenbilanz des Usutu-Ausbruchs zu ziehen.
In nur elf Tagen wurden dem NABU 611 Usutu-Verdachtsfälle aus Deutschland gemeldet [Update 18. Oktober: 1113 Meldungen!], eine bemerkenswert große Zahl im Vergleich zu etwa 400 Meldungen im Herbst 2011 beziehungsweise 1040 Meldungen im gesamten Ausbruchsjahr 2012. Wie eine Karte der Postleitzahlen der Fundorte zeigt, stammt die größte Anzahl von Meldungen kranker und toter Amseln diesmal aus Nordrhein-Westfalen, insbesondere vom Niederrhein und aus dem Raum Aachen. Zahlreiche Meldungen gingen auch aus dem bekannten Ausbruchsgebiet der Jahre 2011 und 2012 ein, nämlich aus der Region entlang des Rheins von Freiburg bis Köln. Hinzu kommen Meldungen besonders aus dem Raum Leipzig und aus Berlin sowie aus dem Norden Niedersachsens und aus Schleswig-Holstein. Ein klareres Bild der tatsächlichen Verbreitung des Usutu-Virus wird sich ergeben, sobald die eingegangenen Meldungen um offensichtlich aus anderen Gründen erkrankte oder verstorbene Vögeln bereinigt wurden. Häufig werden zum Beispiel auffällige Gefiederveränderungen, wie kahle Federstellen am Kopf lebender Amseln, als Usutu-Fälle gemeldet. Nach derzeitigem Wissen stehen diese jedoch nicht im Zusammenhang mit Usutu-Erkrankungen.
Über 20 verstorbene Amseln wurden bisher dem Aufruf des NABU folgend an das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNI) in Hamburg zur Untersuchung geschickt. Insgesamt konnten das BNI und andere Labore bereits in mindestens 21 Fällen den Verdacht auf einen Usutu-Befall bestätigen. Es handelte sich neben 15 Amseln auch um 6 in Gefangenschaft gehaltene Bartkäuze. Offensichtlich bestätigt sich die Beobachtung aus dem Ausbruch 2011/12, dass neben Amseln besonders Eulen von Usutu-Erkrankungen betroffen sind. Alle bestätigten Fälle stammen wie die meisten Meldungen aus Nordrhein-Westfalen, aus dem früheren Ausbruchsgebiet entlang des Rheins oder aus dem Raum Leipzig. Auch für den Osten der Niederlande und den Süden Belgiens, direkt angrenzend an die bisherigen Brennpunkte in Nordrhein-Westfalen, häufen sich in den letzten Wochen Meldungen und Nachweise an Usutu verstorbener Amseln.
Todesfälle zwischen Mai und November
Durch das Virus verursachte Todesfälle unter Vögeln treten jeweils während der Mückensaison von Mai bis November auf. Befallene Vögel wirken offensichtlich krank, werden apathisch und flüchten nicht mehr und sterben meist innerhalb weniger Tage. Fast immer sind es Amseln, bei denen diese Krankheit festgestellt wird, weshalb die Usutu-Epidemie auch als Amselsterben bekannt wurde. Allerdings werden auch andere Vogelarten von diesem Virus befallen und können auch daran sterben. Das Überwiegen der Amseln lässt sich zum Teil durch deren Häufigkeit und Nähe zum Menschen erklären, was die Wahrscheinlichkeit des Auffindens toter Amseln erhöht. Aber eine besondere Empfindlichkeit dieser Art gegenüber dem Virus ist ebenfalls möglich.
Das vermehrte Auftreten von Usutu-Infektionen wurde in diesem Jahr sicherlich durch den Witterungsverlauf begünstigt: Auf einen milden Winter folgten ein feuchter Frühsommer und ein trockener und warmer Spätsommer – ideale Bedingungen für Stechmücken. In der Tat entsprechen die derzeitigen Ausbruchsgebiete weitgehend den Gebieten mit den höchsten spätsommerlichen Tagestemperaturen in Deutschland.
Berichte von fast vollständigen Zusammenbrüchen lokaler Amselpopulationen sind in diesem Jahr bisher Mangelware und stammen lediglich aus Gebieten, in denen das Virus 2011/12 noch nicht vorkam, zum Beispiel aus dem Raum Aachen. Beim erstmaligen Auftreten 2011 gab es zahlreiche Feststellungen dieser Art aus dem nördlichen Oberrheingraben. Für 2016 ist mit der nun einsetzenden herbstlichen Witterung und einem Rückgang der Stechmückenaktivität mit einem langsamen Ausklingen des Ausbruchs zu rechnen, der aber in den Folgejahren ab April/Mai wieder aufflammen kann. Wahrscheinlich ist auch eine periodische Wiederkehr von größeren Usutu-Ausbrüchen im etablierten Verbreitungsgebiet des Virus, wenn eine Generation von überlebenden Amseln mit erworbener persönlicher Immunität von der nächsten ungeschützten Generation abgelöst wird. Fraglich ist, ob und wann die weitere Ausdehnung des Virus-Verbreitungsgebiets an eine natürliche temperaturbedingte Ausbreitungsgrenze stoßen wird.
Eine kranke oder tote Amsel gefunden? Bitte hier melden!
Bitte machen Sie bei Ihrer Meldung möglichst genaue Angaben zu Fundort, Funddatum und den näheren Fundumständen und zu den Symptomen der Vögel. Der NABU sammelt alle Daten, wertet sie aus und stellt sie Wissenschaftlern zur Verfügung.
Usutu-Fall melden!Über die Auswirkungen des neuerlichen Amselsterbens auf den Bestand dieser Art im Ausbruchsgebiet kann zu diesem Zeitpunkt nur spekuliert werden. Die beim letzten Ausbruch lokal stark dezimierten Bestände hatten sich in den vergangenen vier Jahren wieder langsam erholt. Genauere Aussagen werden aufgrund der Ergebnisse der großen vom NABU veranstalteten Gartenvogelzählungen möglich sein. Mit der „Stunde der Wintervögel“ steht die nächste Zählung für alle Vogelfreunde vom 6. bis 8. Januar an.
Das Virus ist für Menschen ungefährlich. In ganz Europa konnten bisher erst fünf Infektionen beim Menschen festgestellt werden, meist bei Personen mit vorgeschädigtem Immunsystem.
Der Ausbruch dieses für Deutschland neuen Virus stellt eine einmalige Chance dar, die Ausbreitung und Folgen einer neuen Vogelkrankheit zu verfolgen und zu analysieren. Der NABU arbeitet daher mit Wissenschaftlern des BNI daran, die Ausbreitung des Virus und seine Auswirkungen auf unsere Vogelwelt zu dokumentieren und zu verstehen, um diese neuartige Gefährdungsursache von Vogelarten auch im Vergleich mit anderen Gefährdungsursachen beurteilen zu können.
Die wichtigste Datengrundlage dazu bilden Meldungen toter und kranker Amseln aus der Bevölkerung, sowie eingeschickte Proben toter Vögel, die auf das Virus untersucht werden können. Daher fordert der NABU dazu auf, tote oder kranke Amseln über ein Online-Formular zu melden und Proben toter Vögel zur Untersuchung an das BNI zu schicken .
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