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Jetzt NABU-Mitglied werden!Flucht in die Höhe: Bodenameisen erklimmen Baumwipfel
Niedrige Temperaturen zwingen sächsische Ameisen zur Nestverlagerung
14. September 2016 – Ameisen haben sich in den 100 Millionen Jahren ihrer Evolution an die verschiedensten Lebensräume rund um den Globus angepasst und dabei eine Vielzahl von Überlebensstrategien entwickelt. „So ist es auch bei der von uns untersuchten Temnothorax saxonicus“, erklärt Dr. Bernhard Seifert vom Senckenberg-Museum für Naturkunde in Görlitz und fährt fort: „Wir haben erstmalig nachgewiesen, dass diese typischerweise an der Bodenoberfläche nistende Art ihre Nester in Baumwipfeln baut, wenn es ihnen am Boden zu kühl wird.“
Die kleine Schmalbrustameise ist in Europa gut dokumentiert, an über 40 Orten in Mitteleuropa wurden Nester der zwei bis drei Millimeter großen Krabbler gefunden. Stets befanden sich die Ameisennester in lichten, wärmegetönten Wäldern oder Waldsäumen auf dem Boden. Ameisenforscher Seifert vermutete schon länger, dass sinkende Bodentemperaturen zu einer Verlagerung der Nester führen könnten. Der Beweis hierfür konnte nun durch großen (körperlichen) Einsatz erbracht werden: Patrik Fiedler, Koautor der Studie und Wissenschaftler an der Universität Dresden absolvierte extra einen Baumkletterkurs, um auf die Suche nach den Ameisennestern zu gehen. „So konnten wir sowohl im Großen Garten Dresden als auch im Schlosspark von Pillnitz Nester genau dieser Ameisen in den Wipfeln alter Eichen nachweisen“, freut sich Seifert.
Konstante Wärme für die erfolgreiche Jungenaufzucht
Eine von Seifert entwickelte Temperaturmessungsmethode schafft die Voraussetzung, das ungewöhnliche Verhalten der Ameisen zu erklären: An allen Standorten mit Nestern in den Baumkronen lag die Bodentemperatur deutlich unter denen von Orten, an denen die Ameisen am Boden ihren Nachwuchs aufzogen. „Die von uns untersuchte Art lebt in relativ kleinen Kolonien mit 50 bis 300 Arbeiterinnen und benötigt für die Aufzucht der Jungtiere idealerweise Temperaturen, die im Tagesverlauf zwischen 15 und 32 Grad Celsius schwanken“, erläutert Seifert. In den untersuchten Parkanlagen lagen die maximalen, oberflächlichen Bodentemperaturen im Schnitt unter 20 Grad Celsius und variierten zudem nur wenig. Das dichte Kronendach am Fundpunkt im Großen Garten beziehungsweise die immer noch weitgehend geschlossenen Baumkronen im Zusammenspiel mit einer stärker entwickelten Krautschicht im Pillnitzer Park verhindern, dass wärmende Sonnenstrahlen die Bodenoberfläche erreichen.
Die Flucht in die Höhe – mit der Möglichkeit, überhaupt noch Nachwuchs aufzuziehen – hat aber auch ihren Preis: Die Ameisen bewegten sich in einen Raum hinein, in dem die Konkurrenz um Nahrung und Wohnraum weit härter als am Waldboden ist. In den Baumwipfeln haben die zwei nahe verwandten Schmalbrustameisen Temnothorax affinis und Temnothorax corticalis als „professionelle“ Baumkronenbesiedler ihren angestammten Lebensraum. Auch die Aktivität der Ameisen-Fressfeinde, wie Kleinspecht, Buntspecht oder ameisenfressende Spinnen, ist in den Baumkronen eher höher als am Boden. Dennoch zeigt die Zahl der beobachteten Neuansiedler, dass diese sich durchaus gegen die Ureinwohner des Lebensraumes behaupten können.
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