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Jetzt NABU-Mitglied werden!Wertstoffgesetz wird zum Verpackungsgesetz
Bundesregierung verpasst Chance auf Abkehr von der Wegwerfgesellschaft
01. August 2016 - Der vom Bundesumweltministerium Ende Juli vorgelegte Entwurf für ein Verpackungsgesetz ist eine Enttäuschung für all diejenigen, die auf klare Vorgaben zur Abfallvermeidung und starke Impulse für eine Kreislaufwirtschaft gehofft hatten. Denn das im Koalitionsvertrag erklärte Ziel der Bundesregierung, die rechtliche Grundlage für die gemeinsame Erfassung von Verpackungen und wertstoffhaltigen Produkten aus Metallen und Kunststoffen zu schaffen, wurde anders als im früheren Entwurf eines Wertstoffgesetzes vollständig gestrichen. Stattdessen fokussiert das Verpackungsgesetz ausschließlich auf die Erfassung und Verwertung von Verpackungen. Damit verpasst Deutschland einen längst überfälligen Schritt in Richtung Kreislaufwirtschaft zu gehen.
Wird das Verpackungsgesetz in seiner aktuellen Form verabschiedet, bleibt die Mülltrennung für die Bürgerinnen und Bürger weiterhin kompliziert, denn das Verpackungsgesetz regelt lediglich die Sammlung und stoffliche Verwertung von Verpackungen anstatt die Wertstofftonne zu ermöglichen. So werden auch künftig jedes Jahr 450.000 Tonnen Wertstoffe im Restmüll und damit in der Müllverbrennung landen anstatt dem Recycling zugeführt zu werden. Das ist in Anbetracht unseres exzessiven Ressourcenverbrauchs ein völlig falsches Signal.
Wer Rohstoffe schonen und möglichst lange nutzen will, muss der Entstehung von Abfällen vorbeugen. Doch anstatt auf Abfallvermeidung zu setzen, hat das Umweltministerium den staatlichen Mehrwegschutz mit dem neuen Entwurf faktisch kassiert und darüber hinaus die Zielquote für Mehrweg- und ökologisch vorteilhafte Einweggetränkeverpackungen ersatzlos gestrichen. Damit fällt der Entwurf des neuen Verpackungsgesetzes sogar hinter die siebte Novelle der Verpackungsverordnung zurück – ein echter Rückschritt für den Umweltschutz. Klare Vermeidungsziele für Verpackungsabfälle oder Mindesterfassungsmengen von Wertstoffen sucht man genauso vergeblich im Entwurf wie konkrete Anreize für recyclingfreundliches Verpackungsdesign.
Auch in Sachen Recycling enttäuscht der Entwurf: Verbindliche Recyclingquoten, die zumindest eine bessere Kreislaufführung der in Kunststoffverpackungen enthaltenen Wertstoffe gewährleisten können, hat das Umweltministerium in letzter Minute von 72 Prozent auf nunmehr 63 Prozent reduziert. Und das obwohl Vertreter der Recyclingbranche die ursprüngliche Quote als ambitioniert, aber machbar beurteilt hatten. Bemessungsgrundlage für die Quoten sollen darüber hinaus weiterhin lediglich Anliefermengen an Sortieranlagen bleiben, obwohl output-orientierte Quoten aussagekräftiger und ehrgeiziger wären. Auch beim Thema Ökodesign und Produktverantwortung verschläft der Gesetzgeber die Chance, die Weichen auf recyclingfreundliche Verpackungen zu stellen und den Einsatz von Rezyklaten in Verpackungen und Produkten zu belohnen. Die im Entwurf erhoffte ökologische Ausdifferenzierung der Lizenzentgelte ist aufgrund des starken Wettbewerbs der Dualen Systeme untereinander ohne klare rechtliche Vorgaben nicht umsetzbar. Die nunmehr vorgesehene Meldung der Systeme über die ökologische Bemessung der Lizenzentgelte an die Zentrale Stelle dürfte hier kaum Abhilfe schaffen.
Der neue Entwurf ist das unbefriedigende Ergebnis eines monatelangen Streits zwischen Privatwirtschaft und Kommunen darüber, wer die wertstoffhaltigen Haushaltsabfälle in Zukunft sammeln darf. Der NABU bedauert, dass das Bundesumweltministerium hier keinen stärkeren politischen Willen gezeigt hat, um mit einem ambitionierten Wertstoffgesetz den Weg in Richtung Kreislaufwirtschaft zu weisen. Gemeinsam mit der Deutschen Umwelthilfe (DUH), dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und dem Deutschen Naturschutzring (DNR) hat der NABU ein Forderungspapier für ein starkes von Umweltzielen geleitetes Gesetz an die Öffentlichkeit und die politischen Entscheidungsträger.
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