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Jetzt NABU-Mitglied werden!Appell der Umweltverbände an Juncker
Entscheidung FÜR den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien längst überfällig
24. Mai 2016 - Anlässlich des EU-weiten Natura-2000-Tags (21. Mai) und des Internationalen Tags der biologischen Vielfalt (22. Mai) sowie der bevorstehenden Entscheidungen über die Zukunft des Naturschutzes in der Europäischen Union haben der NABU sowie WWF, BUND und DNR den EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker aufgefordert sich für die Beibehaltung der EU-Naturschutzrichtlinien auszusprechen und der Ungewissheit über die Zukunft des EU-Naturschutzes ein Ende zu bereiten.
Seit nunmehr knapp eineinhalb Jahren unterzieht die EU-Kommission die beiden Richtlinien - unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus - einem sogenannten „Fitness-Check“. Nach Auffassung der Umweltverbände würde bereits ein Aufschub der Anfang Juni anstehenden Entscheidung von den Bürgerinnen und Bürger, dem Umweltrat und dem Europäischen Parlament als ein Affront und Zeichen der „schlechteren Rechtssetzung“ bewertet. Denn über eine halbe Million Europäerinnen und Europäer, der Umweltministerrat und das EU-Parlament hatten bereits eindeutig für den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien votiert.
Eine Revision und jahrelange Neuverhandlungen der Richtlinien würden keinesfalls zur Lösung der existierenden Umsetzungs-, Finanzierungs- und Akzeptanzprobleme im Naturschutz führen. Im Gegenteil: alle bereits laufenden Bemühungen für eine Verbesserung würden eingefroren, alte Gräben zwischen den Interessensgruppen wieder aufgerissen und jahrelange Rechts- und Planungsunsicherheit in den Mitgliedstaaten wäre unausweichlich. Die EU kann nicht nur eine Wirtschaftsunion sein, sondern muss auch eine Umweltunion mit hohen Standards bleiben und ihr einzigartiges Naturerbe schützen. Die vier Umweltverbände fordern ein klares Bekenntnis zu den EU-Naturschutzrichtlinien und ihrer besseren Umsetzung. EU-Kommissionspräsident Juncker muss sich endlich für einen starken Naturschutz in Europa auszusprechen, auch um die Europaskepsis nicht weiter zu verstärken.
Währenddessen verdichtet sich die Beweislage für die EU-Naturschutzrichtlinien zunehmend
Natura-2000-Gebiete leisten einen wichtigen Beitrag zum Arten- und Klimaschutz, sorgen für das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger Europas und tragen zur Erfüllung internationaler Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt bei. Das ist das Ergebnis einer jetzt erschienenen Studie im Wissenschaftsmagazin „Conservation Letters“.
Die Studie der Wissenschaftler des britischen NABU-Partners RSPB (Royal Society for the Protection of Birds) belegt die Bedeutung der EU-Umweltgesetzgebung und zeigt, dass die bestehenden Naturschutzrichtlinien verschiedene internationale Verpflichtungen unter der Konvention zur biologischen Vielfalt (CBD) hervorragend erfüllen. So gehören beispielsweise 92 Prozent der Important Bird Areas (IBAs) in der EU dank der EU-Naturschutzrichtlinien zum Natura-2000-Netzwerk, dem weltweit größten Schutzgebietsnetzwerk. Die Bedeutung der beiden Richtlinien reicht jedoch weit über den reinen Naturschutz hinaus: Mehr als 65 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in der EU leben weniger als fünf Kilometer von einem Natura-2000-Gebiet entfernt. Die Nähe zu den Schutzgebieten steigert nicht nur das öffentliche Bewusstsein für den Wert dieser Gebiete , was sich auch in dort erhöhten Grundstückspreisen widerspiegelt, sondern versorgt die Mehrheit der EU-Bevölkerung außerdem mit wichtigen Gratis-Leistungen wie sauberes Wasser und gesunder Luft. Der Wert aller dieser Ökosystemdienstleistungen liegt bei 200 bis 300 Millarden Euro pro Jahr (zwei bis drei Prozent des BIP der EU).
Für die Ziele des Weltklimavertrags, die globale Erderwärmung auf deutlich unter zwei, besser noch auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, leisten Natura-2000-Gebiete als große Kohlenstoffspeicher einen nicht zu unterschätzenden Beitrag. Der Studie zufolge wird in Natura-2000-Gebieten durchschnittlich (oberirdisch und unterirdisch) 43 Prozent mehr Kohlenstoff gespeichert als im Mittel auf der restlichen Fläche der EU. Darüber hinaus helfen die gut miteinander vernetzten Schutzgebiete dabei (knapp die Hälfte grenzen direkt aneinander), eventuell künftig durch Klimaveränderungen bedingte Verschiebungen der Verbreitungsgebiete von Tieren und Pflanzen abzupuffern.
Die Beweise, dass die EU-Naturschutzrichtlinien ihren Zweck erfüllen, liegen der EU-Kommission längst vor. Um den grenzüberschreitenden Schutz von Arten und Lebensräumen zu gewährleisten, fordern wir von der EU-Kommission ein klares Bekenntnis für den Erhalt der wichtigen Umweltgesetzung, damit die jahrelange Unsicherheit über den europäischen Naturschutz ein Ende hat. Nur so können die EU-Politiker mit gutem Gewissen zur nächsten globalen Naturschutzkonferenz im Dezember nach Mexiko fahren.
Aktualisierung: Am 26. Mai wandten sich die Umweltverbände in einem weiteren offenen Brief an 77 Mitglieder des Europäischen Parlaments. Darin appellieren NABU, BUND, DNR und WWF an diejenigen deutschen Abgeordneten, die im Februar für den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien gestimmt haben, ebenfalls Druck auf die EU-Kommission zu machen.
Fitness-Checks heißen in der EU-Politik umfassende Evaluierungen, die bewerten, ob ein Gesetz dem vorgesehenen Zweck noch dient. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hat bereits kundgetan, dass er die „Verschmelzung“ und „Modernisierung“ der Vogelschutz- und FFH-Richtlinie wünscht. Mehr →
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und seine Kommissare sind dem Vorschlag von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella gefolgt, die EU-Naturschutzrichtlinien zu erhalten und von einer Änderung der bestehenden Regelungen abzusehen. Mehr →
Natura-2000-Gebiete sind ein wichtiges Instrument, um den voranschreitenden Artenschwund zu stoppen. Europaweit zählen über 27.000 Flächen zum Schutzgebietsnetzwerk, das die EU-Mitgliedstaaten gemäß den EU-Naturschutzrichtlinien aufbauen und unterhalten müssen. Mehr →