Lange Reihe Vogelfangnetze an Ägyptens Mittelmeerküste - Foto: Basem Rabia
Ägypten: Vogelwilderei ein Millionengeschäft
BirdLife-Studie bestätigt erschreckendes Ausmaß des illegalen Vogelfangs
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Eisvogel wird aus Netz genommen - Foto: Basem Rabia
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Holzkäfig voller Kleinvögel: Nachtigallen, Gartenrotschwänze, Fitis, Gartengrasmücke, Klappergrasmücke, Steinschmätzer, Braunkehlchen - Foto: Basem Rabia
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Ziegenmelker im Netz - Foto: Basem Rabia
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Ein Wachtelkönig im Holzkäfig - Foto: Basem Rabia
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Lange Netze und Baumnetze mit Fängerlager - Foto: Basem Rabia
10. Mai 2016 - Der illegale Zugvogelfang an Ägyptens Mittelmeerküste bleibt ein einträgliches Geschäft und ein ernstes Problem für den Zugvogelschutz. Zum Weltzugvogeltag am 10. Mai stellt der NABU die Ergebnisse von Untersuchungen zum Ausmaß und den Ursachen des Fangs von Zugvögeln in Ägypten vor.
Nach einer sozioökonomischen Studie im Auftrag der NABU-Dachorganisation BirdLife International ist davon auszugehen, dass während des Herbstzugs von Mitte August bis Ende Oktober etwa zwölf Millionen Zugvögel in Netzen entlang der Mittelmeerküste gefangen werden, die einem Handelswert von etwa 40 Millionen Euro entsprechen. Im Rahmen der Studie wurden 73 Vogeljäger vor Ort interviewt Demzufolge betreiben etwa 2000 Familien diesen Vogelfang. Nur etwa sieben Prozent der Jäger fangen Vögel hauptsächlich für den eigenen Nahrungserwerb. Für über 60 Prozent aller Vogelfängerhaushalte stellt der Verkauf der gefangenen Vögel die wichtigste Einkommensquelle dar.
Etwa drei Viertel der gefangenen Vögel werden auch nach ägyptischem Recht illegal gewildert. Zudem hat Ägypten auch die internationalen Naturschutzkonventionen unterzeichnet, die den Netzfang von Vögeln grundsätzlich verbieten, da Netze neben den jagdbaren Arten genauso geschützte und bedrohte Vogelarten fangen. Besonders betroffen sind Wachteln, Turteltauben, Wachtelkönige, Ziegenmelker, Pirole oder Neuntöter. Es ist zu beobachten, dass das Ausmaß des seit der Antike traditionell durchgeführten Vogelfangs an der ägyptischen Mittelmeerküste in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat. Eine wichtige Rolle dabei spielt, dass diese Vögel als Delikatesse gelten und neuerdings auch in die reichen Golfstaaten verkauft werden, wodurch Nachfrage und Preise deutlich gestiegen sind, und mit ihnen die Zahl der Vogelfänger. Diese nutzen zudem immer effektivere Fangtechniken, wie das Anlocken von Vögeln durch das Abspielen ihrer Rufe von MP3-Playern.
Der Weltzugvogeltag am 10. Mai
Die Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) begeht den Weltzugvogeltag seit 2006, um auf die Einzigartigkeit des Vogelzugs und die besonderen Gefahren aufmerksam zu machen, die Zugvögel auf ihren jährlichen Wanderungen überwinden müssen. In diesem Jahr steht besonders das illegale Fangen und Töten von Zugvögeln im Fokus des Weltzugvogeltags.
2013 wurde das gewaltige Ausmaß des ägyptischen Vogelfangs in Deutschland bekannt. Auf einer Strecke von über 700 Kilometern entlang der gesamten ägyptischen Mittelmeerküste – vom Gaza-Streifen im Osten bis zur libyschen Grenze im Westen – versperren Fangnetze Millionen von Zugvögeln den Weg in ihre Überwinterungsgebiete und zurück. Damit ist Ägypten das Land mit der größten Zahl getöteter Zugvögel im gesamten Mittelmeerraum. Der NABU hatte aus diesem Anlass 115.000 Unterschriften für eine Petition gegen den Vogelfang in Ägypten gesammelt und an den ägyptischen Botschafter in Berlin übergeben. Daraufhin wurde mit Unterstützung der Bundesregierung unter dem Dach des Afrikanisch-Eurasischen Wasservogelabkommens (AEWA) – eines Unterabkommens der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) – ein Internationaler Aktionsplan für den Kampf gegen den Vogelfang in Ägypten beschlossen, der auch von der Regierung Ägyptens mitgetragen wird. Gemeinsam mit seiner Dachorganisation BirdLife International unterstützt der NABU die nationale BirdLife-Partnerorganisation „Nature Conservation Egypt“ (NCE) und das ägyptische Umweltministerium nun bei der Umsetzung dieses Plans.
Sozioökonomische Studie lieferte wichtige Informationen
Neben der Analyse der Rechtslage wurde ein Monitoring-Programm zur Feststellung der Zahl der Vogelfangnetze eingerichtet sowie die Studie vor Ort in Auftrag gegeben. Die jetzt vorgelegten Ergebnisse liefern wichtige Anhaltspunkte für die notwendigen Gegenmaßnahmen. Dazu gehört neben der verbesserten Durchsetzung bestehender Jagdregeln laut Studie eine Kontrolle des internationalen Handels und das Anbieten wirtschaftlicher Alternativen für die Vogelfängerfamilien sowie Informationskampagnen zu den ökologischen Auswirkungen des Vogelfangs gerade bei der jungen Bevölkerung. Auf Einladung des ägyptischen Umweltministeriums wird eine internationale Arbeitsgruppe im Juli in Kairo die nächsten Schritte zur Umsetzung des Aktionsplans diskutieren.
Fast ausnahmslos haben alle Vogelfänger in den vergangenen Jahren einen deutlichen Rückgang der Zugvögel festgestellt. Dies deckt sich mit den Ergeb-nissen der Analyse der Bestandsveränderungen deutscher Brutvogelarten: Von zehn Vogelarten, die von Deutschland über Ägypten nach Südostafrika ziehen, zeigt nach den Daten des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) keine einen abnehmenden Bestandstrend über die vergangenen 25 Jahre. Betrachtet man aber nur die Trends der letzten zwölf Jahre, nehmen gleich sechs der zehn Arten ab. Weitere Analysen können nun zeigen, welche Rolle der in den letzten Jahren zunehmende Vogelfang bei diesen dramatischen Bestandsveränderungen spielt.
Kämpfen Sie mit uns für den Erhalt der EU-Naturschutzrichtlinien!
In der EU setzt die EU-Vogelschutzrichtlinie strenge Maßstäbe an die Jagd auf Vögel und hat damit seit ihrer Verabschiedung im Jahr 1979 zu einem drastischen Rückgang des Vogelfangs in Europa geführt. Netzfang und Frühjahrsjagd sind hier grundsätzlich verboten.
Laut einer kürzlich veröffentlichten Studie von BirdLife International werden aber selbst im EU-Land Italien noch heute 5,6 Millionen Vögel jährlich illegal getötet, und im EU-Land Malta erlaubt eine zweifelhafte Ausnahmegenehmigung die Frühjahrsjagd auf die stark bedrohte und inzwischen auf der weltweiten Roten Liste geführte Turteltaube.
Der NABU fordert daher die EU-Kommission auf, die Vogelschutzrichtlinie noch besser umzusetzen und auf keinen Fall aufzuweichen, wie von verschiedenen Lobbygruppen gefordert. Die Aktion läuft bis zum 16. Mai, nehmen Sie jetzt teil: www.nabu.de/naturschaetze .
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und seine Kommissare sind dem Vorschlag von EU-Umweltkommissar Karmenu Vella gefolgt, die EU-Naturschutzrichtlinien zu erhalten und von einer Änderung der bestehenden Regelungen abzusehen. Mehr →
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Zugvögel legen jedes Jahr tausende Kilometer zurück. Doch zwischen Brutplatz und Winterquartier lauern viele Gefahren. Helfen Sie unseren Zugvögeln, in ihren Brutgebieten und auf ihrer gefährlichen Reise zu überleben. Mehr →