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Frankreich: Jährlich 500.000 Singvögel Opfer illegaler Fallenjagd
03. November 2015 - Der anstrengende Zug nach Süden und wieder zurück bekommt vielen unserer Zugvogelarten schlecht: Die Bestände langstreckenziehender Vogelarten gehen in Deutschland stärker zurück als andere Artengruppen. Zusätzlich zum Verlust von Rast- und Überwinterungslebensräumen trägt die direkte Nachstellung durch Wilderer auf dem Zug zu ihrem Rückgang bei. Der NABU unterstützt daher Initiativen gegen den Vogelmord in den bekannten Brennpunkten Ägypten, Zypern und Malta. LPO (Ligue pour la Protection des Oiseaux), die französische Partnerorganisation des NABU im gemeinsamen Netzwerk von BirdLife International, kämpft gleichzeitig gegen den illegalen Fang von Singvögeln in Frankreich.
Etwa 500.000 Singvögel werden jährlich in Frankreich mit in Fallen und an Leimruten gefangen, obwohl alle Arten von Fallen EU-weit verboten sind, da sie unspezifisch alle Arten von Vögeln fangen könnten. Frankreich hat jedoch für einige Fallentypen wie Rosshaarschlingen, Steinquetschfallen oder Netze fragwürdige Ausnahmegenehmigungen erteilt und weist bei anderen Praktiken die zuständigen Behörden an, diese verbotenen Methoden, weil „traditionell“, nicht zu verfolgen.
Gestopft, in Weinbrand ertränkt und an Neujahr verspeist
Eine besonders abstoßende Wildereipraxis gibt es im Department Landes in der Gegend von Bordeaux, die – obwohl illegal – bisher vom Staat geduldet wird: 10.000 bis 30.000 seltene Ortolane, eine in Deutschland vom Aussterben bedrohte Ammernart, werden dort jedes Jahr zwischen Ende August und Ende September mit illegalen Fallen gefangen. Dazu werden diese Körnerfresser mit gekäfigten Lockvögeln angelockt und dann mit ausgelegtem Futter in Fallen gelockt. Die gefangenen Vögel werden dann wie Gänse gestopft, damit sie möglichst fett sind, bevor sie für bis zu 150 Euro als Delikatesse verkauft werden. Durch Ertränken in Weinbrand werden die Vögel getötet. Das Verspeisen eines Ortolans gilt in dieser Region als Neujahrsbrauch. Später im Herbst werden auch Finkenvögel wie Bergfinken und unsere Buchfinken auf ihrem Weg nach Süden auf dieselbe Weise gefangen.
In Frankreich selber gibt es nur noch 15.000 Paare brütender Ortolane. Sie nehmen dort stark ab. Die meisten dort gefangenen Ortolane sind jedoch Zugvögel, die aus Deutschland, Skandinavien und vor allem aus Polen stammen. In Deutschland gibt es nach neuesten Zahlen nur zwischen 10.000 und 16.000 Brutpaare. Wo sie vorkommt, zum Beispiel in reichstrukturierter Agrarlandschaft auf der Mainfränkischen Platte in Bayern oder im östlichen Niedersachsen wird sie oft aufwendig geschützt. Die gesamteuropäische Population des Ortolans ist in den vergangenen drei Jahrzehnten um 84 Prozent zurückgegangen.
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Damit Schutzanstrengungen in einem Land nicht durch Jagd in einem anderen Land Europas zunichte gemacht werden, haben die Mitgliedsstaaten der EU bereits 1979 die Europäische Vogelschutzrichtlinie beschlossen. Die Jagd auf Ortolane ist seitdem europaweit verboten. 1999 wurde dieses Verbot auch endlich in französisches Recht umgesetzt. Das Fangen von Ortolanen in Frankreich ist daher illegal und kriminell und kann mit Geldstrafen bis zu 15.000 Euro oder mit einem Jahr Gefängnis geahndet werden.
In der Praxis existieren im betroffenen Departement Landes aber hunderte Stellen mit aktiven Fallen. Der Präfekt des Departements hat den Wilderern zugesagt, nicht gegen die Fallenstellerei vorzugehen. Gleichzeitig verweist Frankreich darauf, dass seine Gesetze den europäischen Anforderungen entsprechen. LPO geht seit nunmehr zehn Jahren aktiv gegen dieses eklatante Umsetzungsdefizit vor: Gruppen von Freiwilligen spüren die Fallen auf, machen sie unschädlich und bringen sie zur Anzeige. Gleichzeitig hat LPO bei der EU-Kommission eine Beschwerde gegen Frankreich eingelegt.
Anlässlich des 2016 anstehenden 40-jährigen Bestehens des französischen Naturschutzgesetzes hat LPO nun eine internationale Petition an den französischen Präsidenten Hollande gestartet. Unter dem Titel „Stoppen Sie das illegale Massaker an Singvögeln“ fordert LPO ein Ende des von den Behörden geduldeten Vogelfangs und erinnern den Präsidenten an sein Wahlversprechen aus dem Jahr 2012, Frankreich zu einem Vorreiter im Artenschutz zu machen. Der NABU unterstützt diese Petition.
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