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Jetzt NABU-Mitglied werden!Zahl der deutschen Vogelarten auf der globalen Roten Liste verdoppelt sich
BirdLife stellt jährliche Aktualisierung vor
29. Oktober 2015 - Elf regelmäßig in Deutschland vorkommende Vogelarten stehen neu auf der weltweiten Roten Liste vom Aussterben bedrohter Vogelarten. Damit erhöht sich die Zahl auf insgesamt 22 deutsche Vogelarten, die weltweit vom Aussterben bedroht sind. Zu diesem Ergebnis kommt die NABU-Dachorganisation BirdLife International, die die jährliche Aktualisierung der offiziellen Roten Liste nach den Kriterien der Weltnaturschutzorganisation IUCN vorgestellt hat.
Etwa ein Achtel der gut 10.000 weltweit vorkommenden Vogelarten ist in der Liste enthalten und gilt damit als vom Aussterben bedroht. Neu auf der Liste ist die in Deutschland weit verbreitete und ehemals häufige Turteltaube. Ihr Bestand ist hierzulande in den letzten zwölf Jahren um über 40 Prozent zurückgegangen, seit 1980 sogar uim 90 Porzent. Ähnlich erging es ihr in vielen anderen Ländern Europas und Westasien. Obwohl bisher weltweit nicht als gefährdet betrachtet, überspringt sie daher die Vorwarnstufe und landet direkt in der Kategorie „gefährdet“. Hauptgründe sind die Intensivierung der Landwirtschaft mit dem Verlust von wildkrautreichen Brachflächen, aber auch der legale und illegale Abschuss während ihres Zuges in den Süden.
„Die Aufnahme der früher in vielen Teilen Deutschlands häufigen Turteltaube in die exklusive Liste der global gefährdeten Vogelarten ist ein Schock für alle Vogelschützer“, sagte Lars Lachmann, Vogelschutzexperte des NABU. „Angesichts der dramatischen Abnahme in den letzten Jahrzehnten war dieser Schritt jedoch absehbar. Umso unverständlicher erscheint nun die Tatsache, dass Turteltauben in vielen Ländern Europas auf dem Herbstzug noch in großen Zahlen abgeschossen werden dürfen. Auf Malta gibt es sogar noch eine Ausnahmegenehmigung für den Abschuss von jährlich 10.000 Turteltauben während des Frühjahrszugs in die Brutgebiete. Das entspricht fast einem Viertel des deutschen Brutbestandes.“
Auch die Tafelente, die in Deutschland mit knapp 5000 Paaren brütet, aber in wesentlich größeren Zahlen überwintert, hat international so stark abgenommen, dass sie nun weltweit als „gefährdet“ gilt. Über zehn Prozent des europäischen Bestandes dieser Art verbringt den Winter in Deutschland.
Weitere neun deutsche Vogelarten wurden neu in die sogenannte Vorwarnliste aufgenommen. Sie nehmen stark ab, erfüllen aber bisher noch nicht die strengen Kriterien der höheren Kategorien. Dazu gehören die Feuchtwiesenarten Kiebitz und Wiesenpieper, der auf Helgoland brütende Hochseevogel Tordalk und die bekannten Küstenvögel Eiderente, Austernfischer, Knutt, Pfuhlschnepfe und Sichelstrandläufer. Die drei letztgenannten sind Charakterarten unter den im deutschen Wattenmeer rastenden Zugvögeln. Ihre Bestände sind vor allem durch die Vernichtung von Wattflächen in Ostasien bedroht, aber auch die deutschen Rastbestände gehen zurück.
Trotz negativer Gesamtbilanz auch kleine Erfolgsgeschichten
Nur für eine deutsche Vogelart gibt es gute Nachrichten: Die Samtente, eine Art von der etwa ein Viertel der Weltpopulation in der deutschen Ostsee überwintert, nahm zuletzt weniger stark ab, so dass sie von „stark gefährdet“ auf „gefährdet“ zurückgestuft werden konnte. Sie ist jedoch weiterhin bedroht, genauso wie Großtrappe, Seggenrohrsänger, Zwerggans und Eisente, die in den höchsten Gefährdungskategorien verbleiben.
Insgesamt mussten in diesem Jahr weltweit 40 Vogelarten in eine höhere Gefährdungsstufe eingeordnet werden, während nur 23 Arten herabgestuft werden konnten. Bei letzteren war meistens die bessere Kenntnis über ihre Restbestände ausschlaggebend, aber es gab dank intensiver Schutzbemühungen auch einige echte Erfolgsgeschichten, wie zum Beispiel die Rettung des Seychellen-Rohrsängers.
Besonders alarmierend ist, dass sechs der elf in Afrika vorkommenden Geierarten nun stärker gefährdet sind als zuvor, nur zwei Arten gelten noch als ungefährdet, während vier bereits als „kritisch gefährdet“ gelten, so dass ihr Aussterben ohne besondere Schutzmaßnahmen unmittelbar bevorsteht. Kürzlich publizierte Studien hatten die dramatische Abnahme dieser Arten dokumentiert. Sie wird vor allem auf das versehentliche Vergiften von Geiern, auf den zunehmenden Handel mit Geierteilen in der traditionellen afrikanischen Medizin und auf das absichtliche Töten von Geiern durch Großtier-Wilderer zurückgeführt, die fürchten, dass die aasfressenden Geier die Orte ihrer Straftaten verraten.
„Während früher vor allem Vogelarten kleiner Inseln mit sehr kleinen Verbreitungsgebieten in der weltweiten Roten Liste geführt wurden, kommen nun viele weit verbreitete und vergleichsweise häufige Arten wie die Turteltaube und die afrikanischen Geier hinzu, weil ihre Bestände auf ganzen Kontinenten kollabieren,“ resümiert Lachmann. „Die Entwicklung effektiver Schutzmaßnahmen ist damit eine viel größere Herausforderung und bedarf neben der Arbeit von Naturschützern auch grundsätzlicher Entscheidungen der Politik, zum Beispiel für eine echte ökologische Wende in der Agrarpolitik.“
- Einstufungen einzelner Arten können hier abgerufen werden (Englisch)
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