In diesen Zeiten schöpfen wir besonders viel Kraft in der Natur. Werden Sie NABU-Mitglied und helfen Sie mit, damit wir die Natur auch in Zukunft genießen können.
Jetzt NABU-Mitglied werden!Der Klimawandel verändert die europäische Vogelwelt
Bürgerwissenschaftler liefern Daten für europäisches Großprojekt
23. Oktober 2015 - Den Birkenzeisig erkennt man leicht an seinem charakteristischen roten Fleck oberhalb des Schnabels. Antreffen kann man den kleinen Vogel in Island, Skandinavien, Irland, Schottland und im Alpenraum. Im Winter kommen die Zeisige aus dem Norden nach Mittel- und Osteuropa. „Wie lange der Birkenzeisig noch zu uns kommt, wissen wir nicht“, sagt Prof. Dr. Katrin Böhning-Gaese, Direktorin des Senckenberg Biodiversität und Klimaforschungszentrums und fährt fort: „Wir haben herausgefunden, dass diese kleinen Vögel es bedingt durch den Klimawandel zukünftig schwerer haben werden.“
Böhning-Gaese ist Mitautorin einer unter der Leitung des dänischen „Center for Macroecology, Evolution and Climate“ entstandenen Studie zu den Auswirkungen des Klimawandels auf die europäische Vogelwelt. In dieser konnte das internationale Team Gewinner und Verlierer des Klimawandels definieren. Wärmere Winter wirken sich beispielsweise positiv auf sogenannte Standvögel wie Gartenbaumläufer oder Türkentauben aus; von längeren Frühjahren und damit auch Brutzeiten profitieren Kurzstreckenzieher wie der Stieglitz oder die Heidelerche.
Unterm Strich bleibt ein Minus
„Überwiegend wird sich der Klimawandel aber wohl negativ auf die europäische Vogelwelt auswirken“, erläutert Böhning-Gaese. Vor allem Vögel mit Verbreitungen in kälteren Regionen wie der Haussperling, die Raben- und Nebelkrähe, der Wiesenpieper und verschiedene Zeisigarten sind bedroht. Erschwerend kommt die Intensivierung der Landwirtschaft in vielen europäischen Ländern hinzu – besonders für Zugvögel, die zum Teil zwei Kontinente durchqueren, fehlen zunehmend Orte, an denen sie rasten können.
Datensätze von 50.000 Vogelbeobachtern ausgewertet
Wissenschaftler des „Senckenberg Biodiversität und Klima Forschungszentrums“ (BiK-F) haben gemeinsam mit internationalen Kollegen die Veränderungen der europäischen Vogelwelt im Zuge des Klimawandels untersucht. Das Team fand dabei einige Gewinner, aber auch zahlreiche Arten, die von den Folgen des Klimawandels bedroht sind. Grundlage der Studie waren Beobachtungen von über 50.000 Bürgerwissenschaftlern in einem Zeitraum von 18 Jahren. Die Studie ist kürzlich im renommierten Fachjournal „Global Change Biology“ erschienen.
„Die Langstreckenzieher sind überhaupt eine spannende Gruppe“, fügt die Frankfurter Biologin hinzu. Langstreckenzieher, die spät im Jahr in Europa ankommen – wie der Steinschmätzer oder der Gartenrotschwanz – profitieren nämlich von den wärmeren Jahreszeiten. Sie sind aber gleichzeitig auch vom Klimawandel in Afrika betroffen und damit die am wenigsten vorhersehbare Gruppe. „Ein Rückgang der Artenzahl innerhalb der Langstreckenzieher kann aber schon mit den Daten dokumentiert werden. Die Vögel benötigen daher besonderen Schutz“, empfiehlt Böhning-Gaese.
Die Studie zeigt zudem, dass die Auswirkungen des Klimawandels eng mit den Brutzeiten der verschiedenen Vogelarten zusammenhängen. Böhning-Gaese hierzu: „Um solche Zusammenhänge zu verstehen, sind Langzeit-Studien genauso wichtig wie kurzfristige, jahreszeitliche Trends.“
Das Wissenschaftler-Team konnte über den NABU-Dachverband „BirdLife International“ und den „European Bird Census Council“ auf Datensätze von 50.000 freiwilligen Vogelbeobachtern zurückgreifen und so die Veränderung von 51 Vogelarten aus 18 europäischen Ländern zwischen den Jahren 1990 und 2008 untersuchen. „Ein Paradebeispiel, wie gut die Zusammenarbeit von ‚Citizen Science‘ und akademischer Wissenschaft funktionieren kann“, freut sich Böhning-Gaese.
Die Klimakrise kommt als laues Lüftchen daher, freundlich und unscheinbar. 40 Jahre sind in der Erdgeschichte nicht einmal ein Wimpernschlag und doch sind in dieser Zeit unsere Winter ganze zehn Tage kürzer geworden. Mehr →
Seit die Anzeichen einer globalen Erwärmung zunehmen, gerät das Leben der Zugvögel offensichtlich mehr und mehr durcheinander. Auswirkungen des Klimawandels auf das Zuggeschehen lassen sich bereits an vielen Beispielen ablesen. Mehr →