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Jetzt NABU-Mitglied werden!Mäusegift: Flächendeckende Anwendung gefährlich
Kritik an Sondergenehmigung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
09. September 2015 - Der NABU kritisiert die aktuelle Sondergenehmigung des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), die Landwirte befristet (vom 1. September bis Ende des Jahres) berechtigt, insgesamt 700 Tonnen des Mittels „Ratron-Feldmausköder“ flächenhaft und offen auszubringen. Mit dem Ausbringen sollen landwirtschaftliche Verluste durch Mäusefraß eingedämmt werden.
Bei der Methode der offenen Ausbringung besteht die Gefahr, dass die Köder mit dem Gift Chlorphacinon auch von anderen Tieren aufgenommen werden. Dies ist angesichts des herbstlichen Vogelzugs bei Großvögeln wie Kranichen, Gänsen oder Schwarzmilanen besonders risikoreich. Indirekt kann es über die Nahrungskette zu tödlichen „Zwangsbehandlungen“ kommen. Auch die Gefahr für Greifvögel ist nicht zu unterschätzen, da auch vergiftete Mäuse zum Nahrungsspektrum zahlreicher Greife wie Mäusebussard und Rotmilan gehören. Durch den unsachgemäßen Umgang mit Rodentiziden in der Landwirtschaft können Wildvögel qualvoll verenden. Chlorphacinon hemmt die Blutgerinnung.
Eine gezielte Bekämpfung mit Mäusegiften in den Bauen oder in den Gängen würde das Risiko für andere wildlebende Tiere verringern. Ferner ist nicht auszuschließen, dass auch andere, besonders geschützte Tierarten wie Feldhamster und Feldhase betroffen sein können, da auch sie die Köder aufnehmen.
Chlorphacinon enthaltende Mittel sind in Deutschland seit Juli 2010 nicht mehr zugelassen – eigentlich. Angesichts der immer häufiger auftretenden „Notfallzulassung“ für Feldmausköder drängt sich der Eindruck auf, dass der Notfall mittlerweile zum Regelfall geworden ist. Für den NABU ist es fraglich, ob die wiederholte Anwendung einer Ausnahmeregelung zur Bekämpfung regelmäßig wiederkehrender hoher Feldmausdichten gesetzlich überhaupt zulässig ist.
Der NABU appelliert zugleich an die Bürger, Totfunde den örtlichen staatlichen Stellen oder den Naturschutzverbänden zu melden. Nach Auffassung des NABU wäre im Rahmen der Ausnahmegenehmigung ein umfangreiches Monitoring erforderlich, um Gefährdungen besser abschätzen zu können. Der NABU hat Zweifel an der Einhaltung der Ausbringungsvorschriften und fordert die Behörden auf, verstärkt Kontrollen auf den Flächen durchzuführen. Da nicht alle toten Tiere aufgefunden und untersucht werden können, liegt die Dunkelziffer bei den Vergiftungsfällen vermutlich deutlich höher.
Von der Bundeserlaubnis machen nach jetzigem Kenntnisstand zumindest Bayern, Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Thüringen Gebrauch, Landwirte können nun entsprechende Anträge stellen. In Rheinland-Pfalz sind bis zu 2.750 Hektar betroffen, in Thüringen dürfen „maximal 128,5 Tonnen“ der Feldmausköder auf knapp 13.000 Hektar Ackerfläche ausgestreut werden. NRW dagegen hat die Notfallzulassung zunächst ausgesetzt.
Regionale Meldungen zum Thema
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