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Anmerkungen zur #Beckmann-Sendung „Die Angst vor den Wölfen“
07. September 2015 - NABU-Wolfsexperte Markus Bathen hat sich die Sendung vorab angeschaut. Hier sind seine ergänzenden Anmerkungen:
Wolf ist nicht gleich Wildnis
Der immer wieder verwendete Wildnis-Begriff vermittelt den falschen Eindruck der Verwilderung Deutschlands durch den Wolf. Doch in Wirklichkeit kommt der Wolf sehr gut in Landschaften zurecht, die vom Menschen bewohnt und bewirtschaftet werden. Dieses Zusammenleben ist nicht nur seit 15 Jahren in Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt Realität, sondern noch viel länger zum Beispiel in Italien.
„Die Leute aus der Stadt wissen gar nicht, was der Wolf mit sich bringt“
Ja, je weiter die Menschen von den Wölfen entfernt sind, desto größer ist die Zustimmung zu ihrer Rückkehr. Doch wir erfahren vor allem durch unsere Wolfsbotschafter, dass es nicht nur eine große Zustimmung in den Städten, sondern ebenso im ländlichen Raum gibt. Das gilt auch für viele Jäger, Schaf- und Pferdehalter.
Warum die Vorfahren den Wolf ausgerottet haben
Im Mittelalter, zur Hochzeit der Wolfsausrottung, waren die Wildbestände durch Überjagung extrem dezimiert. Für die Wölfe entstand Nahrungsmangel, den sie nur mit Haustieren stillen konnten. Die Menschen lebten damals überwiegend als Selbstversorger mit einzelnen Nutztieren und ohne soziale Absicherung. Elektrozäune gab es natürlich noch nicht. Entsprechend waren die Nutztiere schlecht zu schützen. Kam es zu einem Verlust, konnte diese die Versorgungssituation einer Familie extrem verschlechtern. Die Bekämpfung des Wolfes war damals logische Konsequenz. Alle diese Rahmenbedingungen haben sich in der heutigen Zeit geändert: Wildbestände sind so hoch wie nie, Nutztiere können effektiv und bezahlbar geschützt werden, verlorene Tiere werden ersetzt.
Die Wölfe gefährden die Existenz von Schafhaltern
Treffend sagen Landwirte oft: „Der Wolf ist der Tropfen, der das Fass zum überlaufen bringt!“ Denn tatsächlich stehen insbesondere die Schafhalter finanziell selten gut dar. Diese ungünstigen Verhältnisse haben aber gar nichts mit dem Wolf zu tun. Auch wenn der Wolf stellenweise die Situation von Schafhaltern verändern kann, er ist nicht für die allgemeine Misere in der Landwirtschaft zur Verantwortung zu ziehen. Daher steht der NABU hinter den Forderungen der Nutztierhalter, dass Herdenschutzmaßnahmen finanziell unterstützt werden.
Eine Mutter schlägt vor „Wölfe einfangen und irgendwo hinbringen, wo es ihnen gut geht.“
Nun, die Wölfe sind bereits genau dort, wo es ihnen gut geht, Im Lauf von 15 Jahren haben sich mindestens 36 Wolfspaare entschieden, in Deutschland Nachwuchs aufzuziehen und ein Rudel zu gründen. Das ist ein klarer Beleg für günstige Lebensbedingungen. Das „Wölfe einfangen und irgendwo hinbringen“ läuft auf die Ausweisung von wolfsfreien Gebieten hinaus. Das ist einerseits nach europäischem Recht unmöglich und es ist zudem praktisch unsinnig. Wölfe sind ausgesprochene Langstreckenwanderer. In Kürze würden immer wieder neue Wölfe in die „wolfsfreie“ Region einwandern.
Wie viele Wölfe braucht das Land?
Diese von einem Jäger geäußerte Frage soll wohl heißen: Der Wolf darf nur hier leben, wenn er keinen Ärger macht. Man erhofft sich von weniger Wölfen das Ende von Problemen durch das Tier. Aber auch bei einer deutlich geringeren Anzahl Wölfe würden Rehe gefressen und müssten Schafe geschützt werden. Der Fuchs wird heutzutage überall bejagt. Trotzdem werden von ihm Rehkitze gefressen und müssen Hühner nachts eingestallt werden. Eine Bejagung ist keine Lösung. Dazu kommt: Würden jetzt die Wolfsbestände limitiert, wäre die Population nicht überlebensfähig. Es bestände die reale Gefahr, dass der Wolf wieder ausstirbt.
Einfang von „Problemwölfen“
Richtig ist, dass bei sehr großen wirtschaftlichen Schäden die Behörde genehmigen kann, ein streng geschütztes Tier wie den Wolf der Natur zu entnehmen. Dazu müsste aber sichergestellt sein, dass dieses eine Tier tatsächlich für die Schäden verantwortlich ist und dass alle Schutzmaßnahmen eingesetzt worden sind. Im gezeigten Fall verteilen sich die Vorkommnisse auf viele Weiden, die teils nicht den notwendigen Herdenschutz haben. Zunächst sollten folglich die Schutzmaßnahmen bereitgestellt werden.
Insgesamt zeigt die Sendung – der Medienlogik folgend – überwiegend die wenigen Wolfsgegner oder gar „Wolfskiller“ und dramatisiert so die Lage. Die vielen positiven Bespielen einer Koexistenz von Mensch und Wolf kommen zu kurz. Schade.
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