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Jetzt NABU-Mitglied werden!Neue Freunde für Fledermäuse
Begeisterte Kinder bei der Batnight 2015 in Mülheim
Thorsten Jaworek gehört nicht zur extrovertierten Sorte Naturschützer. Doch wer den leisen Worten des schlanken 34-Jährigen lauscht, spürt schnell, wofür sein Herz schlägt: Fledermäuse. Und neue Freunde für seine Fledermäuse zu gewinnen, das ist seine Mission.
Mit schüchternem Lächeln und schwarzem XL-Shirt steht er im „Haus Ruhrnatur“ in Mülheim an der Ruhr vor seinem Publikum. Knapp 20 Kinder zwischen sechs und zwölf Jahren hören seinem Vortrag gespannt zu. Zunächst Fledermausfakten aus der Fünferreihe: bis zu 25 Gramm schwer, bis zu 50 Km/h schnell, bis zu 5000 Mücken Futter pro Nacht, fünf Monate Winterschlaf.
„Warum haben Fledermäuse eigentlich zusätzlich zu ihren Füßen auch zwei Daumen?“, fragt er in die Runde. Allgemeines Schulterzucken. Er erklärt: „Beim Schlafen hängen die Fledermäuse kopfüber an den Füßen. Wenn sie in dieser Haltung auch pinkeln würden, würden sie sich ganz schön nass machen, oder?!“ Die Kinder kichern.
Fledermäuse in Theorie und Praxis
Während des Vortrags erfahren die kleinen Zuhörer, mit wem sie es zwei Stunden später zu tun bekommen. Dann, mit Anbruch der Dunkelheit, wird aus Fledermaustheorie Fledermauspraxis. Dann geht aus raus in die Nacht: Fledermäuse beobachten – das Highlight der “Batnight“, die jedes Jahr Ende August in über 30 Ländern parallel stattfindet. In Mülheim sind der NABU Ruhr, die NAJU Essen/Mülheim und das Haus Ruhrnatur gemeinsame Veranstalter.
Doch bevor die Nacht der Fledermäuse in die heiße Phase geht, gilt es für die Kids, das neu erworbene Wissen unter Beweis zu stellen. Bewaffnet mit Stift und Papier lösen sie Rätsel rund um die Fledermaus. Die Brüder Luis (8) und Felix (10) begutachten fachmännisch Schädel, zählen Zähne. „Mann, du musst auch die kleinen Zähne mitzählen“, stupst Felix seinen Bruder an. „Puh, ganz schon viele“, sagt Luis angestrengt. Eine Batnight ist eben kein Ponyhof. Und wer zum „Fledermausexperten“ gekürt werden möchte, muss etwas leisten.
Biologin Maren Thomas, die die Batnight mit Thorsten auf die Beine gestellt hat, schaut den Kids über die Schulter – und greift bei schwierigen Fragen unter die Arme. „Schau mal, dort ist auch noch eine versteckt“, deutet sie auf ein Bild, auf dem die Kleinen Fledermäuse suchen.
Kinder, die weniger Lust auf angewandtes Wissen haben, werden handwerklich oder künstlerisch aktiv. Einige bemalen Blumentöpfe, andere probieren ihre frisch gebastelten Masken aus. Ein Hauch von Batman und Robin.
Fledermäuse sind gute Gäste
Als eine Anwohnerin das Treiben auf der Ruhrinsel aus der Ferne erblickt, kommt sie interessiert herübergelaufen. „Ich habe hier in der Gegend gerade ein kleines Haus gekauft. Kann ich da auch ein paar Fledermäuse einladen?“, scherzt sie. Maren strahlt. Genau diese Einstellung versucht sie den Menschen zu vermitteln: Fledermäuse sind keine ungewollten Mietnomaden. Im Gegensatz zu anderen Tieren sind sie nicht in der Lage, ihre Quartiere selbst zu gestalten. Nachteil für die Fledermäuse, Vorteil für die Gebäudebesitzer: Weil die Fledermäuse nichts am Haus verändern, richten sie auch keine Schäden an. „Sie können den Fledermäusen unter Ihrem Dach einen kleinen Spalt lassen. Dafür sind sie sehr dankbar“, sagt Maren.
Dann drängelt sich von unten die kleine Linda ins Gespräch: „Wann gehen wir endlich los?“ Mit Anbruch der Dunkelheit steigt die Vorfreude der Kinder. Sie fiebern dem Highlight des Abends entgegen, der Nachtwanderung auf den Spuren der Fledermäuse, entlang der Ruhr. Thorsten verteilt „Bat-Detektoren“. Sie wandeln die für Menschen nicht wahrnehmbaren Ultraschalllaute, mit denen sich Fledermäuse auch bei absoluter Dunkelheit orientieren, in hörbare Geräusche um.
Der Weg zu den Fledermäusen führt über einen Schotterweg, die Schritte der Kinder sorgen für ein konstantes Rauschen der Detektoren. Dann steht die Gruppe auf einer Lichtung, es ist stockdunkel. „Da! Da! Da!“ ruft Felix. Alle Blicke schnellen nach oben. Wie Mini-Kampfjets im Sinkflug zischen die Fledermäuse zwischen den Baumwipfeln und über den Köpfen der Kinder hin und her. Im Mondlicht sind nur die Silhouetten der Tiere zu erkennen – und in den Augen der Kinder die Faszination dieses mystischen Moments. Die Ultraschalldetektoren knattern bei jedem Flugmanöver und lassen die Fledermäuse greifbar erscheinen.
Nach gut einer Stunde nimmt der nächtliche Zug über Stock und Stein sein Ende. „Endlich habe ich eine echte Fledermaus erlebt, das wollte ich schon immer mal“, sagt die kleine Lisa, „aber jetzt freue ich mich auch auf mein Bett.“
Als die letzten Kinder mit ihren Eltern die Heimreise angetreten haben, huscht ein zufriedenes Lächeln über Thorstens Gesicht. Denn „Fledermäuse brauchen Freunde“ war das Motto des Abends. In Mülheim haben sie heute mindestens 20 neue Freunde gewonnen.
Marvin Wanders
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