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Forscher untersuchen Einfluss tierischer Einwanderer auf Ökosysteme
16. April 2015 - Können neu eingewanderte Arten die Nahrungsnetze unserer Flüsse negativ beeinflussen und sind bestimmte Ökosysteme empfindlicher gegenüber einwandernden Arten als andere? Diese Fragen stehen im Fokus des Emmy-Noether-Projektes, in dem Forscher der Universität Koblenz-Landau mit Unterstützung ihrer Kollegen an der Bundesanstalt für Gewässerkunde in Koblenz und der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes die Mechanismen und Folgen der Einwanderung des Großen Höckerflohkrebses (Dikerogammarus villosus) untersuchen.
Der Große Höckerflohkrebs, im englischsprachigen Raum auch als „Killer Shrimp“ bezeichnet, ist in den 1990er-Jahren über den Main-Donau-Kanal in den Rhein eingewandert und hat sich von dort aus schnell über ganz Europa verbreitet.
Artenschwund in unseren Flüssen
In Versuchen wurde beobachtet, dass er sich unter Laborbedingungen deutlich räuberischer verhält als Bachflohkrebse, seine einheimischen Verwandten. Außerdem ist bekannt, dass während der Einwanderung des Großen Höckerflohkrebses andere wirbellose Arten seltener wurden oder gar verschwanden. Damit ist aber noch nicht beweisen dass der Krebs auch Auslöser dieser Veränderungen ist, da die großen Flüsse gleichzeitig einer Vielzahl von Belastungen unterliegen.
Um diesen Zusammenhang näher zu untersuchen, führen die Forscher der Universität Koblenz-Landau Experimente in Elbe und Rhein durch. Dabei werden kleine Ausschnitte des Ökosystems – sogenannte Mesokosmen – durch die Wissenschaftler gezielt verändert. In diesem Fall wird die Anzahl der Höckerflohkrebse in einigen Mesokosmen künstlich reduziert und in anderen erhöht.
Einwanderer frisst Einwanderer
Erste Ergebnisse zeigen, dass der Große Höckerflohkrebs in der Elbe vermutlich kein „echter“ Räuber ist, sondern sich hauptsächlich von Pflanzenresten ernährt. Das könnte darauf hinweisen, dass dieser Einwanderer ein sehr breites Verhaltensrepertoire hat. Die Tiere könnten sich also je nach Umgebung und Umweltbedingungen sehr verschieden ernähren. Diese Annahme wird durch die Beobachtung unterstützt, dass der Höckerflohkrebs im Rhein neben Pflanzenresten größere Mengen eines anderen eingewanderten Flohkrebses (Echinogammarus ischnus) frisst. Im Rhein ist der Große Höckerflohkrebs daher eher als Allesfresser einzustufen.
Warum sich die Ernährungsgewohnheiten des großen Höckerflohkrebses zwischen den beiden Gewässern unterscheiden, ist noch nicht bekannt. Auch die Folgen dieses Einwanderers scheinen zumindest in der Elbe bei weitem nicht so drastisch zu sein, wie bisher vermutet wurde. Direkte Beeinträchtigung einheimischer Arten durch den Höckerflohkrebs konnten nicht nachgewiesen werden.
Weitere Versuche müssen folgen
Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass der Große Höckerflohkrebs unproblematisch für unsere Gewässer ist. Die Ergebnisse eines acht Wochen dauernden Experimentes sind nicht ohne weiteres auf die Vorgänge im gesamten Ökosystem übertragbar. Vielleicht gab es in Rhein oder Elbe sehr sensible Arten, die bereits längst verschwunden sind und daher nicht mehr den Einfluss des Einwanderers unterliegen. Denkbar wäre auch, dass sich der Höckerflohkrebs in den Mesokosmen anders verhält als in Freiheit.