In diesen Zeiten schöpfen wir besonders viel Kraft in der Natur. Werden Sie NABU-Mitglied und helfen Sie mit, damit wir die Natur auch in Zukunft genießen können.
Jetzt NABU-Mitglied werden!NABU-Stakeholder-Konferenz zur Energiewende
Wie viel erneuerbare Energien vertragen unsere Landschaften?
27. April 2015 - Themenschwerpunkte der Veranstaltung, die vom Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums gefördert wurde (zur Projektseite) und durch die Ines Pohl, Chefredakteurin der taz führte, waren die räumliche Steuerung erneuerbarer Energieanlagen durch die Regionalplanung und regionale Energiekonzepte, der Artenschutz bei der Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen am Beispiel der Fledermäuse und Vögel und bundesweite Standards, die für den Bereich des Ausbaus der erneuerbaren Energien für notwendig erachtet werden (siehe Programm ).Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten mit diskutieren und sich bei den E-Voting-Fragen einbringen (Ergebnisse des E-Votings).
Energieeffizienz und -einsparung müssen endlich angepackt werden
Leif Miller, der Bundesgeschäftsführer, dankte den anwesenden Vertreterinnen aus dem Bundesumweltministerium und dem Bundesamt für Naturschutz für die finanzielle Förderung des Forschungsprojektes „Stärkung des Wissensmanagements zur Energiewende: Anforderungen aus Sicht des Naturschutzes“, in dessen Rahmen auch die Stakeholderkonferenz stattfand. Er wies darauf hin, dass der NABU sich seit langem für die Umsetzung einer naturverträglichen Energiewende einsetzt und dabei eine gute Planung eine wesentliche Rolle spielt. Er stellte zudem heraus, dass Energieeinsparung und -effizienz wichtige Stellschrauben für eine naturverträgliche Energiewende sind, denn je weniger Energie wir verbrauchen, umso weniger erneuerbare Energieanlagen müssen in unseren Landschaften errichtet werden.
Auch regionale Energiekonzepte können einen Beitrag zu mehr Naturverträglichkeit leisten
Dr. Brigitte Zaspel-Heisters (Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung) ging auf die aktuelle Situation der Regionalplanung in den über 100 Planungsregionen Deutschlands ein. Es zeigte sich, dass 56 Prozent der Planungsregionen regionale Festlegungen zu Windenergienutzungsgebieten vorgenommen haben und damit etwa 0,45 Prozent der Gesamtfläche Deutschlands für diese Nutzung ausgewiesen sind. In 47 Regionen liegen bereits Entwürfe mit ausgewiesenen Flächen für die Windenergienutzung vor. Mit diesen Flächen käme man auf ein Prozent der Gesamtfläche Deutschlands. Jedoch wurde auch angemerkt, dass inzwischen wesentlich mehr Flächen für die Windenergienutzung in Anspruch genommen wurden, denn bei nicht vorhandener räumlicher Steuerung greift die Privilegierung nach §35 Baugesetzbuch.
Dr. Elke Bruns (Institut für nachhaltige Energie- und Ressourcennutzung) erläuterte inwieweit regionale Energiekonzepte einen Beitrag zu einer besseren räumlichen Steuerung erneuerbarer Energien leisten können. Sie verwies auf die unterschiedliche Ausgestaltung der regionalen Energiekonzepte und damit der geringen Vergleichbarkeit untereinander, obwohl einzelne Themenbausteine von Seiten des Fördermittelgebers vorgegeben sind. Sie machte zudem deutlich, dass dort festgelegte Ziele häufig nicht mit denen auf Länderebene konform sind. Ein Beitrag zu einer besseren räumlichen Steuerung kann aus ihrer Sicht nur geleistet werden, wenn in den Konzepten zukünftig eine räumlich differenzierte Darstellung erfolgt und die finanzielle Förderung so ausgestattet wird, dass die Konzepte inhaltlich so aufgewertet werden können, dass naturschutzfachliche sowie planerische Fragestellungen einen höheren Stellenwert erhalten und ein Multi-Stakeholderdialog vor Ort möglich ist.
Offene Fragen trotz laufender Forschungsvorhaben
Trotz laufender Forschungsvorhaben gibt es immer noch offene Fragen: zur Wirksamkeit von Minderungsmaßnahmen und zur Zahl der mit Auflagen versehenen Windkraftanlagen (Abschaltungen).
Dr. Christian Voigt (Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung) beschrieb wie Fledermäuse an Windenergieanlagen zu Schaden kommen können. Er unterstrich, dass aufgrund eines „milden“ Barotraumas, Fledermäuse in der Lage sind sich noch mehrere 100 Meter von der Anlage zu entfernen, so dass sie nicht direkt unter den Anlagen gefunden werden – damit begründet er eine hohe Dunkelziffer an Todesfällen. Betroffen sind vor allem migrierende Arten, die nicht nur durch nationales und europäisches Recht geschützt sind, sondern auch durch die UN-Konvention zur Erhaltung wandernder wildlebender Tierarten (CMS). Durch die zentrale Lage Deutschlands und dem massiven Ausbau der Windenergie sind daher viele Fledermauspopulationen betroffen, die aus Osteuropa kommend im Herbst in den Süden und im Frühjahr wieder zurück in die Sommerquartiere ziehen. Er forderte insbesondere, dass offengelegt werden muss wie viele Anlagen mit Auflagen im Hinblick auf Abschaltungen laufen und eine Kontrolle dieser Auflagen.
Ubbo Mammen (ÖKOTOP, Büro für angewandte Landschaftsökologie) stellte am Anfang seines Vortrags klar, dass es nach seiner Auffassung keine Vermeidungsmaßnahmen im Hinblick auf das Schutzgut Vögel und die Auswirkungen von Windkraftanlagen gibt. Er stellte dann dar, welche Möglichkeiten der Minimierung bestehen. Diese reichen von der räumlichen Steuerung, der räumlichen Anordnung von Anlagen bis hin zu Maßnahmen zur Vermeidung der Anlockung von Greifvögeln, wie dem Rotmilan. Zum Schluss stellte er heraus, dass es bundesweiter Standards bedarf, wie sie zum Beispiel im Helgoländer Papier der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten formuliert sind, und der Einrichtung einer zentralen Sammelstelle von Monitoringergebnissen.
Bundesweite Standards sind notwendig – die Anstrengungen müssen verstärkt werden
Maria Moorfeld (Referentin für Naturschutz und Energiewende, NABU-Bundesverband) stellte dar, was unter Naturschutzstandards verstanden wird, welche Vor- und Nachteile diese haben und inwieweit sie notwendig und machbar sind. Sie kritisierte, dass in den letzten Jahren, aufgrund des zunehmenden Nutzungsdrucks und der politischen Relevanz des Ausbaus erneuerbarer Energien, eine Absenkung naturschutzfachlicher Standards erkennbar ist. Es wurde aber auch deutlich, dass in einigen Bereichen, wie der Windenergie Offshore, aber auch Onshore bereits Standards existieren, die einen besseren, einheitlichen Umgang mit Naturschutzfragen unterstützen. Dennoch bedarf es weiterer bundesweiter Standards, beispielsweise zu einer rechtssicheren, guten Regional- und Flächennutzungsplanung und der Erfassung und Bewertung kumulativer Wirkungen.
Uwe R. Fritsche (Internationales Institut für Nachhaltigkeitsanalysen und -strategien) beschrieb die aktuelle Situation im Hinblick auf vorhandene Standards bei der Bioenergienutzung in Deutschland. Er machte deutlich, dass dieses Themenfeld eng an europäische Vorgaben geknüpft ist, insbesondere der Renewable Energy Directive (RED). Handlungsmöglichkeiten sieht er aktuell in der Qualifizierung von Einsatzstoffen bei bestehenden Biogasanlagen und in der Ausgestaltung von Bewirtschaftungsgrundsätzen, wie z.B. der Extensivierung von Grünlandflächen und der Auflockerung von Landschaften durch Strukturen. Auf politischer Ebene besteht dagegen kein aktueller Handlungsdruck – erst wieder mittelfristig.
Abgeordnete und NABU-Präsident sehen Energiewende auf einem guten Weg – stärkerer Fokus auf Mensch und Natur gefordert
Die Podiumsdiskussion mit den Bundestagsabgeordneten Josef Göppel (CDU/CSU), Carsten Träger (SPD), Dr. Julia Verlinden (Bündnis90/Die Grünen), Eva Bulling-Schröter (DIE LINKE) und dem NABU-Präsidenten Olaf Tschimpke, moderiert von Ines Pohl (taz), zeigte, dass naturschutzfachliche und umweltbezogene Themen im Wirtschaftsausschuss, der sich nun federführend mit der Energiewende befasst, erst noch stärker etabliert werden müssen. Hier sehen die Abgeordneten noch großen Handlungsbedarf. Insgesamt war man sich einig, dass man zwar auf einem guten Weg ist, aber Naturschutz- und Akzeptanzfragen zukünftig stärker in den Blick genommen werden müssen.
Dies unterstützte auch Olaf Tschimpke, wies aber gleichzeitig auf die zunehmenden Konfliktfälle vor Ort hin und dass der NABU versucht mit diesen sachlich und gut umzugehen. Er betonte zum Schluss, dass der NABU sich der großen Herausforderung Klima- und Naturschutz zusammenzubringen stellt und sich nicht auseinanderdividieren lassen wird. Er machte zudem nochmals deutlich, dass es für eine naturverträgliche Energiewende einer guten und verlässlichen Planung bedarf.