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Jetzt NABU-Mitglied werden!Umsetzung des Aktionsplans verzögert sich
Der Kampf gegen den Vogelmord in Ägypten geht weiter
06. November 2014 -
Die herbstliche Zugsaison der Vögel über Ägypten geht ihrem Ende entgegen. Viele Vögel haben überlebt, so auch alle neun vom NABU besenderten heimischen Schreiadler, deren Zugwege Sie hier verfolgen können. Aber viele Vögel, vor allem Singvögel, fielen wieder den Netzen der Vogelfänger zum Opfer, die sich beinahe entlang der gesamten Mittelmeerküste des Landes erstrecken.
Wie viele waren es genau und welche Arten waren betroffen? Wir wissen es leider immer noch nicht. Denn anders als vorgesehen und im letzten Bericht zur Lage in Ägypten noch angekündigt, ist es dem NABU und seinen Partnern vor Ort, der nationalen BirdLife-Organisation Nature Conservation Egypt (NCE ) und der Ägyptischen Umweltbehörde (EEAA) nicht gelungen, das systematische Monitoring des Vogelfangs bereits in diesem Jahr zu beginnen. Grund dafür waren bürokratische Hindernisse im nachrevolutionären Ägypten, die sich länger als erwartet hingezogen haben.
Offizielle Aktivitäten, wie systematisches Monitoring, sind im als militärisch sensiblen Bereich ausgewiesenen Küstenstreifen nur möglich, wenn die nationale Sicherheitsbehörde dies unterstützt. Auch die finanzielle Unterstützung aus dem Ausland für den inländischen Naturschutzverband und das Amt ist nur mit einer Genehmigung der Sicherheitsbehörde möglich. Nach der Sicherheits-Genehmigung muss eine Förderung mit finanziellen Mitteln aus dem Ausland auch noch vom Amt für soziale Fragen bewilligt werden, bevor die Unterstützungsgelder, die vor Ort ausgegeben werden müssen, endlich fließen können.
Die gute Nachricht ist: Seit dem 19. Oktober liegt die Sicherheits-Genehmigung für die Umsetzung des gesamten internationalen Aktionsplans zur Bekämpfung des illegalen Zugvogelfangs in Ägypten vor, der auf Initiative des NABU erstellt und im April diesen Jahres unter der Ägide des UN-Abkommens AEWA veröffentlicht wurde und hier einsehbar ist. Die Genehmigung für den offiziellen Geldfluss konnte erst anschließend beantragt werden und steht noch aus. Für die Bestandsaufnahme des Vogelfangs in diesem Herbst war es damit leider zu spät.
Auf eine „Guerilla-Aktion“ mit heimlichen Beobachtern vor Ort hat der NABU verzichtet, da auf diese Weise keine systematischen Daten zu erheben sind. Vor allem wäre es nicht nur mit beträchtlichen rechtlichen Risiken für die Teilnehmer verbunden, sondern mit der Gefahr künftig jegliche offiziell unterstützte Aktivitäten von vornherein aufs Spiel zu setzen und damit für die Zukunft ganz ausschließen zu müssen. Das Ziel des NABU ist es, seriös und transparent mit Spendengeldern umzugehen, diese im Sinne des Projektes einzusetzen und in Zukunft gestützt auf lokale Partner dauerhaft und erfolgreich vor Ort arbeiten zu können.
Trotz dieser für den NABU bedauerlichen Verzögerung beim Monitoring an der Mittelmeerküste gibt es jedoch auch Positives zu berichten: In einem ersten Schritt haben die EEAA, zuständig für die jährlichen Jagdverordnungen, und unser ägyptischer Partner NCE im Spätsommer mehrere Workshops mit lokalen Behörden und Jägervertretern durchgeführt, um die bestehenden strikten Regeln für den Vogelfang zu erklären und die Umsetzung vor Ort zu verbessern. Nach bisher unbestätigten Berichten der Teilnehmer mag dies zu einer Reduktion des Vogelfangs zumindest in Naturschutzgebieten entlang der Küste geführt haben. Andererseits wurde dem NABU auch berichtet, dass die Intensität des Vogelfangs entlang der Küste gegenüber den Vorjahren sogar noch weiter zugenommen hat. Wir gehen davon aus, dass ab dem Frühjahrzug 2015 ein systematisches Monitoring der Vogelfangaktivitäten erfolgen kann.
Die Deutsche Ornithologen-Gesellschaft (DO-G) konnte zur Mitarbeit im Kampf gegen den Vogelfang in Ägypten gewonnen werden: Auf der DO-G-Jahrestagung Anfang Oktober wurde beschlossen, mit eigenen Geldern die Einstellung eines Wissenschaftlers zu initiieren, der die konkreten Gefährdungen der einzelnen Arten durch den Vogelfang quantifizieren und bewerten wird. Die ab kommendem Jahr aus Ägypten voraussichtlich zur Verfügung stehenden Daten werden dafür die wichtigste Grundlage darstellen.
Die bereits im letzten Bericht zur Lage in Ägypten beschriebene sozio-ökonomische Studie zu den Motivationen des Vogelfangs läuft gerade an und soll Ende 2015 abgeschlossen werden. Das Bundesumweltministerium hat sich bereit erklärt, diese Untersuchung zu finanzieren. Auch für weitere Aktivitäten, wie eine detaillierte Studie der geltenden Rechtslage und mögliche legislative Verbesserungen konnten externe Geldgeber gewonnen werden.
NABU-Mittel fließen gezielt in die Koordination der verschiedenen Maßnahmen zur Umsetzung des Aktionsplans: Nachdem bereits im Vorjahr ein Mitarbeiter in Ägypten für die Ausarbeitung des Aktionsplans angestellt wurde, trat am 2. November der neue „Responsible Hunting Programme Coordinator“ sein Amt bei NCE an.
Einen Hoffnungsschimmer gibt es auch auf dem Parkett der großen internationalen Politik: Auf der derzeit stattfindenden Vertragsstaatenkonferenz der Bonner Konvention zum Schutz wandernder Tierarten (CMS) wird aller Wahrscheinlichkeit nach ein Aktionsplan zum Schutz ziehender Landvögel (AEMLAP) und eine Resolution gegen das illegale Töten von Zugvögeln verabschiedet. Letztere soll durch eine neu zu gründende zwischenstaatliche Arbeitsgruppe speziell im Mittelmeerraum umgesetzt werden. Auch Ägypten ist Mitglied der Bonner Konvention und verpflichtet sich dadurch, aktiv gegen den Vogelfang im eigenen Land vorzugehen. Dasselbe gilt im Übrigen auch für Deutschland, wo immer noch zahlreiche Greifvögel, darunter auch ziehende Arten, illegal getötet werden.