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Jetzt NABU-Mitglied werden!Staudamm-Gegner weltweit vernetzen sich
Ilisu und andere Skandal-Dämme müssen gestoppt werden
4. Juni 2013 - Rund 50.000 Staudämme gibt es weltweit, mehr als 5000 große sind weltweit noch in Planung oder werden gerade gebaut – so viele wie noch nie zuvor. Die Großprojekte bedrohen die letzten Naturschätze der Erde, darunter Mesopotamien, das Amazonas-Gebiet, Patagonien, Alaska, den Mekong, das Kongobecken und den Balkan. Etwa 750 Millionen Menschen leiden unter den Folgen bestehender Dämme. Die meisten Staudamm-Projekte sind daher stark umstritten, darunter auch Belo Monte, der die Regenwälder Amazoniens zerstört. Vor allem der Bau des Ilisu-Staudamms in Südostanatolien erregt weltweit Protest. Die antike Stadt Hasankeyf soll im Sommer 2014 geräumt und im Jahr 2016 geflutet werden. Werden Ilisu und Belo Monte fertiggestellt, verlieren Zehntausende in der Türkei und in Brasilien ihre Heimat und hunderttausenden Menschen im Irak wird die Lebensgrundlage genommen.
Nun haben sich Staudamm-Gegner weltweit zu dem Bündnis „Damocracy“ vernetzt, um Ilisu und andere Dämme in letzter Minute zu stoppen. Jüngst blockierten 25 internationale Aktivisten die Ilisu-Baustelle, unter den Protestierenden auch Kayapo-Indios vom Amazonas, die sich gegen den Bau des Belo-Monte-Staudamms engagieren.
„Unsere Aktion soll zeigen, dass unser Widerstand weitergehen wird, selbst wenn der Bau schon fortgeschritten ist. Außerdem ist unsere Aktion der Beginn für einen internationalen Zusammenschluss von Umweltgruppen aus aller Welt sowie von Menschen, die von Staudammprojekten betroffen sind“, sagte Ilisu-Kampagnenleiter Ulrich Eichelmann von der Organisation RiverWatch. Er lädt demnächst anlässlich seines neuen Films „Climate Crimes“ in Berlin zur Diskussion ein.
„Damocracy“ stemmt sich gegen die Staudamm-Lobby
Der NABU und die Manfred-Hermsen-Stiftung unterstützen das „Democracy“-Bündnis und die Kampagne „Stop Ilisu“ der österreichischen Organisationen ECA Watch und RiverWatch seit Jahren finanziell und inhaltlich. Auch viele Prominente befürworten den Protest, darunter der türkische Popstar Tarkan, der Regisseur Fatih Akin, die Sängerin Aynur sowie zahlreiche Schauspieler, Schriftsteller, Politiker und Wissenschaftler.
Mehr zu den prominenten Unterstützern unter m-h-s.org
„Durch eine stärkere Vernetzung und internationale Aufmerksamkeit wollen wir der stark organisierten und finanzierten Staudamm-Lobby etwas entgegensetzen. Das kann nur durch gemeinsamen internationalen Druck von Betroffenen und ihren Unterstützern gelingen“, sagte NABU-Vizepräsident Thomas Tennhardt. „Seit 15 Jahren werden Wasserkraftwerke mit riesigen Staudämmen überall auf der Welt wieder vermehrt gebaut und unter dem Deckmantel ,grüne Energiequelle‘ vermarktet. Betrachtet man jedoch die Folgen aus Sicht der Natur und der Menschen vor Ort, ergibt sich ein verheerendes soziales und ökologisches Bild“, so Tennhardt weiter. Die erste gemeinsame „Damocracy“-Konferenz fand kürzlich in Istanbul statt. Auch der Vorsitzende der NABU-Partnerorganisation BirdLife Iraq, Azzam Alwash, nahm daran teil. Für sein Engagement für die mesopotamischen Sümpfe erhielt er kürzlich den diesjährigen Goldman-Umweltpreis.
Letzte Chance: Weltkultur und Naturerbe schützen
„Damocracy“ formiert sich zu einem Zeitpunkt, da die Betroffenen in der Türkei demoralisiert sind. Das Dorf Ilisu wurde bereits umgesiedelt und militärische Einschüchterungen haben den Protest abflauen lassen. Anfang 2012 starteten Bewohner aus Hasankeyf noch einmal eine verzweifelte Aktion zur Rettung ihrer Stadt und protestierten in Istanbul, vor dem Eingang des Topkapi-Palastes. Ihre Botschaft: „Hasankeyf kann man nicht versetzen!“ - sie forderten, dass das Ilisu-Projekt gestoppt und die Stadt endlich als Weltkultur- und Weltnaturerbe der Unesco ausgewiesen und geschützt wird. Eine wissenschaftliche Überprüfung hatte ergeben, dass die Stadt und das benachbarte Tigris-Tal als einzige Region der Erde neun von zehn Kriterien der Unesco für Weltkultur- und naturerbe erfüllt. Doch die türkische Regierung verweigert den Schutz. Stattdessen werden im Zuge des Projektes 65.000 Menschen umgesiedelt und für zahlreiche Tier- und Pflanzenarten bedeutet der Staudamm-Bau den Tod, darunter für Habichtsadler, Gänsegeier und die vom Aussterben bedrohten Euphrat-Weichschildkröte.
Für den Film „Climate Crimes“ war Ulrich Eichelmann mehr als zwei Jahre lang auf den Spuren von Klimaschutzprojekten und „grünen Energien“ in der ganzen Welt unterwegs. Er dokumentierte die aktuelle Situation in Hasankeyf sowie den Bau des Skandel-Staudamms und besuchte die Mesopotamischen Sümpfe im Irak. Kann der Staudamm-Bau nicht gestoppt werden, ist dies das vielleicht letzte Zeugnis des einzigartigen Naturerbes, das soeben zerstört wird.
Der Film kann auf riverwatch.eu auch als DVD erworben werden.
Weitere Informationen
Zur Online-Petition gegen den Staudamm-Bau von change.org
Zur Kampagne „Stop Ilisu“
Zum Bündnis „Damocracy“
Zur Organisation „Riverwatch“ und dem Film „Climate Crimes“
Zur Kölner Organisation „Gegenströmung“
Katastrophenprojekt Ilisu-Staudamm: Durch den Bau des umstrittensten Baudamms der Welt wird ein Gebiet von hohem kulturhistorischem und ökologischem Wert zerstört. Mehr →