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Jetzt NABU-Mitglied werden!Malaria-Medikamente aus Marienkäferblut
Versuche deutscher Forscher zeigen bakterien-abtötende Wirkung
17. Mai 2013 - Seit einigen Jahren breitet sich der aus Asien stammende Harlekin-Marienkäfer weltweit aus. Auch in Deutschland gehört er inzwischen zum festen Bestand der Insektenwelt.
Nur ein Bruchteil einwandernder oder ausgesetzter Arten kann sich in der neuen Heimat durchsetzen. Der Harlekin, so viel ist bekannt, hat sich bei uns etabliert, weil er mehr Nachwuchs produziert als die heimischen Marienkäferarten und weil er einen größeren Appetit hat als sie. Täglich frisst ein Harlekin bis zu 200 Blattläuse – genau deswegen wurde er auch zur Schädlingsbekämpfung in Gewächshäusern eingesetzt, von wo aus er dann ausbüchste.
Unempfindlich gegenüber Krankheitserregern
Nun hat eine Forschergruppe unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Vilcinskas von der Uni Gießen weitere Erfolgsfaktoren entdeckt: Der Harlekin-Marienkäfer ist weitgehend unempfindlich gegenüber Krankheitserregern und er trägt zudem Erreger in sich, die für andere Marienkäferarten tödlich sein können.
Des Rätsels Lösung liegt im Blut der Neuankömmlinge: Es ist voll mit sporenförmigen Parasiten, sogenannten Mikrosporidien. Sie ließen sich nach längerer molekularbiologischer Detektivarbeit einer Gruppe pilzähnlicher Einzeller namens Nosema zuordnen. „Inzwischen haben wir uns Asiatische Marienkäfer aus der ganzen Welt angesehen. In jeder Population, in jedem einzelnen Tier, selbst in den Eiern finden wir Mikrosporidien“, so Andreas Vilcinskas. Wenn ein Siebenpunkt ein Harmonia-Ei verspeist, infiziert er sich also unweigerlich mit den Erregern. Diese vermehren sich in ihrem neuen Wirt und bringen ihn schließlich um.
„Harmonin“ gegen Malaria und Tuberkulose
Warum sie ihren asiatischen Wirten nichts anhaben können, wissen die Forscher noch nicht. Eine heiße Spur gibt es aber schon: Marienkäfer ernähren sich nicht nur von Blattläusen und ähnlichen Kleintieren, sie räubern auch gerne die Eigelege anderer Marienkäfer aus oder fressen deren Larven. Versuche zeigen nun, dass der Harlekin Eier und Larven anderer Arten mühelos vertilgt. Macht sich aber umgekehrt ein Siebenpunkt-Marienkäfer – der bekannte heimische „Glücksbringer“ – über die Jugendstadien des Fremdlings her, so kann er daran sterben.
Vermutlich schützen sich die Käfer mit Harmonin, womit sie die Vermehrung der Mikrosporidien auf einem ungefährlichen Niveau halten. Harmonin – abgeleitet vom wissenschaftlichen Namen Harmonia axiridis für den Harlekin-Marienkäfer – erwies sich im Experiment als effizientes Antibiotikum, unter anderem gegen die Erreger von Tuberkulose (TBC) und Malaria. Das aus der Hämolymphe, dem Marienkäferblut, gewonnene Harmonin wird nun im Hinblick auf die Entwicklung neuer Medikamente weiter untersucht.
Eine mit Kolibakterien – erkennbar an den weißen Punkten – beimpfte Petrischale zeigt das enorme antibakterielle Potenzial des Harlekin (Harmonia axyridis). Während sich um die heimischen Arten Siebenpunkt (Coccinella septempunctata) und Zweipunkt (Adalia bipunctata) kein oder nur ein kleiner Hemmhof gebildet hat, werden in der Umgebung des Harlekin die Bakterien abgetötet.
Harmonin ist nur eine von vielen chemischen Waffen, mit denen sich der Käfer gegen Mikroorganismen zur Wehr setzt. Angriffe von Bakterien kontert Harmonia mit über 50 verschiedenen Peptiden, also Eiweiß-Substanzen. Das ergaben Analysen von Dr. Heiko Vogel am Max-Planck-Institut für Chemische Ökologie in Jena. Damit hält Harmonia einen Rekord, kein anderes Tier produziert so viele antimikrobielle Peptide. So sichern sich die Invasoren einen weiteren Wettbewerbsvorteil gegenüber Siebenpunkt und Verwandtschaft.
Quellen:
- „Invasiver Marienkäfer nutzt Bio-Waffen“
- „Asiatische Marienkäfer nutzen Bio-Waffen gegen ihre europäischen Verwandten“
- „Was mich nicht umbringt, macht mich stärker“
Der asiatische Harlekin-Marienkäfer kommt heute nicht mehr nur in Japan und China vor, sondern auch in Nordamerika und Europa. Wegen seines großen Blattlaus-Appetits wurde der Käfer seit den 80er Jahren im großen Stil zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Mehr →
Vor einigen Jahren aus Gewächshäusern ausgebüchst, wo er zur Blattlausbekämpfung eingesetzt war, ist der Asiatische Marienkäfer heute bei uns weit verbreitet. Strittig ist, ob der Käfer alteingesessene Arten verdrängt und die Weinherstellung gefährdet. Mehr →