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Hintergrundinfos zum Entwurf einer Kompensationsverordnung
29. April 2013 -
Der am 24. April vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf zur Kompensationsverordnung hat gegenüber der Ende 2012 in der Verbändeanhörung diskutierten Version noch einmal an Qualität eingebüßt. Dadurch haben sich die seinerzeit vom NABU und anderen Naturschutzverbänden benannten Schwächen weiter verschärft. Der hohe zeitliche Druck, unter dem der Verordnungsentwurf erarbeitet und abgestimmt wurde, darf jedoch nicht Rechtfertigung für einen in seinen Auswirkungen schwer durchschaubaren, im angelegten Schutzniveau bereits ersichtlich abfallenden Verordnungsentwurf sein. Wesentliche Kritikpunkte des NABU betreffen unter anderem die weiterhin vorhandenen unbestimmten Rechtsbegriffe und Interpretationsspielräume, die dringend einer Klarstellung bedürfen. Ebenso führt das neu eingeführte vereinfachte Verfahren für die Erfassung und Bewertung von Eingriffen – beziehungsweise deren Ausgleich und Ersatz – zu einer stark verengten Betrachtungsweise.
Grundsätzlich ist im Entwurf eine Tendenz zum nicht-funktionsbezogenen Ausgleich festzustellen. Der NABU sieht diese zunehmend fehlende Funktionalität bei der Eingriffskompensation als Gefahr für die langfristige Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes. Daher fordert er eine stärkere Berücksichtigung funktionsbezogener Kompensation. Auch bedürfen die geplanten Regelungen zu Bewirtschaftungs- und Pflegemaßnahmen im Rahmen der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung (PIKs) unbedingt einer Konkretisierung – ebenso wie die die Regelungen zur Unterhaltung und rechtlichen Sicherung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.
Es obliegt nun den Ländern, in der anstehenden Bundesratsbefassung für substanzielle Nachbesserungen der Verordnung zu sorgen.
NABU sieht vielfältigen Verbesserungsbedarf
Entwurf der Bundeskompensationsverordnung
06. Dezember 2012 - Der NABU begrüßt den vorliegenden Entwurf der Kompensationsverordnung als einen überfälligen und seit langem eingeforderten Schritt auf dem Weg zu einheitlichen, bundesweit gültigen Standards in der Eingriffsregelung, zu deren näheren Ausgestaltung der Bund mit Inkrafttreten des neuen Bundesnaturschutzgesetzes am 1. März 2010 ermächtigt wurde. Angesichts fortschreitender Flächeninanspruchnahme – nicht zuletzt für die Belange der Energiewende – bedarf es einheitlicher Rahmenbedingungen, welche die Transparenz der Maßnahmen im Rahmen der Eingriffsreglung erhöhen und gleichzeitig ein föderales „Dumping“ der eingriffsbezogenen Schutzstandards unterbindet. Zu bedauern ist, dass der Entwurf erst zu diesem späten Zeitpunkt vorgelegt wird, da etliche Diskussionspunkte bereits zu einem früheren Zeitpunkt hätten eingebracht und die erforderlichen Weiterentwicklungen auf den Weg gebracht werden können. In der derzeitigen Fassung sollte die Kompensationsverordnung nach Auffassung des NABU keinesfalls im März 2013 in Kraft treten.
Hintergrundinfos
Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) von 2009 brachte hinsichtlich der Eingriffsregelung einige begrüßenswerte Neuerungen, deren Intention insbesondere eine größere Einheitlichkeit bei der Umsetzung war. Besonders hervorzuheben sind dabei die Formulierung eines abweichungsfesten Grundsatzes der Reihenfolge Vermeidung – Kompensation und der Vorrang der Realkompensation vor Ersatzgeldzahlungen, eine Definition der zuvor unklaren Rechtsbegriffe Ausgleich und Ersatz sowie die Formulierung eines bundeseinheitlichen Rahmens für die Bevorratung von Kompensationsflächen und -maßnahmen.
Ermächtigungsgrundlage für eine bundeseinheitliche Regelung der Kompensation
Im Zuge der Föderalismusreform ging 2009/2010 auch der Naturschutz in die konkurrierende Gesetzgebung über. Mit Absatz 7 des § 15 im reformierten BNatSchG wird das BMU nun ermächtigt, im Einvernehmen mit dem BMELV und dem BMVBS durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Bisher hatte das BMU von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch gemacht, so dass sich Näheres zur Kompensation von Eingriffen nach dem jeweiligen Landesrecht richtet (soweit dieses nicht dem Inhalt des § 15 BNatSchG widerspricht). Gemäß Koalitionsvertrag wurde nunmehr aber ein Entwurf einer Kompensationsverordnung des Bundes erarbeitet, der auch Gegenstand des Zehn-Punkte-Plans von Umweltminister Altmaier war. Im Dezember2012 wurde eine Verbändeanhörung durchgeführt, im Anschluss erfolgte dann die Abstimmung mit den Bundesministerien (Ressortabstimmung). Am 24. April 2013 hat das Bundeskabinett den überarbeiteten Entwurf beschlossen. Damit dieser in Kraft treten kann, muss jedoch der Bundesrat noch zustimmen. Dieser wird sich voraussichtlich in seiner Sitzung am 8. Juni 2013 damit befassen.
Wesentliche Eckpunkte der geplanten Verordnung
- Am Grundsatz Vermeidung vor Ausgleich/Ersatz vor Ersatz in Geld wird nicht gerüttelt. Allerdings wird bei mast- und turmartigen Bauwerken davon ausgegangen, dass deren Auswirkungen auf das Landschaftsbild in der Regel nicht real kompensierbar sind, sondern direkt ein Ersatzgeld zu zahlen ist.
- Differenzierung zwischen besonders schwerwiegenden und weniger schwerwiegenden Eingriffen – für letztere soll es ein vereinfachtes Verfahren geben: Biotopbewertungsverfahren und Leitung in Ökokonten und Flächenpools im Naturraum, damit die Kompensation in naturschutzfachlich hochwertige Maßnahmen gelenkt wird und keine Zersplitterung stattfindet. Nach Ansicht des NABU darf das vereinfachte Verfahren jedoch nicht zum Regelfall werden, um den funktionsbezogenen Ausgleich nicht zu gefährden.
- Grundsätzliches Bekenntnis zu Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen als möglicher Ausgleich/Ersatz. Aus Sicht des NABU müssen diese sich jedoch deutlich von der guten fachlichen Praxis abheben, um anerkannt werden zu können.
- Förderung von Entsiegelungsmaßnahmen und multifunktionalem Ausgleich durch einen „Bonus“ bei der Berechnung des Kompensationsumfangs, sofern entsprechende Maßnahmen geplant sind.
Wesentliche Anforderungen an eine naturschutzgerechte Kompensation
- Die Energiewende darf nicht dazu führen, dass das bewährte Prinzip der Eingriffsregelung (Vermeidung vor Ausgleich vor Ersatz) aufgeweicht wird. Die Vermeidung von Eingriffen muss bei der Prüfung der Zulässigkeit von Vorhaben die höchste Priorität haben.
- Fachlich fundierte und abweichungsfeste Standards, die nicht aus politischen Gründen verwässert werden dürfen.
- Es ist sicherzustellen, dass laufend aktualisierte und öffentlich einsehbare Kompensationsflächenkataster vorgehalten werden.
- Betriebs- und produktionsintegrierte Kompensationsmaßnahmen (PIK) in der Landwirtschaft dürfen nur dann zugelassen werden, wenn ihre Wirksamkeit langfristig auf dauerhaft dafür festgelegten Flächen sichergestellt ist.
- Die fachliche Kontrolle der Kompensationsmaßnahmen muss verbessert und ihre effektive und dauerhaft gesicherte Umsetzung sichergestellt werden.