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Jetzt NABU-Mitglied werden!Es begann mit einer Insel
Der NABU feiert seinen 111. Geburtstag
Na, die Frau traut sich was. Als Lina Hähnle am 1. Februar 1899 den Vorsitz des frisch gegründeten Bundes für Vogelschutz (BfV) übernimmt, wird das in der Männerwelt mit einigem Stirnrunzeln zur Kenntnis genommen. Doch die Unternehmergattin findet sich rasch in die neue Rolle als Verbandschefin. Zu ihrer Motivation sagt Hähnle später, sie hätte „die rücksichtslose Ausbeutung der Natur einfach nicht mehr mit ansehen“ können.
In der stark zersplitterten Naturschutzszene wird sie zu einer wichtigen Integrationsfigur. Am Ende führt Lina Hähnle ganze 38 Jahre lang den Verband, aus dem später der NABU wird. Ziel ist es von Anfang an, mittels niedrigen Beiträgen eine mitgliederstarke Organisation zu schaffen.
Das ganze Spektrum
Schon früh bedient sich der Bund für Vogelschutz des gesamten Arsenals an Tätigkeiten, wie wir es auch heute kennen – von Vorträgen und Exkursionen, über praktische Naturschutzmaßnahmen und Flächenkauf bis zum intensiven Politik-Lobbying. So gelingt 1908 die Verschärfung des Reichs-Vogelschutzgesetzes, das nun endlich auch den bis dahin noch üblichen Vogelfang verbietet.
Ein erstes Schutzgebiet kann der BfV bereits im Gründungsjahr einrichten, nachdem ihm Lina Hähnles Heimatstadt Giengen eine kleine Insel an der Brenz überlässt. Wenige Jahre später erwirbt man die „Nachtigalleninsel“ im Neckar bei Lauffen und 1911 folgen erste Teilflächen am oberschwäbischen Federsee, der heute eines der größten NABU-Schutzgebiete ist. Zu den Reservaten des Verbandes gehörten damals auch inzwischen durch Weltkriegsfolgen verlorene Flächen wie Teile der Insel Hiddensee oder das „Biber-Schutzgebiet Behr“ bei Steckby, das später zur Keimzelle des Biosphärenreservats Mittlere Elbe wurde.
Nicht ohne Brüche
Natürlich verläuft die Entwicklung des Verbandes nicht ohne Brüche. Die Weltwirtschaftskrise hinterlässt ebenso Spuren wie die zwei Weltkriege. Im Dritten Reich macht man sich als „Reichsbund für Vogelschutz“ lieb Kind mit dem Regime. Dafür möchte man nach 1945 umso unpolitischer sein und verliert im Wirtschaftswunderland etwas den Anschluss. 1969 ist dann nicht nur das Jahr der Studentenrevolte, auch der nunmehrige Deutsche Bund für Vogelschutz (DBV) beginnt zögernd, sein Repertoire zu erweitern. Vor allem die Jugend sieht Naturschutz vermehrt als „politische Aufgabe“.
Aufschwung gibt es zunächst aber im klassischen Naturschutz. Auf der Ostseeinsel Fehmarn und am Rand der Lüneburger Heide entstehen das Wasservogelreservat Wallnau und die Umweltbildungsstätte Gut Sunder. Ab 1984 öffnet sich der Verband inhaltlich immer stärker und wenige Jahre später wird der Fall der Mauer zum Naturschutz-Glücksfall wie auch zum Motor der Verbandsentwicklung, so dass mit Hilfe des Naturschutzbundes der DDR 1990 der vereinte Naturschutzbund Deutschland entsteht.
Doppelter Feiergrund
Besonders begangen werden für gewöhnlich runde Geburtstage, 20 Jahre gesamtdeutscher NABU ist ein solcher. Doch der NABU will sich nicht jünger machen, als er ist – und auch eine Schnapszahl, eine dreistellige zumal, verdient gefeiert zu werden. Von den Vereinten Nationen zum „Jahr der Biodiversität“ ausgerufen, will der NABU 2010 zeigen, dass er nach 111 Jahren schlagkräftiger ist denn je. Dabei wird der NABU unter anderem ab Februar elf Monate lang besonders aktive „Naturschutzmacher“ vorstellen und am 16. Juni in Berlin ein buntes Geburtstagsfest feiern. Als großes Naturschutzprojekt steht die Renaturierung der Unteren Havel im Mittelpunkt des Jubiläumsjahres.
Helge May
„Uns droht die Verödung unserer Heimat!“
„Die Vögel vermindern sich in erschreckender Weise, fast alljährlich werden ihrer weniger. Nehme das ja niemand leicht, denn der Verlust trifft jeden von uns, nicht nur den Liebhaber und Tierfreund, nicht nur den Forstmann und Landwirt.
Mit den Vögeln würde Wald und Flur ihren Hauptreiz und ihr frischestes Leben verlieren. In den Vogelstimmen spricht die Natur in ihren lieblichsten und verständlichsten Lauten zu uns. Was wäre der Wald ohne Finkenschlag, das Feld ohne Lerchensang, die blühenden Hecken ohne die Grasmücke! Und welch’ ein Genuß, dem hoch in blauen Lüften streifenden Raubvogel mit dem Auge zu folgen, welch’ unvergeßlicher Augenblick, den wie aus buntesten Edelsteinen zusammengesetzten Eisvogel auf schwanker Gerte über dem rieselnden Bach sitzen zu sehen!
Auge und Ohr bieten die Vögel einen unerschöpflichen Reichtum der Ergötzung. Soll dieser Reichtum der bittersten Armut Platz machen?
Die Vögel sind das belebendste Element unserer Natur, sie sind Tagtiere, sie reden in entzückend melodischen Stimmen zu uns. Sie sind es, die aus der ganzen Natur zuerst das Interesse und die Liebe des Menschen zu erwecken im stande sind. Sie stehen dem Volk am nächsten, das zeigen die Volkslieder und Märchen. Und dazu kommt noch ihr bedeutender Nutzen.“
Aus dem Aufruf „An Alle und Jeden“ von 1906.