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Wie bewertet der NABU den Koalitionsvertrag?
6. November 2009 - Mit den Worten „Wachstum – Bildung – Zusammenhalt“ haben CDU, CSU und FDP ihren Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode des Bundestages überschrieben. Auf 124 Seiten haben die Regierungsparteien dabei ihre politischen Arbeitsziele für die nächsten Jahre festgehalten. Unterm Strich bleibt aber vielfach offen, wie die Koalition ihre Ziele tatsächlich erreichen will. Dies gilt im besonderen Maße auch für die geplante Umweltpolitik der Koalition.
Nur wenige einheitliche „rote Fäden“ ziehen sich durch den Vertrag. Dies gilt sicher für die Nähe zu Industrie und Wirtschaft, die sich in fast allen Politikfeldern niederschlägt, während Verbraucherschutz und die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern deutlich reduziert werden sollen. Deutlich wird dies auch an der Beschleunigung von Planungs- und Zulassungsverfahren. Ob beim Ausbau von neuen Energieleitungsnetzen, beim Ausbau der Verkehrsinfrastruktur, bei der Zulassung neuer Pflanzenschutzmittel – überall will die Koalition beschleunigen. Zu befürchten ist dabei, dass Beteiligungsmöglichkeiten und akzeptanzorientierte Planungsprozesse weiter eingeschränkt werden. Und dies, obwohl Deutschland die kürzesten Planungszeiten im europäischen Vergleich hat.
Konkret wird der Koalitionsvertrag vor allem dort, wo bestehende Regelungen geändert und zumeist wirtschaftsfreundlicher gestaltet werden sollen. Ob bei der angestrebten Kompensation für Belastungen aus der Lkw-Maut, der Ökosteuer oder dem Emissionshandel, dem Rückzug aus der Produzentenverantwortung in der Abfallpolitik oder einem der vielen anderen Punkte: überall werden bestehende Lenkungsinstrumente für die Entwicklung einer nachhaltigeren Wirtschaft aufgegeben.
Deutlich weniger klar werden die Vereinbarungen des Vertrages überall dort, wo es um eine eigene, gestaltende umweltpolitische Handschrift der Koalition geht. Hier wird in den nächsten vier Jahren in vielen Verhandlungen erarbeitet werden müssen, was tatsächlich politisch umgesetzt wird.
Wenig Lichtblicke für Naturschutz
NABU fordert deutliche Nachbesserungen am Koalitionsvertrag
23. Oktober 2009 - Anlässlich der abschließenden Beratungen von Schwarz-Gelb über den Entwurf des Koalitionsvertrages fordert der NABU deutliche Nachbesserungen in der Umweltpolitik. „Statt Innovationen beim Klima- und Naturschutz droht nun ein Aufguss alter Politikrezepte, mit dem Deutschland seine Zukunftschancen verspielt“, kritisierte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Dabei sind die geplante Aufhebung des Atomausstiegs und die Fixierung auf ein Atomendlager in Gorleben nur die Spitze des Eisbergs. So setzt die neue Bundesregierung auf neue Beton-Orgien beim Straßenbau, während der Schienenverkehr durch die Steuerfreiheit von Flugzeugbenzin weiter benachteiligt wird. Fehlanzeige auch bei ökologischen Anreizen für die Landwirtschaft: Die Koalitionäre reden ausschließlich über die industrielle Intensivierung der Landwirtschaft und die Agrogentechnik. „Selbst beim Klimaschutz bleibt es bei Lippenbekenntnissen ohne verbindliche Vorgaben“, sagte Tschimpke.
Besonders kritisch beurteilt der NABU die geplante Aufweichung der so genannten Eingriffsregelung im Naturschutzrecht. Denn künftig solle lediglich eine Ausgleichszahlung genügen, wenn durch eine neue Straße oder ein neues Bauwerk in die Natur eingegriffen wird. Die Verpflichtung, den Schaden durch konkrete Naturschutzmaßnahmen zu kompensieren, entfällt. „Damit begehen die Koalitionäre Verrat am Naturschutz“, so Tschimpke. Außerdem vermisst der NABU eine eindeutige Absage von Schwarz-Gelb an den ökologisch und wirtschaftlich unsinnigen Ausbau von Elbe, Donau und Havel. „Die neue Bundesregierung setzt einseitig auf freiwillige Maßnahmen von Unternehmen, Landwirten, Gebäudebesitzern und Konsumenten. Sie wird daher bei zentralen Zielen der Klima- und Umweltpolitik scheitern, wenn sie verbindliche Vorgaben zur Senkung des Energie- und Ressourcenverbrauchs sowie Nutzungspflichten für Erneuerbare Energien kategorisch ablehnt“, warnte Tschimpke.
Insgesamt gebe es umweltpolitisch nur wenige Lichtblicke im bisherigen Entwurf für das Regierungsprogramm, so der NABU-Präsident. Dazu zählten unter anderem die Sicherung weiterer 25.000 Hektar naturschutzfachlich bedeutsamer Flächen im „Nationalen Naturerbe“ und die Unterstützung für ein globales System von Meeresschutzgebieten. „Vor allem begrüßen wir, dass die Umsetzung der nationalen Strategie für den Erhalt der Biologischen Vielfalt mit Hilfe von zwei Bundesprogrammen gefördert werden soll. Damit wird endlich auch dem langjährigen Einsatz des NABU für eine Wiedervernetzung natürlicher Lebensräume durch Grünbrücken über Verkehrswege Rechnung getragen“, sagte Tschimpke. Positive Ansätze böten auch Pläne der künftigen Bundesregierung, den Ausstoß von gesundheits- und klimaschädlichen Rußpartikeln aus Kleinlastern und Schiffen zu reduzieren sowie den wachsenden Landschaftsverbrauch durch neue Baugebiete zu begrenzen.