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Jetzt NABU-Mitglied werden!Massensterben von Wildvögeln aufgeklärt
NABU empfiehlt, im Sommer keine Vögel zu füttern oder tränken
21. Juli 2009 -
Die Ursache für das seit Anfang Mai 2009 beobachtete massenhafte Sterben von Grünfinken steht fest: Verantwortlich ist der Einzeller „Trichomonas gallinae“, wie Veterinäre nun klinisch bestätigt haben. Nach NABU-Schätzungen sind deutschlandweit mehrere zehntausend Wildvögel an Trichomonaden verendet. Der NABU appelliert daher an Vogelfreunde, jetzt keine Gartenvögel zu füttern und Vogeltränken vorübergehend zu schließen, damit sich die Krankheit nicht weiter verbreitet.
„Dies ist das erste infektiöse Massensterben von Wildvögeln, das weite Bereiche der Bundesrepublik betrifft“, sagte NABU-Präsident Olaf Tschimpke. Die meist tödliche Krankheit betrifft nicht nur Grünfinken, sondern auch Buchfinken, Kernbeißer, Gimpel, teils auch Elstern, Haussperlinge, Amseln und weitere Arten. Die meisten Fälle wurden in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie in Berlin registriert, aber auch aus dem Saarland sowie aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern gibt es Hinweise, wie der NABU mit Hilfe der Bevölkerung herausfand. Mehr als 200 Hinweise auf kranke, sterbende oder tote Singvögel gingen nach einem NABU-Aufruf ein – sie betrafen weit über tausend Tiere.
Ingo Ludwichowski, NABU-Vogelexperte in Schleswig-Holstein, nimmt Meldungen weiter entgegen.
Ingo Ludwichowski
NABU Schleswig-Holstein
Tel. 04321-953073
Der Aufruf offenbarte bundesweit auch erhebliche Lücken in der Umweltüberwachung. So ist in vielen Fällen unklar, wer für das Monitoring von Krankheitserregern bei Wildvögeln verantwortlich ist. Einige staatliche Untersuchungsämter der Bundesländer lehnen derzeit eine klinische Untersuchung der Tiere aus Kostengründen ab. „Wir sehen hier eine erhebliche Regelungs- und Finanzierungslücke, die bundesweit dringend behoben werden muss“, sagte Schleswig-Holsteins NABU-Geschäftsführer Ingo Ludwichowski. In begründeten Verdachtsfällen muss es künftig möglich sein, auffälligen ungeklärten Krankheits- und auch Vergiftungserscheinungen in Wildtierpopulationen schnell und unbürokratisch nachzugehen.
Als Trichomonaden-Infektionsquelle kommt neben dem direkten Kontakt der Tiere untereinander vor allem Trinkwasser an Futterstellen in Frage, in dem der Erreger bis zu 24 Stunden überleben kann. An solchen Sammelpunkten der Vögel ist die Gefahr der Krankheitsübertragung besonders groß. Der NABU ruft daher dazu auf, Wildvögel im Sommer nicht zu füttern und Vogeltränken vorerst aus dem Garten zu entfernen.
Verdachtsfälle aus Regionen, in denen der Nachweis des Erregers bislang nicht gelang, sollten weiterhin über die Kreisveterinäre zur Untersuchung eingereicht werden. Meldungen über kranke und tote Singvögel nimmt der NABU zudem weiterhin auf seiner Internetseite www.gruenfinken.NABU-SH.de entgegen.
Warum sterben die Grünfinken?
150 Meldungen liegen vor / Erste Ergebnisse zum Grünfinkensterben
6. Juli 2009 - Es gibt einen deutlichen Schwerpunkt bei Verdachtsfällen in Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Nordrhein-Wetfalen. Betroffen sind aber auch Berlin, Sachsen und Sachsen-Anhalt und möglicherweise Hamburg. Aus Bayern gibt es bislang nur einen Beleg. Aus anderen Bundesländern erhielt der NABU Meldungen, die allerdings nichts mit Trichomonaden zu tun haben. Hier sind andere Todesursachen wahrscheinlich, wie Aufprall an Glasscheiben.
Es gab bereits im letzten Jahr Fälle (auch in Baden-Württemberg), jedoch insgesamt schwächer. Aus dem Jahr 2001 ist ein Massensterben von Grünfinken in Frankreich bekannt. Ob auch dort Trichomonas gallinae die Ursache war, ist bislang unbekannt.
Nicht nur Grünfinken sind betroffen
Entzündungen des Rachen und Schlundes, wie sie durch die Geißeltierchen hervorgerufen werden, sind hauptsächlich bei Grünfinken beobachtet worden. Es besteht aber der Verdacht, dass auch bei Elster, Buntspecht, Heckenbraunelle, Kleiber, Amsel mit gleichen Symptomen Trichomonas gallinae Ursache der Erkrankungen sind. Aus Nordrhein-Westfalen meldete ein Beringer, dass in diesem Jahr auch zwei Sperber-Bruten betroffen sind.
Was kann man dagegen tun?
Der größte Teil der eingegangenen Meldungen betrifft Fütterungen, doch es gibt auch Totfunde abseits. Wenn die Fütterung eingestellt wird, sinkt die Zahl der Funde toter Vögel. Doch liegt dies auch an der insgesamt geringeren Zahl der dortigen Vögel. Wahrscheinlich ist nicht das Füttern an sich das Problem, sondern eher die Tatsache, dass an Fütterungen wohl in der Regel auch Trinkgefäße stehen, in denen sich Trichomonas gallinae 24 Stunden überleben können. Der NABU hakt bei seinen Befragungen diesbezüglich noch einmal nach.
Wer Grünfinken-Sterben beobachtet, sollte das Füttern einstellen, auf das Tränken der Tiere verzichten oder zumindest die Trinkgefäße stündlich reinigen.
Rätselhaftes Grünfinkensterben
NABU will Ursachen vollständig klären / Befall mit Geißeltierchen?
29. Juni 2009 - Ein rätselhaftes Vogel-Sterben beunruhigt derzeit viele Menschen. Zunächst in Schleswig-Holstein, dann auch in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen fanden Vogelfreunde seit Anfang Mai immer öfter sterbende und tote Grünfinken an künstlichen Futterstellen. Jetzt liegen auch Funde aus Sachsen und Bayern vor, womit das Phänomen womöglich bundesweit auftritt. Der NABU will die Umstände des qualvollen Todes der Vögel dokumentieren und die Hintergründe gemeinsam mit Veterinären aufklären.
Zunächst wurden dem NABU vor allem tote Vögel aus Schleswig-Holstein gemeldet. An vielen Futterstellen, die Naturfreunde auch im Sommer betrieben, waren tote Grünfinken aufgefunden worden, ohne dass der Grund dafür ersichtlich war. Futterproben und tote Vögel gelangten schließlich auf Bitten des NABU an das Landeslabor in Neumünster, das die Tiere untersuchte.
Veterinäre gehen derzeit von einem Befall mit Trichomonas gallinae aus. Der Einzeller, ein kleines Geißeltierchen, wurde kürzlich in Nordrhein-Westfalen vom Staatlichen Veterinärmedizinischen Untersuchungsamt in Arnsberg bei Untersuchungen an toten Grünfinken nachgewiesen. 2008 konnten bereits Trichomonaden bei Grünfinken in Norwegen, Irland, England und Schottland bestätigt werden. Der Erreger verursacht Entzündungen des Rachen und Schlundes. Ähnliche Befunde können bei Singvögeln aber auch durch Salmonellen hervorgerufen werden. Es sind daher in jedem Fall weitergehende Untersuchungen zur Klärung der Veränderungen erforderlich. Wichtig ist die Einsendung frisch toter Vögel.
Erkrankte Tiere zeigen gelbliche Beläge auf der Schleimhaut des Schlundes und vereinzelt auch des Rachens. Der Schnabel ist verklebt. Häufig finden sich noch Körner im erweiterten Schlund. Die Tiere sind kurzatmig und wirken matt, apathisch und schlafen überdurchschnittlich viel. Ihr Gefieder ist meist stark aufgeplustert. In der Regel sterben die Tiere nach kurzer Krankheitsdauer an der Infektion. Andere Arten wie Buchfink, Gimpel, Stieglitz und Kernbeißer sind aktuell ebenfalls betroffen. Trichomonadosen sind ebenfalls von Tauben („gelber Knopf“), Hühnern und Greifvögeln bekannt. Sie sind hochgradig infektiös und übertragen sich rasch von einem Tier auf das andere. Für Menschen ist der Erreger dagegen harmlos.
Zur Aufklärung des Massensterbens von Grünfinken bittet der NABU die Bevölkerung um Mithilfe. Wer selbst tote Vögel gefunden hat, wird gebeten, dies dem NABU unter Beantwortung einiger Fragen zur Situation am Fundort umgehend über die Internetseite http://Gruenfinken.NABU-SH.de zu melden. Sterbende und frisch tote Finken, die unter ähnlichen Bedingungen gefunden wurden, sollten zum Nachweis des Erregers unverzüglich den Veterinärmedizinischen Untersuchungsämtern der Länder gebracht werden.
Für Rückfragen:
Ingo Ludwichowski
NABU Schleswig-Holstein
Tel. 04321-953073
Dr. Martin Peters
Staatliches veterinärmedizinisches Untersuchungsamt Arnsberg
Tel. 02931-809256
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