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Jetzt NABU-Mitglied werden!Schützenswerte Streuobstwiesen
Streuobstwiesen bieten Schutz für seltene Tierarten
April 2009 - Streuobstwiesen im Albvorland und Mittleren Remstal (BW) werden durch das Finanzierungsprogramm EU-LIFE unterstützt. So sollen die die größten Streuobstbestände Europas erhalten bleiben und vor Bebauung geschützt werden. Denn gerade diese seltenen Naturräume beheimaten viele Vogelarten.
„Baden-Württemberg besitzt die größten Streuobstbestände Europas und damit eine europaweit herausragende Verantwortung für diesen Lebensraum. Wir haben daher den EU-LIFE-Antrag in Brüssel unterstützt. Jetzt geht es auch darum, zwei zentrale Aspekte für den Schutz der Vogelarten stärker als bisher in den Fokus des Projektes und der Landespolitik zu stellen: Die naturverträgliche Nutzung der Wiesen und Bäume - beispielsweise ohne Einsatz synthetischer Pestizide und Düngemittel - sowie die Hochstämmigkeit der Obstbäume. Untersuchungen aus anderen Bundesländern belegen, dass Spechte ihre Höhlen nicht in Halbstämme, sondern nur in Hochstämme zimmern“, so Dr. Markus Rösler, Sprecher des NABU-Bundesfachausschuss Streuobst.
Baumann fordert die Landesregierung vor dem Hintergrund des dramatischen Rückganges der Streuobstwiesen auf, konsequenter als bisher die Bebauung von Streuobstwiesen zu verhindern: „Eine mangelhafte Pflege der Bäume ist ein Grund zu Sorge. Aber wenn wie in Hunderten von Fällen im Land Streuobstwiesen in Flächennutzungsplänen zur Bebauung vorgesehen sind, fragt man sich schon, wie ernst die Ankündigungen von Minister Hauk zur Erhaltung der Streuobstwiesen gemeint sind.“
Nach Aussagen von Rösler erfüllt das Maßnahmenpaket „Streuobstwiesen in Baden-Württemberg“ des MLR derzeit „keine nationalen geschweige denn internationale Anforderungen. Da hoffen wir auf sehr grundlegende Nachbesserungen insbesondere bei der Streuobst-Aufpreisvermarktung und damit fairen Preisen für die Bewirtschafter.“ Nach Angaben von Rösler fehlen zudem die Einbeziehungen von Erfahrungen aus anderen Ländern wie beispielsweise die erfolgreiche touristische Vermarktung des österreichischen Mostviertels oder der „Route du Cidre“ im Grenzgebiet von Luxemburg und dem Saarland.
Baumann und Rösler kündigen für den NABU im EU-LIFE-Projekt eine konstruktive Rolle an: Wir wollen, dass das Projekt zu einer Erfolgsgeschichte weit über Baden-Württemberg hinaus wird.“
(*) Hintergrund - Chronologie:
1975 prägte der Ornithologe Bruno Ulrich in einer Publikation über die Bedeutung der Streuobstwiesen für Vogelarten wie Rotkopfwürger, Neuntöter und Steinkauz im heutigen EU-LIFE-Projektgebiet den Begriff der „Streuobstwiese“.
Am 2.4.1979 erlässt die EU die Vogelschutzrichtlinie 79/409/EWG. In dieser werden die Mitgliedsstaaten für gefährdete Vogelarten verpflichtet, „besondere Schutzmaßnahmen hinsichtlich der Lebensräume anzuwenden, um ihr Überleben und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen . und insbesondere zahlen- und flächenmäßig geeignete Gebiete zu Schutzgebieten zu erklären.“
1988 wählte der NABU den Wendehals als Leitart der Streuobstwiesen zum „Vogel des Jahres“ und führte zur Unterstützung von Vermarktungsaktivitäten das „NABU-Qualitätszeichen für Streuobstprodukte ein“.
1989 benannte der Internationale Rat für Vogelschutz als Vorgängerorganisation von BirdLife International auf Zuarbeit von Bruno Ulrich und des NABU die Streuobstwiesen im Albvorland als „Important Bird Area“ (IBA). Der NABU als - einziger - nationaler Partner von Birdlife International forderte seither die Meldung der Streuobstwiesen im Albvorland durch das Land Baden-Württemberg als EU-rechtlich geschütztes Vogelschutzgebiet („Special protected area“ - SPA).
Ab 1992 förderte die Stiftung Naturschutzfonds Baden-Württemberg das Projekt „Lebensgemeinschaft Streuobstwiese im Albvorland“ zur Entwicklung des IBA-Gebietes. Dazu gehörte auch die Publikation der 2. ergänzten Auflage der Diplom-Arbeit von Markus Rösler über Streuobstwiesen in Bad Boll 1996 (erhältlich im NABU-Streuobstmaterialversand).
1993 führt der NABU-Bundesfachausschuss Streuobst in der Ev. Akademie Bad Boll die erste bundesweite Streuobst-Tagung „Vielfalt in aller Munde“ durch.
Im März 2001 meldet Baden-Württemberg eine „1.Tranche“ von EU-Vogelschutzgebieten nach Brüssel. Ab 2001 läuft - auch aufgrund von Beschwerden des NABU - ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Nicht-Umsetzung der EU-Vogelschutzrichtlinie. Die erste Meldung von Vogelschutzgebieten nach Brüssel sei ungenügend. Auch das Land Baden-Württemberg erfüllt die Kriterien der EU-Richtlinie mit der Meldung von EU-Vogelschutzgebieten in seiner 1. Tranche nicht. Ein Kritikpunkt der EU: „Auf die Ausweisung des Streuobstgebietes Vorland der Mittleren Schwäbischen Alb wird verzichtet“. Dies, obwohl diese Streuobstwiesen als Dichtezentren des Halsbandschnäppers und anderer wertgebender Vogelarten gelten.
2007 meldete das Land Baden-Württemberg in einer „2. Tranche“ die Streuobstwiesen von Voralb und Remstal verbindlich als großes EU-Vogelschutzgebiet (SPA) offiziell nach Brüssel. Erst 28 Jahre nach Inkraft-Treten der Richtlinie und 18 Jahre nach der IBA-Meldung und NABU-Forderungen erfüllt Baden-Württemberg damit die Kriterien für die Meldung von EU-Vogelschutzgebieten. 2008 bewilligt die EU das EU-LIFE-Projekt „Vogelschutz in Streuobstwiesen des Mittleren Albvorlands und des Mittleren Remstales“ mit 2,6 Millionen Euro - Gesamtumfang 5,2 Millionen Euro.