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Jetzt NABU-Mitglied werden!Bienengift darf nicht wieder zugelassen werden
Bundesbehörde ignoriert Vorsorgeprinzip bei Pestizidprüfung
25. Juni 2008: Die Schäden durch das Mais-Beizmittel "Poncho" der Bayer AG an nach offiziellen Angaben rund 11.500 Honigbienenvölkern in Baden-Württemberg sind noch nicht verheilt. Keiner kennt die Zahl der zusätzlich vergifteten Wildinsekten und über die Langzeitfolgen des Nervengifts weiß man wenig. Trotzdem hat das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) vier ebenso wie Poncho das Insektizid Clothianidin enthaltende Raps-Beizmittel - Antarc, Chinook, Cruiser OSR und Elado - jetzt wieder zugelassen. Für Poncho dagegen ruht die Zulassung zunächst weiter.
Das BVL begründet die Wiederzulassung damit, dass die Insektizide nun mit einem zusätzlichen Haftmittel ans Rapskorn gebunden werden müssten, "so dass ein Abreiben des Pflanzenschutzmittels vom Saatgut vermieden wird". Beim Mais hatte dieser Abrieb dazu geführt, dass Giftstäube in die Umwelt gelangten und beispielsweise auf Raps-, Löwenzahn- und Obstblüten von Bienen aufgenommen wurden. Als Schadenersatz wird Bayer den betroffenen Imkern insgesamt zwei Millionen Euro zur Verfügung stellen.
"Angesichts der zahlreichen immer noch bestehenden Wissenslücken ist die Wiederzulassung von Clothianidin-Beizmitteln unverantwortlich. Wenn nun das Gift wieder ausgebracht werden darf, dürfte das nächste Massensterben nur eine Frage der Zeit sein", warnt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller. Der NABU hatte das BVL bereits 2004 aufgefordert, das ebenfalls zu den Nervengiften zählende Mittel Gaucho (Wirkstoff Imidacloprid) in Deutschland zu verbieten. Auch dieses Gift steht im Verdacht, für Bienen und andere Insekten giftig zu sein. Im Gegensatz zu Deutschland hatte Frankreich unmittelbar danach rasch umfangreiche Auflagen und Anwendungsverbote zum Schutz der Bienen verhängt.
"Wir fordern das BVL auf, den Schutz der Bienen und anderer Blütenbestäuber als elementare Grundlage für Landwirtschaft und Artenvielfalt deutlich sorgfältiger zu prüfen. Eine Bundesbehörde darf auch vor dem massiven Lobbydruck der Herstellerfirma nicht einknicken, sondern muss das Vorsorgeprinzip ernst nehmen", so Miller.
Für Rückfragen:
Florian Schöne
NABU-Agrarexperte
Tel. 030-28 49 84-16 15
Bienensterben auch in Schutzgebieten
NABU fordert Soforthilfe des Landes für geschädigte Natur
17. Juni 2008: Bis zu 27.000 Hektar Natura-2000-Schutzgebiete könnten durch die giftige Maisbeize "Poncho Pro" geschädigt worden sein. Die potenziell betroffenen Gebiete hat der NABU Baden-Württemberg jetzt in einer Übersichtskarte veröffentlicht. Weiteren Forschungsbedarf sieht der NABU vor allem in der Frage, ob und wie sich das Gift in der Nahrungskette anreichert und welche indirekten Schäden somit auftreten. "Die Karte verdeutlicht, dass das katastrophale Sterben der Honigbiene leider nur die Spitze des Eisbergs war", erklärt der NABU-Landesvorsitzende Dr. Andre Baumann.
Massenhaft Wildbienen durch Giftbeize getötet
Bienensterben trifft Natur am Rückgrat / Schwere Folgen für Artenvielfalt
5. Juni 2008: Badische Imker meldeten Anfang Mai massive Zusammenbrüche ihrer Bienenvölker trotz der ortstypisch besonders milden und bienenfreundlichen Witterung. In einem Brief an den Landwirtschaftsminister von Baden-Württemberg wurde die Vermutung geäußert, dass das mit dem Nervengift Clothianidin gebeizte Mais-Saatgut für das Sterben der Bienenvölker verantwortlich sei. Inzwischen ist der Zusammenhang zwischen Maisaussaat und dem Bienensterben durch das Landwirtschaftliche Technologiezentrum Augustenberg und durch das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit erwiesen. Kleiner Erfolg für Bienen und Imker: Der Bund hat die Zulassung für das Beizmittel ausgesetzt und die Aussaat von gebeiztem Mais mit pneumatischen Sägeräten verboten. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt der diesjährige Mais bereits ausgesät.
Massenhaft Bienen sind bereits gestorben. Und dies bleibt nicht ohne Auswirkungen. Große Verluste sind durch den Ausfall der Bestäubungsleistung zu erwarten. Der NABU rechnet vor, dass neben der Honigbiene in Baden-Württemberg 460 Arten von Wildbienen vorkommen, davon mindestens 80 Prozent in der Rheinebene. Diese Tiere erbringen als Pflanzenbestäuber unschätzbare Leistungen für den Naturhaushalt sowie für landwirtschaftliche Kulturen.
Der NABU Baden-Württemberg fordert Schadensersatz vom Land für die Imkerei und einen Entschädigungsfonds zum Ausgleich der Schäden an der biologischen Vielfalt, die im Zuge des Bienensterbens am Oberrhein entstanden sind. "Wir müssen davon ausgehen, dass massenhaft Wildbienen, Schmetterlinge und eventuell auch Vögel durch die Giftbeize getötet und Naturschutzgebiete sowie streng geschützte Arten massiv geschädigt wurden. Das wäre illegal und schadensersatzpflichtig", erklärt NABU-Landeschef Dr. Andre Baumann. "Das Bienensterben ist eine Katastrophe. Denn Insekten sind das Rückgrat der biologischen Vielfalt. Wenn dieses Rückgrat bricht, werden Pflanzen nicht mehr bestäubt und zahlreiche Vögel sowie andere Tiere finden keine Nahrung mehr."
Der NABU hat das Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz Singen beauftragt, in den geschädigten Gebieten die Folgen der Vergiftung für die heimischen Wildtiere zu untersuchen. Auch NABU-Aktive dokumentieren die Auswirkungen der Maisbeizung.
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