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Jetzt NABU-Mitglied werden!Überflüssige Klimakiller
Heizpilze blasen große Mengen Kohlendioxid in die Atmosphäre
von Werner Girgert
Die mediterrane Lebensweise gewinnt in Deutschland immer mehr Anhänger. Zum neu erwachten Lebensgefühl gehört es, die Freizeit möglichst ganzjährig unter freiem Himmel zu verbringen. Wärmepilze vor Kneipen und Gaststätten machen es möglich. Doch die Geräte sind wahre Giftpilze für die Umwelt.
Herbstzeit ist Pilzzeit. Und das nicht nur in deutschen Wäldern. In raschem Tempo breitet sich die Spezies Wärmepilz in den Herbst- und Wintermonaten vor Kneipen, Cafés und Restaurants aus. Zusätzlich angefacht wird der Trend zum Heizstrahler für die Außengastronomie durch das Rauchverbot in Gaststätten. Seit in Seit in Niedersachsen, Baden-Württemberg und Hessen in Kneipen und Restaurants nicht mehr geraucht werden darf, heizen immer mehr Wirte die Außenluft auf Zimmertemperatur, um die ins Freie verbannten Raucher bei Laune zu halten.
Umweltschützer haben die mit Propangas betriebenen Heizgeräte längst als Klimakiller entlarvt und befürchten, dass ihre Zahl weiter steigt, da seit Jahresbeginn weitere Bundesländer das Rauchen in den Kneipen verboten haben. Schon bei mittlerer Betriebstemperatur blasen die Wärmepilze stündlich rund zwei Kilogramm umweltschädliches Kohlendioxid in die Luft, bei maximaler Leistung bis zu dreieinhalb Kilogramm.
Klimaschädlich wie ein Pkw
Bei einer durchschnittlichen Betriebsdauer von 36 Stunden in der Woche sind das rund vier Tonnen Kohlendioxid im Jahr, wie die Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus in einem Verbotsantrag vorrechnen. Das entspricht dem durchschnittlichen Jahresausstoß eines Personenwagens bei einer Fahrleistung von etwa 25.000 Kilometern. Rund 5.000 Heizstrahler wollen die Grünen allein in Berlin gezählt haben.
Auch in anderen Kommunen haben Politik und Verwaltung das Problem der klimaschädlichen Freiluftheizungen inzwischen erkannt. Landauf und landab tobt der Streit um die Heizpilze. Die Städte Köln und Stuttgart haben bereits erste Einschränkungen erlassen. In Köln sind die Geräte am Rheingarten und an den Ringstraßen rund um die Altstadt verboten, in Stuttgart dürfen sie in der Innenstadt laut ursprünglichem Ratsbeschluss nur noch von April bis Oktober ab 20 Uhr eingesetzt werden. Auf Druck der Stuttgarter Gastronomie, die unter dem Rauchverbot leidet, will die Stadt das Verbot jedoch wieder aufweichen. Nur noch rund um die Denkmäler sollen die Heizpilze in den Wintermonaten tabu bleiben. In Marburg und Tübingen denkt man dagegen wie in Berlin über weiter gehende Verbote nach, während die Grünen im Düsseldorfer Rathaus vorerst auf den Dialog mit den Wirten in der Altstadt setzen.
Appelle oder Verbote?
Als "energetischen Unsinn" bezeichnet Marburgs grüner Bürgermeister Franz Kahle die Außenheizungen, die heute schon ab 100 Euro im Handel erhältlich sind. Anders als seine Düsseldorfer Kollegen geht er davon aus, dass Appelle an das ökologische Bewusstsein allein nicht helfen, wenn sich unter den Wirten aufgrund des seit Oktober 2007 in Hessen geltenden Rauchverbots in Gaststätten die Angst vor Umsatzeinbußen breit macht.
Gerhard Boucsein, stellvertretender Präsident des Hessischen Hotel- und Gaststättenverbandes, scheint Kahles Befürchtungen zu bestätigen. Boucsein spricht angesichts des verstärkten Einsatzes der Außenheizungen von einer "reinen Notlösung", um die Raucher nicht als Gäste zu verlieren. Den Wirten und Restaurantbetreibern seien die klimaschädlichen Folgen zunächst nicht bewusst gewesen. Besonders betroffen von der neuen Gesetzeslage sind Wirte, die nur über einen Gastraum verfügen und keinen separaten Raucherraum einrichten können. Wenn sie entscheiden könnten, ob sie ihre Betriebe als Raucher- oder Nichtraucher-Kneipen führen wollen, erledige sich das Problem mit den Wärmepilzen von selbst, zeigt sich Boucsein optimistisch.
Juristisch schwer zu packen
NABU-Referent Dietmar Oeliger rät den Gastronomiebetrieben stattdessen, ihre Kunden mit warmen Kissen und Decken zu versorgen, wenn sie unbedingt im Winter draußen sitzen wollen. Für Oeliger ist die Verbreitung der Heizpilze "ein anschauliches Beispiel dafür, dass Entwicklungen leider allzu oft nicht auf ihre Folgen für die Umwelt überprüft werden". Der NABU lehnt die Heizpilze wegen ihres Schadstoffausstoßes kategorisch ab.
Die Kommunen verfügen allerdings nur über ein eng begrenztes Instrumentarium, um gegen die Heizstrahler vorzugehen. Das Denkmalrecht eigne sich nur dann als Verbotsgrundlage, wenn es sich um dauerhafte Verunstaltungen des historischen Stadtbildes handelt, erläutert der Marburger Bürgermeister. Das trifft auf die mobilen und oft nicht das ganze Jahr über installierten Geräte jedoch nicht zu. Auch die Sondernutzungssatzung für öffentliche Straßen bietet den Städten lediglich eine begrenzte Handhabe. Denn damit lassen sich die Heizpilze nur dann verbieten, wenn sie auf Straßen oder Plätzen stehen. Stellt der Wirt seine Geräte auf die Terrasse oder in seinen Biergarten, kann die Stadt dagegen ebenso wenig ausrichten, wie bei Privatleuten, die Heizpilze in ihrem Garten aufstellen.
Deshalb soll in Marburg das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung bemüht werden, um den Pilzen einzuheizen. Denn damit könnte sowohl ihr Einsatz auf öffentlichen Flächen als auch im privaten Vorgarten untersagt werden, hofft der grüne Bürgermeister. Ausnahmen soll es dann nur noch für Weihnachtsmärkte und Festzelte geben.