In diesen Zeiten schöpfen wir besonders viel Kraft in der Natur. Werden Sie NABU-Mitglied und helfen Sie mit, damit wir die Natur auch in Zukunft genießen können.
Jetzt NABU-Mitglied werden!Explodierende Kröten in Hamburg
Tausend Tiere in Hamburg verendet - sind Viren oder Krähen schuld?
28. April 2005 - Spätestens seit Olli Dittrich alias Dittsche am Sonntagabend in seiner wöchentlichen Satire "Das wahre Leben" über die "Torpedokröten" fabulierte, sind sie in aller Munde. Die Nachrichtenagenturen berichten und selbst aus Kanada und Neuseeland erreichen den NABU Anfragen. Der Hintergrund: Auf ungewöhnliche und grausame Art sind an einem Teich in Hamburg rund tausend Erdkröten umgekommen: Die Tiere blähten sich auf das Dreifache ihres Normalumfangs auf und explodierten dann förmlich.
Bereits Anfang April hatten Spaziergänger unzählige tote Erdkröten an einem Regenrückhaltebecken im Stadtteil Altona entdeckt und daraufhin Werner Smolnik vom örtlichen NABU alarmiert. Als Smolnik sich den Schauplatz im Volkspark zusammen mit Behörden-Experten näher ansah, war das Krötensterben noch in vollem Gange. "Wir sahen Tiere, die an Land gekrochen kamen, sich innerhalb zehn Minuten gewaltig aufblähten und schließlich platzten", berichtet Werner Smolnik. "Es war ein Bild wie in einem Science-Fiction-Film."
Erklärungsversuche, was die Kröten zur Explosion brachte, gibt es inzwischen zahlreiche. Gemeinsam ist ihnen nur, dass bisher nichts sicher bewiesen werden konnte. Werner Smolnik selbst vermutet eine seltene Pilzerkrankung. Von der nahe gelegenen Trabrennbahn führt ein kleiner Zufluss in das Rückhaltebecken - möglich, dass aus dem Ausland eingeführte Pferde die Pilzsporen mitbrachten. In Südamerika soll es bereits ähnliche Vorkommnisse gegeben haben. Untersuchungen weisen aber bisher weder an den Kröten noch im Wasser solche Pilze oder andere Krankheitserreger nach. Auch ist das Teichwasser nicht übermäßig mit Umweltgiften wie Schwermetallen oder Pestiziden belastet.
Eine andere Theorie besagt, Krähen oder andere Vögel hätten die an Land bekanntlich nicht sehr flinken Kröten attackiert. Die Vögel hätten es dabei aber nur auf die leckere Krötenleber abgesehen, so dass viele verletzte Kröten noch ins Wasser geflüchtet seien. Dann habe entweder eindringendes Wasser die Kröten anschwellen lassen oder das Aufblähen sei eine Panik- und Abwehrreaktion. Tatsächlich wiesen vom Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt obduzierte Kröten einen Einschnitt auf und die Innereien fehlten weitgehend. Ob nun wegen einer Krähenattacke oder durch die Explosion bedingt, bleibt ungeklärt. Werner Smolnik zumindest ist davon nicht ganz überzeugt, denn Krähen ist er am Rückhaltebecken nicht begegnet. Für weiterführende Gewebeuntersuchungen wurden die Krötenkadaver nun Spezialisten übergeben.
Was immer die Ursache für das Krötensterben ist, Sorgen um ihre eigene Gesundheit müssen sich die Hamburger wohl nicht machen. "Dittsches" Vorsichtsmaßnahme jedenfalls - er hatte aus Angst vor möglicherweise in der Abwasserleitung explodierenden Kröten seine Toilette versiegelt und sich damit ausgesperrt - war wie üblich reichlich übertrieben. Und auch für die Erdkröten selbst scheint die Gefahr vorbei zu sein. Im Altonaer Rückhaltebecken tummeln sich inzwischen wieder einige quicklebendige Tiere. (elg)
Ergänzung: Die jetzt vorliegenden medizinischen Befunde deuten stark auf Krähen oder Möwen als Verursacher des Krötensterbens hin. Es sei "möglich und wahrscheinlich", dass Vögel die Kröten "gezielt angepickt" hätten, um die Leber zu verspeisen, so das Bezirksamt Altona. Der hinzugezogene Berliner Tierarzt Frank Mutschmann erklärte, die Krötenlungen hätten sich nach Entnahme der Leber im "barrierefreien" Körperinnenraum enorm ausdehen können. Über die Wunde in der Außenhaut sei der Druck entwichen und so die Gefäße explosionsartig geplatzt.
Immer wieder finden Amphibienschützer bei ihren Einsätzen tote und angefressene Erdkröten, Gras- und Moorfrösche sowie stellenweise auch Molche. Oft sind die Tiere stark verstümmelt, es fehlen die Gliedmaßen, die Haut ist auseinandergerissen oder einem Handschuh gleich umgestülpt. Mehr →