Kümmern wir uns gemeinsam darum, die faszinierende Vielfalt in unseren letzten lebendigen Wäldern zu bewahren.
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Warum ein neues starkes Bundeswaldgesetz überfällig ist
Vitale Wälder mit ihren unbezahlbaren Ökosystemleistungen sind Teil unserer natürlichen Lebensgrundlage. Sie sind für die Anpassung unserer Gesellschaft an den Klimawandel, für den Klimaschutz und als Basis einer nachhaltigen Wirtschaft von herausragender Bedeutung für die heutige und die kommenden Generationen.
Das geltende Bundeswaldgesetz (BWaldG) wurde 1975 verabschiedet. Es kennt keine Klimakrise, ist blind für das Artensterben und hat keine Antworten auf die Herausforderung einer zunehmend hohen Holznachfrage. Es bietet keinen bundeseinheitlichen rechtlichen Rahmen, der den Walderhalt und eine naturverträgliche Bewirtschaftung langfristig sichert, in dem er Mindeststandards für die Waldbewirtschaftung definiert, die forstliche Förderung effizient ordnet und das Waldmanagement auf die Grundlage zeitgemäßer Umweltinformationen stellt.
Um den heutigen drängenden Anforderungen gerecht zu werden und bereits seit Jahrzehnten bekannte Regelungslücken des Bundesnaturschutzgesetzes zu schließen, muss das BWaldG von 1975 vollständig novelliert werden.
Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats Waldpolitik der Bundesregierung
Auch der Wissenschaftliche Beirat Waldpolitik der Bundesregierung sowie der Sachverständigenrat für Umweltfragen empfehlen eine Novelle. Im Zusammenspiel von Ordnungsrahmen (BWaldG), Förderprogrammen, Informationsangeboten und Privatwirtschaft soll so eine „anpassungsfähige Governance zum Erhalt resilienter Wälder und ihrer Ökosystemleistungen in Zeiten des globalen Wandels“ entstehen.
Das Fundament der anpassungsfähigen forstlichen Governance bilden die zwingend erforderlichen, sanktionsbewährten rechtlichen Mindeststandards der Waldbewirtschaftung, die sich aus der Gemeinwohlverpflichtung des Eigentums ergeben.
Wissenschaftlicher Beirat für Waldpolitik (WBW), 2021
Empfehlung des Sachverständigenrats für Umweltfragen
„Grundpflichten der guten fachlichen Praxis [sollen] in das Gesetz aufgenommen werden mit obligatorischen ökologischen Mindestanforderungen an alle Waldbesitzenden. Diese Pflichten sollten unter anderem ein Kahlschlagverbot, Vorgaben zum Totholzanteil, den Vorrang von Naturverjüngung und den Bodenschutz umfassen sowie Maßnahmen zum Schutz des Landschaftswasserhaushalts. Die ökologischen Funktionen von Wäldern sollten gegenüber der holzwirtschaftlichen Nutzung aufgewertet werden. Darüber hinaus ist es notwendig, den Umbau zu klimaresilienten Wäldern zu organisieren, die Kohlenstoffleistung der Wälder zu erhalten und nach Möglichkeit zu mehren sowie besondere ökologische Leistungen verlässlich zu honorieren. Für die Bewirtschaftung der Wälder in öffentlicher Hand sollte eine Vorbildfunktion in das Gesetz aufgenommen und für die nötige Finanzierung Sorge getragen werden.“
Zur Quelle: Kurzstellungnahme des SRU zu den Eckpunkten der Nationalen Biomassestrategie
Ampel-Gesetzentwurf zu schwach
Die Debatte um eine umfassende Waldgesetznovelle ist bereits mehr als 20 Jahre alt. Mit dem Koalitionsvertrag 2021 verpflichteten sich SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in der Bundesregierung dazu, eine Novelle des BWaldG endlich auf den Weg zu bringen.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) strebte zunächst eine umfassende Reform des 50 Jahre alten Gesetzes an. Ein noch unausgereifter, aber vielversprechender Referentenentwurf wurde Ende 2023 öffentlich. Nach massivem Druck von Lobbygruppen aus der Forst- und Holzbranche, Widerstand der FDP und fortgesetztem unkonstruktiven Regierungsstreit wurde dieser Entwurf für eine Vollnovelle wieder verworfen. 2024 legte das BMEL lediglich den Entwurf für ein im Anspruch begrenztes Änderungsgesetz vor. Der NABU kritisierte diesen wenig ambitionierten Vorschlag als nicht problemgerecht.
Kritik am letzten Referentenentwurf (2024)
Der Referentenentwurf, der im Dezember 2023 erstmals öffentlich wurde, wurde von Umweltverbänden als vielversprechend, aber noch unausgereift bewertet.
In der endgültigen Fassung von 2024 wurden wesentliche Verbesserungen durch Lobbydruck und politische Blockaden verwässert. Die wichtigsten Kritikpunkte umfassen:
- Unzureichende Rechtsverbindlichkeit: Viele der im Entwurf formulierten Zielsetzungen sind zu vage und bieten keinen klaren rechtlichen Rahmen für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung.
- Lückenhafte Umsetzung von Klimaschutz- und Biodiversitätszielen: Die geplanten Maßnahmen zur Stärkung der Waldbestände gegen die Klimakrise und zum Schutz der Biodiversität wurden durch Schlupflöcher in der Formulierung weitgehend entwertet.
- Schwache Regelungen zu Schädigungen des Waldes: Praktiken wie Kahlschläge und Bodenverdichtung, die langfristige Schäden verursachen, bleiben weiterhin in großen Teilen erlaubt.
Der NABU und andere Umweltorganisationen fordern daher dringend eine Überarbeitung des Entwurfs, um die Wälder zu retten und zukunftsfähig zu machen.
Der NABU beteiligte sich an der Debatte um ein neues BWaldG intensiv und konstruktiv. Zusammen mit den Umweltverbänden Deutscher Naturschutzring, Deutsche Umwelthilfe und WWF zeigten wir ganz konkret, wie das Bundeswaldgesetz konkret ausgestaltet werden könnte, um den heutigen Anforderungen an Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Im Oktober 2023 legten die Verbände der Bundesregierung einen vollständig ausformulierten Vorschlag für ein neues starkes BWaldG vor.
Gemäß dem Vorschlag der Umweltverbände würde das neue Bundeswaldgesetz den Erhalt und die Stärkung des Ökosystems Wald ins Zentrum rücken. Die natürliche Widerstandskraft und Anpassungsfähigkeit der deutschen Wälder gegen Klimafolgen würden gestärkt. Wichtige Funktionen des Waldes, wie etwa die Versorgung mit sauberem Wasser und reiner Luft, der Schutz vor Erosion und Fluten sowie seine Funktion als Kohlenstoffspeicher, Naherholungsort und Lebensraum unzähliger Arten würden aufgewertet und gesichert.
Insbesondere der zu schwammige Begriff der „guten fachlichen Praxis“ würde durch bundeseinheitliche Vorschriften für eine ordnungsgemäße forstliche Praxis ersetzt.
Zeitgemäße, konkrete und rechtssicher formulierte Anforderungen für die private und öffentliche Waldbewirtschaftung genauso wie unmissverständliche Regelungen für den Vollzug des Gesetzes ermöglichten es, die erklärten Ziele erwünschter und guter Zustände des Waldes auch zu erreichen. Die forstliche Waldbewirtschaftung würde so mit der durch das Grundgesetz vorgegebenen Pflicht zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen befriedet und ein zukunftsfähiges Waldmanagement ermöglicht.
Bruch der Ampel: Novelle liegt auf Eis
Mit dem Bruch der Ampel-Koalition 2024 scheiterte das Vorhaben schließlich ein weiteres Mal.
Der NABU kritisiert die somit verlorene Zeit und das fortgesetzte Missmanagement unserer Wälder und fordert von der neuen Regierung die Modernisierung des Gesetzes mit hoher Priorität wieder aufzunehmen.
Letzte Aktualisierung 12/2024
Kern-Forderungen für ein zeitgemäßes Bundeswaldgesetz
- Dreistufiges Anforderungsniveau für die Waldbewirtschaftung: Rechtlich bindende Mindeststandards sollen für alle Waldbesitzenden gelten. Um der besonderen Gemeinwohlverpflichtung Rechnung zu tragen, sollen für Wälder der öffentlichen Hand gehobene Anforderungen an die nachhaltige Bewirtschaftung gelten. Zudem müssen Wälder in Schutzgebieten wie Natura-2000-Gebieten zusätzlich geschont und bewahrt werden.
- Verbot schwer waldschädigender Praktiken: Entwässerung von Wäldern, flächige Befahrung und Kahlschläge sollen aus der Waldbewirtschaftung ausgeschlossen werden.
- Förderung nur noch für nachhaltige Waldbewirtschaftung: Staatliche Fördermittel sollen ausschließlich für Waldbewirtschaftungsmethoden zur Verfügung stehen, die den Wald stabilisieren, die ökosystemare Stabilität stärken und den Klimaschutz unterstützen.
- Nutzung natürlicher Prozesse: Natürliche Prozesse wie Naturverjüngung soll gefördert werden. Kostspielige und risikoreiche Eingriffe wie eine flächige Aufforstung mit gebietsfremden Baumarten beschränkt werden.
- Aus- und Weiterbildungsangebote: Waldbesitzende sollen durch kostenlose Beratung und gestaffelte Anforderungen zur Sachkunde in die Lage versetzt werden, nachhaltige Bewirtschaftungsmethoden umzusetzen.
- Verbessertes Monitoring: Der Einsatz von modernen Technologien, wie der Fernerkundung und der systematischen Erfassung der Waldbiodiversität, soll das Monitoring der Wälder und ihrer Nutzung verbessern.
- Sanktionen: Bei absichtlichen oder schwerwiegenden Verstößen gegen geltendes Recht müssen schärfere Sanktionen greifen. Die Schädigung von Waldökosystemen darf sich nicht mehr lohnen.
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