Kümmern wir uns gemeinsam darum, die faszinierende Vielfalt in unseren letzten lebendigen Wäldern zu bewahren.
Jetzt Informieren!Unsere Wälder: Angeschlagene Klimahelfer
Wälder und Klimaschutz
Die Wälder der Welt spielen im Klimasystem sowohl global als auch lokal eine große Rolle: Sie tragen maßgeblich zur Sauerstoffbildung bei und haben eine zentrale Funktion im Wasserkreislauf. Auf regionaler Ebene beeinflussen Wälder insbesondere die Umgebungstemperatur und die Sauberkeit der Luft. Außerdem speichern Bäume sehr große Mengen Kohlenstoff (C), indem sie bei der Photosynthese CO₂ aufnehmen und daraus Holz bilden. Auch in den Böden intakter Wälder sind große Mengen Kohlenstoff gespeichert. In der Diskussion um die Klimakrise werden Wälder daher als Kohlenstoffsenke bezeichnet, aber leider sind sie zunehmend selbst Leidtragende der Erderhitzung.
Die Klimakrise allein ist nicht schuld ist am neuen Waldsterben, denn waldbauliche Fehler und fehlendes Eingreifen durch die Politik begünstigen die Schäden massiv. Die Wälder leiden unter Artenarmut bis hin zu Monokulturen, durchschnittlich viel zu geringem Lebensalter der Bäume, maschineller Bodenverdichtung, Entwässerung und mehr.
„So zu tun, als hätten die letzten zwei Dürrejahre die Katastrophe allein verursacht, ist zu billig. Sie ist auch Folge einer seit Jahrzehnten auf Nadelholz fixierten Forstwirtschaft – in einem Land, das einst von Natur aus flächendeckend von Laubmischwäldern dominiert wurde“, betonten Waldexpert*innen in einem offenen Brief an Julia Klöckner (Landwirtschaftsministerin von 2018 bis 2021). „Man gibt nicht gerne zu, dass man über 200 Jahre lang auf die falsche Nutzbaumart (Fichte) gesetzt und zudem künstliche, ökologisch hoch instabile und damit hoch risikoreiche Forst-Ökosysteme geschaffen hat. Ein ganzer Erwerbszweig hat sich vom Nadelholz abhängig gemacht.“
Naturferne Wälder sind schlecht gewappnet
Je nachdem, wie ein Wald aufgebaut ist, ist er besser oder schlechter an die sich ändernden Umweltbedingungen und Wetterextreme angepasst. In Deutschland sind vor allem die zu erwartenden Temperatur- und Niederschlagsveränderungen bedeutend für den Wald.
Besonders naturferne Nadelforste sind von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen und brechen bei längerer Trockenheit oder Stürmen einfach zusammen. Allerdings stellen die langen Hitze- und Trockenperioden, wie in 2018 und 2019, für alle Waldgesellschaften eine Herausforderung dar.
Neben diesen direkten Einflüssen des Klimawandels ist die indirekte Anfälligkeit gegenüber massenhafter Vermehrung von Insekten sowie Krankheiten relevant. Naturnahe Wälder mit vielen standortheimischen Baumarten, Strukturen und einem großen Genpool aus natürlicher Verjüngung sind am besten gewappnet, um auf sich ändernde klimatische Bedingungen zu reagieren.
Lösung: Mehr naturnahe Wälder
Naturnahe Wälder und ihre Böden sind starke Verbündete im Kampf gegen die Klimakrise. Bäume, die hundert und mehr Jahre alt werden, bieten die Chance, atmosphärischen Kohlenstoff langfristig zu binden. Viele Waldbesitzer*innen argumentieren, der vom Naturschutz geforderte Nutzungsverzicht auf einem Teil der Waldfläche zum Schutz der biologischen Vielfalt sei klimaschädlich. Dahinter steckt die weit verbreitete Annahme, dass in Naturwäldern nach einer kurzen Phase des Vorratsaufbaus der Zuwachs stagniere und sich eine natürliche Balance zwischen Kohlendioxid-Aufnahme (Wachstum) und -Abgabe (Verrottung) einstelle.
Das ist falsch. Und obwohl Studien immer wieder belegen, dass diese Annahme auf einer fehlerhaften Ausgangsbehauptung zur Dynamik von Naturwäldern beruht, hat sie sich in den Köpfen von Forstleuten und Politiker*innen festgesetzt. Tatsächlich reichern ungenutzte Wälder über Jahrhunderte hinweg weiteren Kohlenstoff an und erfüllen dabei zahlreiche weitere Funktionen, sowohl für die Gesellschaft, als auch für die Natur.
Deshalb fordert der NABU die Politik auf, endlich die fehlgeschlagene Forstpolitik der letzten Jahrzehnte zu beenden und statt Holzplantagen naturnahe Wälder zu fördern. Nur durch den konsequenten Umstieg weg von Nadelholz-Monokulturen können wir die Klimafunktion unserer Wälder bewahren. Alle Parteien müssen den Umbau hin zu klimaresilienten und naturnahen Wäldern zur Priorität machen, unter anderem durch die Überarbeitung des Bundeswaldgesetzes.
Wie wirkt sich der Klimawandel auf die Baumarten aus?
Wie reagieren die Nadelbäume?
Bisher am stärksten betroffen sind die Fichtenwälder. Dramatisch zeigen sich nun die Folgen einer Forstwirtschaft, die über viele Jahrzehnte lang vor allem auf die Holzproduktion ausgerichtet war. Dies führte zur Anpflanzung von Fichten in Vegetationszonen, wo sie von Natur aus nicht wachsen würden. Denn eigentlich würden in Deutschland fast nur Laubwälder wachsen. Die Fichte stammt aus Höhenlagen über 700m. Nadelwald-Schäden durch Borkenkäfer und Stürme sind daher auch nicht neu: Bundesweit war bereits vor der Hitzeperiode 58 Prozent der Ernte von Fichten sogenannte „Kalamitätsnutzung“. Das heißt, es wurde gezwungener Maßen z. B. nach Insekten- oder Sturmschäden geerntet, nicht zu dem Zeitpunkt, wo es den größten Verkaufsertrag bringt. Mit den steigenden Temperaturen sterben die Fichtenwälder nun aber auch durch Trockenheit schneller, als sie geerntet werden können. Es zeigt sich die Instabilität der Nadelwälder in unseren Breiten. Dabei sterben nicht nur die naturfernen Monokulturen, sondern sogar einzeln eingestreute Fichten im Laubwald. Der Nadelholzanteil in deutschen Wäldern beträgt insgesamt 56 Prozent, die Hälfte aller Bäume in Deutschland sind Fichten und Kiefern.
Erschreckend und unerwartet ist das häufige Absterben von Kiefern. Sie gelten eigentlich als angepasst an trockene Standorte und wachsen selbst auf Dünen. Neuerdings weisen auch Douglasien Trockenschäden auf und es mehren sich die Meldung, dass auch Kiefern und Douglasien von verschieden „Fichtenborkenkäferarten“ werden.
Deutschland ist Buchenland, aber wie geht es den Buchen?
Das Optimum der Buche sind gut durchfeuchtete Böden in sommerkühlen Klimalagen. Trockene, flachgründige Böden sind für sie Grenzstandorte, an denen sie sich nur unter guten Bedingungen halten kann. Vor allem hier kommt es nun zu Baumschäden. Auch in den Gebieten mit abgesenktem Grundwasserstand gibt es verheerende Waldbilder. Wenn nur einzelne Buchen absterben, ist das ökologisch unproblematisch, weil die so entstehenden Lichtinseln auch zur Baumarten- und Lebensraumvielfalt beitragen können. Langfristig ist es möglich, dass auf solchen Standorten auf Dauer andere Baumarten bestimmend werden.
Auch auf vielen Schirmschlagflächen, auf denen viele Bäume gleichzeitig entnommen wurden und nur einzelne Bäume stehen bleiben, bekommen Buchen Sonnenbrand. Trockene Äste und Pilze können sich leichter im Holz ausbreiten und manche Bäume sterben ab. Dies ist die Folge einer zu intensiven, gewinnorientierten Forstwirtschaft und zu hoher Nutzungsmengen auf der Fläche und wäre vermeidbar. Die rasche Ernte der etwa 120jährigen Wälder innerhalb von nur 10 bis 20 Jahren zerstört das feucht-kühle Waldinnenklima. Einzelne verbleibende große Buchen sind Sonne, Wind und Trockenheit schutzlos ausgesetzt. Ihr natürliches Alter von 250 bis 300 Jahren können viele dieser Bäume so nicht mehr erreichen.
Was sind die Auswirkungen auf die anderen Laubbaumarten?
Birken wachsen zwar auch auf trockenen Böden, haben aber einen hohen Wasserverbrauch. Einen plötzlichen Wechsel von feucht zu trocken vertragen sie nicht. Viele einzelne Birken sterben nun ab.
Seit 2019 gibt es erstmals auf größeren Flächen Ahorn-Bäume, die am der Rußrindenpilz erkranken. Die Krankheit wird durch einen nordamerikanischen Pilz ausgelöst, gegen den sich durch Trockenheit geschwächte Bäume nicht ausreichend wehren können. Aber auch Eschen, Ulmen, Kiefern und Lärchen sterben vermehrt ab.
Neben Pilzerkrankungen profitieren auch einige Insekten vom Klimawandel: In südhessischen Wäldern entwickeln sich die Engerlinge von Maikäfern in großer Zahl, weil ihr Gegenspieler, ein parasitischer Pilz, besser in feuchtem Boden wächst. Sie schädigen die Wurzeln vor allem junger Bäume und erschweren das Heranwachsen junger Eichen. In Eichenwäldern wird auch der Eichenprozessionsspinner zur Last für Menschen, der durch fehlende Frühjahrsniederschläge günstige Bedingungen vorfindet. Auch Schwammspinner profitieren von den höheren Temperaturen. Ihre Raupen schwächen Eichen durch den Blattfraß.
Sind neue Baumarten die Lösung?
Einzelne Stimmen rufen nun nach neuen Baumarten aus anderen Kontinenten als Heilsbringer, wie Douglasie, Roteiche, Robinie oder Küstentanne. Schnelles Aufforsten soll die entstandenen Lücken schließen und vergessen machen. Sicher erscheint eine größere Baumartenvielfalt als eine gute Strategie gegen flächenhafte Waldverluste. Aber das Pflanzen von Baumarten aus anderen Kontinenten ist ein erneutes „Russisches Roulette“. Als ein großer Teil unserer Fichten nach dem 2. Weltkrieg gepflanzt wurde, bewertete man die Holzproduktion und rasche Wiederbewaldung als wichtiger, als das Risiko, das mit der nicht standortgerechten Baumart verbunden war.
Heute wird die Douglasie in Deutschland als trockenheitsresistent propagiert, jedoch befallen auch Kupferstecher, Furchenflügeliger Fichtenborkenkäfer und der Lärchenborkenkäfer Douglasien, wenn diese durch Trockenheit geschwächt sind. Bisher haben sie dort keinen Bruterfolg. Aber was, wenn auch in Europa die Insektenwelt die Douglasie für sich entdeckt? Zudem wurde inzwischen bereits die Douglasien-Wolllaus aus Amerika bei uns eingeschleppt.
Vor allem haben Baumarten aus anderen Kontinenten bei uns nur eine geringe ökologische Einbindung. Das könnte zu Problemen für unsere natürlichen Waldökosysteme und deren Artenvielfalt führen. Denn viele unserer Waldarten (Tiere, Pflanzen und Pilze) sind genau auf „ihre“ Baumarten als Nahrungsquelle oder Symbiose-Partner eingespielt und können mit den neuen Baumarten nichts anfangen. Manche der neuen Baumarten könnten sich auch ungebremst ausbreiten und so heimische Arten verdrängen.
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