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Natur erleben im Duvenstedter Brook
von Thomas Schmidt
Wenn es um Naturschutzgebiete geht, steht Hamburg gut da: 28 kostbare Reservate für Tiere und Pflanzen hat die Elbmetropole aufzuweisen. Das sind mehr als acht Prozent der Fläche des Stadtstaates. Bei den Hamburgern besonders beliebt ist der im äußersten Nordosten Hamburgs gelegene Duvenstedter Brook, mit 780 Hektar zweitgrößtes Naturschutzgebiet der Hansestadt. Kranichbalz und Hirschbrunft, das fällt vielen zuerst ein, wenn vom Duvenstedter Brook die Rede ist. Doch er hat wesentlich mehr zu bieten. Dort kommen stark gefährdete Arten wie Bauchige Windelschnecke, Kammmolch und Wachtelkönig vor. Deshalb hat dieses Naturschutzgebiet überregionale Bedeutung und unterliegt besonders strengen Schutzbestimmungen.
Wer Genaueres über die abwechslungsreiche Brooklandschaft mit ihrer Flora und Fauna erfahren möchte, besucht das am Eingang zum Brook liegende NABU-Informationshaus. Das Interesse ist groß: Bis zu 20.000 Naturfreunde kommen jedes Jahr dorthin.
Anlaufpunkt Naturschutzzentrum
"Für mich ist der Duvenstedter Brook eines der schönsten und interessantesten Naturschutzgebiete Hamburgs", sagt Heinz Peper, Biologe beim NABU Hamburg. Zusammen mit seinem Kollegen Krzysztof Wesolowski bringt er Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen durch Naturerfahrungsspiele, Experimente und Führungen die Brook-Natur näher und wirbt für einen sorgsameren Umgang mit unserer Umwelt. Wesolowski: "Die Vielfalt der Lebensräume im Duvenstedter Brook ist beeindruckend. Es gibt hier Niedermoor, Übergangsmoor und Hochmoorreste, Bäche, Gräben und Teiche, Röhrichte, Feuchtwiesen, Heiden, Bruch- und Auwald, Laub-, Misch- und Nadelwald."
Diese abwechslungsreiche Landschaft entstand nach der letzten Eiszeit. Die abschmelzende Eisdecke, unter der Schmelzwasserseen entstanden waren, hinterließ zwei Teilbereiche: Im Nordwesten des Brooks bildeten sich meterdicke nährstoffarme Sandböden über tonhaltigen Stauseeablagerungen. Im südöstlichen Teil überwiegen fruchtbare Lehmböden. Nach Versickern der Stauseen im aufgetauten Boden blieben seichte Weiher übrig. Diese verlandeten allmählich und ließen Moore und Sümpfe entstehen. Die langsame Erwärmung bot Zwergstrauchheiden, Erlen- und Birkenbruchwäldern sowie Eichenmischwäldern günstige Lebensbedingungen. Später kamen andere Baumarten wie Rotbuche, Hainbuche und Ahorne hinzu.
Landschaft im Wandel
Immer wieder veränderte der Mensch das Landschaftsbild. Im Mittelalter holzte er großflächig ab, um Bau- und Brennmaterial zu gewinnen. Als das Brennholz ausging, heizte er mit Torf und ließ damit viele Moorflächen verschwinden. Rinder und Schweine wurden in die zur allgemeinen Beweidung freigegebenen Waldreste getrieben, was zu Änderungen im Pflanzenbestand führte. Das Weidevieh fraß mit Vorliebe die Triebe von Linde, Ulme und Ahorn. Es verschmähte stachlige oder ungenießbare Pflanzen wie Brombeere, Weißdorn oder Stechpalme. Bis ins 19. Jahrhundert hinein wurde der westliche Teil als Allmende genutzt, sodass sich auf seinen nährstoffarmen Sandböden kein Wald mehr behaupten konnte. Hier dehnten sich Heideflächen aus.
In den 1920er Jahren wandelte man rund 230 Hektar Heide, Sumpf und Moor in landwirtschaftliche Nutzflächen um. In den siebziger Jahren begann die Wiederbelebung der ehemals sehr abwechslungsreichen Landschaft. Durch Rückstaumaßnahmen, Zuschütten von Entwässerungsgräben und Renaturierung von Bachläufen gelang es, sie weitgehend dem ursprünglichen Zustand anzunähern. Moose wuchsen wieder, Bruchwald nahm zu, und neue Feuchtwiesen entstanden.
Der Duvenstedter Brook mit seinen unterschiedlichen Biotoptypen ist Heimat einer enorm vielfältigen Tier- und Pflanzenwelt. So gedeihen hier fast 600 Pflanzenarten, darunter Rundblättriger Sonnentau und Breitblättriges Knabenkraut, 32 Libellenarten, zehn Amphibienarten, Reptilien wie Kreuzotter und Waldeidechse und 38 Säugetierarten, darunter Wasserfledermaus und Dachs. Auch die Vogelwelt ist reichlich vertreten. Im Verlauf eines Jahres werden mehr als 160 Arten beobachtet, davon rund 100 Brutvogelarten wie Baumfalke und Pirol.
Kranichbrut im Sumpfwald
Etwas ganz Besonderes schließlich sind die Kraniche, denn der Duvenstedter Brook ist Hamburgs einziges Kranichbrutgebiet. "Soviel Kranichnachwuchs wie in diesem Jahr hatten wir bisher noch nicht. Elf Jungvögel konnten wir beobachten", sagt Jens-Peter Stödter von der NABU-Gruppe Walddörfer, die ehrenamtlich einen Großteil der Betreuungsarbeit im Duvenstedter Brook leistet.
Hauptgrund für diesen Bruterfolg waren die wetterbedingt hohen Wasserstände während der gesamten Brutzeit. Hungrige Füchse und Wildschweine hatten keine Chance, die Bodennester der Kraniche zu erreichen, um sie auszuräubern. Auch die von der Gruppe Walddörfer seit vielen Jahren organisierte Naturschutzwache trug mit zum Bruterfolg bei. Bis zu 25 Ehrenamtliche teilten sich die Aufgabe, die Kraniche während der gesamten Brutperiode von Mitte März bis Ende Juni vor Störungen durch allzu neugierige Besucher zu bewahren.
Ein Schwerpunkt der Gruppe Walddörfer sind arbeitsintensive Biotoppflege- und Gestaltungsmaßnahmen. Sie erhält und schafft Lebensraum für Tiere und Pflanzen, wenn sie beispielsweise Moor- und Heideflächen entkusselt oder für Wiedervernässung sorgt. "Nicht nur der Kranichbestand wächst", so Stödter, "auch andere Arten wie Sumpfschrecke oder Laubfrosch profitieren von unseren Renaturierungsmaßnahmen und zeigen eine erfreuliche Entwicklung."
Buchtipp: Thomas Schmidt: Hamburgs grüne Schätze. Eine Entdeckungsreise durch die 28 Naturschutzgebiete der Stadt. - 128 Seiten, 14,95 Euro. Convent 2004. ISBN 3-934613-74-8.
Eine Broschüre über den Duvenstedter Brook gibt es gegen Einsendung von 2,45 Euro in Briefmarken beim NABU Hamburg, Osterstraße 58, 20259 Hamburg. Direktkontakt Infohaus Duvenstedter Brook: Tel. 040-6 07 24 66.
Dank seiner abwechslungsreichen Landschaft ist der Duvenstedter Brook eines der artenreichsten und vielfältigsten Naturschutzgebiete Hamburgs. Über 600 Pflanzenarten und eine Fülle verschiedener Tierarten sind hier zuhause. Mehr →
Vor ca. 15.000 Jahren, nach der letzten Eiszeit, entstand das heutige Landschaftsbild des Duvenstedter Brooks. Die sich zurückziehenden Gletschermassen formten im nordwestlichen Teil ein flach hügeliges Gelände. Mehr →