Das idyllische Questenberg mit schroffen Gipskarstfelsen im Hintergrund. - Foto: Michael Dommel
Landschaft in Bewegung
Ein Streifzug durch das Biosphärenreservat Südharz
Es scheint, als wäre die Landschaft ein geheimnisvolles Lebewesen. Bäche verschwinden unterirdisch, Felsgesteine tragen sich ab und Höhlen brechen in sich ein und hinterlassen kraterförmige Löcher im Boden. „Die Höhlen, sie öffnen und schließen sich, die Karstlandschaft ist immer Bewegung“, sagt Christiane Funkel, langjähriges NABU-Mitglied und Verwaltungsleiterin des Biosphärenreservats Südharz.
Und in der Tat ist diese urige Landschaft mit ihren weißen, schroff abfallenden Gipskarstfelsen, jahrhundertealten Buchenwälder und klaren Gebirgsbäche voller Dynamik und voller Leben. Dies wird umso klarer, je mehr man darüber erfährt.
Es ist Anfang Juni, der meteorologische Sommeranfang liegt zwei Tage zurück. Kalt war es in den letzten Tagen, beinahe unaufhörlich regnete es. Doch heute zeigt sich der Südharz von seiner schönen Seite, mit strahlend blauem Himmel und milden Temperaturen. Perfekte Bedingungen, um sich Deutschlands jüngstes Biosphärenreservat einmal genauer anzuschauen.
Das 2009 ausgerufene Biosphärenreservat „Karstlandschaf Südharz“ erstreckt sich auf einer Fläche von rund 30.000 Hektar am südöstlichen Rande des Harzes in Sachsen-Anhalt. Es ist geprägt von einer geologischen Vielfalt, zu der insbesondere das auffällige Gipsgestein gehört. Die bisweilen merkwürdig anmutende Felslandschaft gehört zu einem über 100 Kilometern langem Gipskarsthöhenzug, der sich von Niedersachsen über Thüringen bis nach Sachsen-Anhalt zieht.
Durch die klimatisch bedingte Abtragung dieses Gesteins entstehen vielfältige und für dieses Biosphärenreservat charakteristische Karsterscheinungen wie Bachschwinden, Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Karstquellen. Sie machen die formen- und gesteinsreiche Gipskarstlandschaft einzigartig in Europa.
Das 2009 ausgerufene Biosphärenreservat „Karstlandschaf Südharz“ erstreckt sich auf einer Fläche von rund 30.000 Hektar am südöstlichen Rande des Harzes in Sachsen-Anhalt. Es ist geprägt von einer geologischen Vielfalt, zu der insbesondere das auffällige Gipsgestein gehört. Die bisweilen merkwürdig anmutende Felslandschaft gehört zu einem über 100 Kilometern langem Gipskarsthöhenzug, der sich von Niedersachsen über Thüringen bis nach Sachsen-Anhalt zieht.
Durch die klimatisch bedingte Abtragung dieses Gesteins entstehen vielfältige und für dieses Biosphärenreservat charakteristische Karsterscheinungen wie Bachschwinden, Erdfälle, Dolinen, Höhlen und Karstquellen. Sie machen die formen- und gesteinsreiche Gipskarstlandschaft einzigartig in Europa.
Paradies für Fledermäuse
Hier treffen atlantisches und kontinentales Klima aufeinander, das macht die Region besonders artenreich. Über 1.500 Pflanzenarten finden in diesem Naturidyll Lebensraum. Unter anderem eine Vielzahl an Orchideenarten, Enziane und bedeutende Arten wie das Büschelige Gipskraut. Besonders die ausgedehnten Buchen- und Laubmischwälder, die großflächigen Hute- und Streuobstflächen und ausgiebige Trockenrasen prägen die Landschaft. Zusammen mit den Höhlen, Felsen und Erdfällen bilden sie für viele Tiere ein wertvolles Refugium – und für Fledermäuse einen idealen Lebensraum. Viele Fledermausarten wie etwa das Große Mausohr bewohnen die Höhlen, Spalten und Schluchten des Karstgebiets.
Weitere charakteristische Tierarten sind die Wildkatze, der Feuersalamander und der Hirschkäfer. Mit etwas Glück können Wanderer auch Schwarzstorch, Uhu und Wahldohreule beobachten.
Der Mensch besiedelt seit tausenden von Jahren diese Landschaft, bewirtschaftete, kultivierte und formte sie. So entstand eine durch Bergbau, Forst- und Landwirtschaft geprägte, kleinbäuerliche Kulturlandschaft. Zeugen dieser Urbarmachung sind Siedlungen wie das idyllische Questenberg und das Besenbinderdorf Hainrode. Wie in jedem Biosphärenreservat soll auch in der Karstlandschaft Südharz das Miteinander von Mensch und Natur durch eine naturnahe, nachhaltige und ressourcenschonende Wirtschaft gefördert werden. Bis auf die Kernzone, in der sich die Natur ungestört entfalten kann, soll die Kulturlandschaft erhalten und entwickelt werden. Ideen dafür gibt es viele.
Genau hier setzt Christiane Funkels Arbeit an. Die Diplom-Biologin entwirft Konzepte, wie eine solche umweltgerechte Wirtschaftsnutzung mithilfe von Fördermitteln aussehen kann. So sollen die weitläufigen Streuobstwiesen, die sich fast ausschließlich in privater Hand befinden, wieder bewirtschaftet werden. Sie erstrecken sich auf einen etwa 1000 Hektar langen Gürtel und finden hier aufgrund des Gesteins und Klimas ideale Bedingungen vor. Die Süßkirsche stellt mit über 44.000 Bäumen den größten Obstsortenanteil dar, gefolgt von Pflaumen und Äpfeln. Auch naturnaher Tourismus und die Zucht und Nutzung alter Tierrassen wie dem Roten Harzer Höhenvieh sind Ideen für eine ökologische Bewirtschaftung.
Ein weiteres wichtiges Anliegen Funkels liegt in der Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit. Denn noch sind nicht alle von der Idee des Biosphärenreservats überzeugt. So besteht die Karstlandschaft Südharz nur per Landesverfügung. Doch Biosphärenreservate sind Modellregionen der Unesco – und deren Anerkennung steht noch aus. Das liegt an der fehlenden Zustimmung einer einzelnen Kommune, die wirtschaftliche Einschränkungen befürchtet. Hört Christiane Funkel diese Bedenken, schüttelt sie den Kopf und stellt klar, dass diese Einwände haltlos sind. Schließlich sind wirtschaftliche Einschränkungen für die Kommunen sind per Verfügung ausgeschlossen.
So bleibt diese markant-idyllische Karstlandschaft, geprägt von Steilfelsen, Abrissspalten, Erdfällen und Bachschwinden voller Bewegung – mit oder ohne Unesco-Anerkennung, und auf jeden Fall einen Besuch wert.
von Michael Dommel
Weitere Biosphärenreservate
Der schmale Landstrich zu beiden Seiten des Flüsschens Blies hat sich nicht nur als Orchideen-Paradies einen Namen gemacht. 2009 hat die Unesco den Bliesgau in ihr Netz der Biosphärenreservate aufgenommen und damit als Modellregion von Weltrang geadelt. Mehr →
Über hundert Jahre lang war das Gebiet ein Truppenübungsplatz. Doch seit 2008 ist die Schwäbische Alb ein Biosphärengebiet und bietet so einen Rückzugsort für viele Arten wie Enziane, Heidenelken, Feuerfalter und Steinschmätzer. Mehr →