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Schutzgebietsbetreuer*innen gesucht
Bei Wind und Wetter ist Fritz Hertel unterwegs in der Oranienbaumer Heide, einem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Dessau-Roßlau in Sachsen-Anhalt. Er ist jetzt Eigentum der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). In diesem Jahr müssen noch 50 Nistkästen des Wendehalses und des Wiedehopfes aufwändig gereinigt werden, denn sie waren bis vor Kurzem von Hornissen belegt. Es war wohl ein gutes Hornissenjahr – 2019 waren nur zehn Kästen besetzt.
Der gebürtige Franke Fritz Hertel kam 2005 wegen seines Jobs nach Dessau, er arbeitet beim Umweltbundesamt. Seine Leidenschaft für Vögel hat er mitgebracht und wurde schnell Mitglied im Ornithologischen Verein Dessau. Gemeinsam mit einem Vereinskollegen betreibt er seit fünf Jahren ein Artenhilfsprojekt für den Wendehals und den Wiedehopf im EU-Vogelschutzgebiet (engl. Special Protection Areas, SPA) Mittlere Oranienbaumer Heide und übermittelt die Bestandszahlen an die Naturschutzbehörde sowie die Staatliche Vogelschutzwarte Sachsen-Anhalt. Diese ehrenamtliche Tätigkeit führte Hertel zu einer weiteren. Der 51-Jährige bewarb sich in diesem Jahr für das neue NABU-Projekt zur Betreuung von SPA.
SPA-Projekt
In Deutschland gibt es 742 solcher EU-Vogelschutzgebiete für das Schutzgebietsnetz Natura 2000. „Laut Vogelschutzrichtlinie besteht eine Monitoring- und Berichtspflicht alle sechs Jahre an die Europäische Kommission zu den Erhaltungszuständen der Arten. Diese Berichte der Bundesländer und der Bundesregierung haben bisher jedoch nicht dazu geführt, dass die Gebiete ausreichend zum Erhalt der dort geschützten Arten beitragen. Im Gegenteil, schädliche Eingriffe finden nach wie vor statt und bewirken eine Verschlechterung der Lebenssituation für viele Arten“, erklärt NABU-Vogelschutzexperte Eric Neuling, der das Projekt leitet. Zwar würden von offizieller Stelle Vogelbestände erfasst und Populationstrends ermittelt, doch die Ursachen für Zu- oder Abnahmen blieben oft unklar. „Der NABU möchte wissen, wie es in unseren SPA aussieht, um Defizite beim Management und Landnutzungskonflikte gegenüber der Politik aufzuzeigen oder auf rechtlichem Wege abzustellen“, so Neuling.
Schon als Jugendlicher war Hertel fasziniert von Vögeln und hat sich sein gesamtes Wissen selbst angeeignet. Seine Lieblingsvögel sind Spechte, zu denen auch der Wendehals und der Wiedehopf gehören. „Der Wiedehopf hat eine für uns sehr unangenehme Verteidigungsstrategie. Sobald ich den Nistkasten öffnete, streckten sich mir bis zu acht kleine Arschlöcher entgegen, der Wiedehopf-Nachwuchs kackt dich sofort an und kann auch seine Kloake scheinbar um 180 Grad drehen, es erwischt einen eigentlich immer. Daran gewöhnt man sich aber schnell“, berichtet Hertel.
Der Wendehals dagegen betreibt Mimikry: Er kann seinen Hals so bewegen, dass es aussieht, als ob sich eine Schlange schlängelt. Die Beringung von Wendehälsen ist ohne die Mithilfe von den Kolleg*innen kaum zu bewerkstelligen. Hertel und sein Kollege Thomas Hofmann konnten ihre Frauen überreden, in den fünf Jahren mitzuhelfen.
Eintauchen in eine andere Welt
Hertel hat eine Beringungslizenz, und für die Projektbetreuung benötigt er fünf Genehmigungen. „Hintergrund der Betreuung von rund 150 Nistkästen ist der für Höhlenbrüter wie Wendehals und Wiedehopf unglückliche Umstand, dass die Heidelandschaft zwar ideale Habitate bietet, hier aber fast nur junge Bäume mit wenigen natürlichen Baumhöhlen stehen. Bis vor 30 Jahren wurde hier noch geübt und geschossen, die Flächen waren fast baumfrei.“ Eine Besonderheit findet sich dennoch in der Oranienbaumer Heide: Rund 300 Obstbäume haben dort dank eines engagierten Anwohners überlebt.
Für das Projekt ist der 51-Jährige in der Brutzeit mehrmals die Woche im Gebiet. „Für mich ist das wie ein Eintauchen in eine andere Welt. Die Fläche ist selbst für andere Naturliebhaber grandios, als Hobbyornithologe lausche ich im Frühjahr dem Gesang von Heidelerche, Schwarzkehlchen und Wiedehopf und bin natürlich stolz, die bedrohten Arten hier zu unterstützen.“ Dank der Arbeit von Hertel und seinen Kolleg*innen konnte die Zahl der Wendehalsbruten von 18 auf 36 innerhalb eines Jahres erhöht werden. Auch für den Wiedehopf sieht es gut aus mit 22 Bruten 2020. „Daher freue ich mich jetzt besonders, einen weiteren Beitrag zu leisten und zu schauen, wie sich die Veränderung des Lebensraums und der Störungen im Gebiet auf die Artenvielfalt auswirkt.“ Gute betreute Vogelschutzgebiete wie die Mittlere Oranienbaumer Heide, in denen die Vögel wirklich die Hauptrolle spielen, würden überall gebraucht, so Neuling.
Nicole Flöper (Naturschutz heute 4/20)
Der NABU sucht für jedes Vogelschutzgebiet einzelne Personen oder betreuende Gruppen, denen die Arten und Lebensräume dort vertraut sind und am Herzen liegen. Einmal im Jahr soll ein Bericht zum Zustand, zur Gefährdung und zu Maßnahmen im jeweiligen Gebiet an den NABU gesendet werden. Als Grundlage können sowohl veröffentlichte Daten als auch Ergebnisse eigener Kartierungsarbeiten und langjährigen Engagements sowie weitere offizielle Quellen verwendet werden. Wer sich bewerben möchte, findet weitere Infos dazu im NABU-Netz.
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