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Jetzt spenden!Was fehlt, damit deutsche Schutzgebiete wirksam werden?
Diese Bundesländer müssen beim Naturschutz nachbessern
Wir erleben aktuell ein dramatisches Artensterben, das die Stabilität unserer Ökosysteme bedroht. Die Wissenschaft, die EU-Biodiversitätsstrategie und das Weltnaturabkommen sind deutlich: Eine wirksame Maßnahme gegen den Artenschwund, die Deutschland – wie alle EU-Mitgliedsstaaten – umsetzen muss, ist 30 Prozent der Landesfläche unter wirksamen Schutz für die Biodiversität zu stellen.
In Deutschland müssen das vor allem die Bundesländer umsetzen. Es lohnt also ein Blick auf die Schutzgebiete in den Ländern. Der NABU hat in einer neuen Studie in allen Bundesländern (außer den Stadtstaaten) untersuchen lassen, inwieweit die von Deutschland an die EU-Kommission gemeldeten Schutzgebietskategorien für das 30-Prozent-Ziel überhaupt geeignet sind. Die Studie zeigt: Deutschland hat noch viel Arbeit vor sich (direkt zu den Steckbriefen).
Länderranking - diese Flächen wurden für das 30 Prozent-Ziel an die EU-Kommission gemeldet
Mit Stand August 2024 hat Deutschland Naturschutzgebiete, Nationalparke, Biosphärenreservate, Vogelschutz- und FFH-Gebiete sowie Nationale Naturmonumente an die EU-Kommission gemeldet. Diese erfüllen aber zum großen Teil noch nicht die die organisatorischen Vorgaben der Kommission, um auf das 30-Pozent-Ziel einzahlen zu können. Die gute Nachricht ist, dass Deutschland noch bis zum Jahr 2030 Zeit hat, die bereits gemeldeten Kategorien weiterzuentwickeln und die Flächen, die zu vollen 30 Prozent fehlen, zu melden.
Was hat die Studie untersucht?
Der Fokus dieser Studie liegt auf den Schutzgebietskategorien, die Deutschland an die EU-Kommission gemeldet hat.
Darüber hinaus betrachtet die Studie ausschließlich die Rahmenbedingungen aus organisatorischer und rechtlicher Sicht. Dazu wurden für jedes Bundesland die Landesnaturschutzgesetze sowie einzelne Gebietsverordnungen für jede Schutzgebietskategorie gesichtet. Auf dieser Grundlage lässt sich feststellen, ob für die aktuell gemeldeten Schutzgebiete überhaupt die Grundbedingungen stimmen, damit sie wirksam werden können. Eine Analyse des Umsetzungsstands beziehungsweise der naturschutzfachlichen Wirksamkeit von Maßnahmen zur Erreichung des Flächenziels von 30 Prozent, waren nicht Ziel der Studie. Die Studie bezieht sich nur auf Flächen an Land und nicht auf die Organisation von Meeresschutzgebieten.
Die Studie zeigt deutliche Unterschiede auf, sowohl zwischen den unterschiedlichen Schutzgebietskategorien als auch zwischen den Bundesländern.
Sowohl die Studie als auch die Steckbriefe zu den einzelnen Bundesländern sollen als Diskussionsgrundlage dienen, und konkrete Handlungsfelder aufzeigen, um die Organisation der Schutzgebiete in Deutschland systematisch auf einen besseren Standard anzuheben.
Hinweise aus der Studie: Wie können Bundesländer den Handlungsbedarf adressieren?
Die Studie kommt zu einer dreistufigen Bewertung der Schutzgebietstypen:
- geeignet,
- teilweise Handlungsbedarf und
- Handlungsbedarf.
Dies bedeutet nicht, dass jedes Schutzgebiet mit der Einstufung „geeignet“ perfekt funktioniert oder es in Schutzgebietskategorien mit der Einstufung „großer Handlungsbedarf“ nicht auch gut funktionierende Schutzgebiete gibt. In der Studie wurde lediglich der rechtliche Rahmen, sowie stichprobenweise Verordnungen und ähnliche Dokumente der Schutzgebietskategorien analysiert. Bei Schutzgebietskategorien mit Handlungsbedarf muss strukturell und rechtlich nachgebessert werden, sodass die organisatorischen Rahmenbedingungen innerhalb dieser Kategorien verbindlich in allen Gebieten auf das nötige Mindestmaß angehoben werden. Dies sollte bis spätestens bis zum Jahr 2030 geschehen, sodass die Flächen auf das 30-Prozent-Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie und des Weltnaturabkommens einzahlen können. Nötige Schritte, um die Qualität der organisatorischen Rahmenbedingungen zu verbessern, finden sich in den Steckbriefen der einzelnen Bundesländer. Zusätzlich sind dort Maßnahmen vermerkt, die der Bund umsetzen sollte, um die Länder zu unterstützen.
Zentrale Erkenntnisse
- Die Verbesserung unserer Schutzgebiete muss politisch ernst genommen werden, das Thema muss größere Beachtung finden.
- Deutschland muss jetzt aktiv werden, um die internationalen Versprechen bezüglich der Schutzgebiete bis 2030 einzuhalten. Dazu braucht es eine bessere Zusammenarbeit und Koordination zwischen Bund und Ländern.
- Schutzgebiete brauchen einen rechtlichen und organisatorischen Rahmen, der durch ausreichende und stetige finanzielle Mittel und Personal ermöglicht wird.
Sind Naturschutzgebiete organisatorisch für das 30 Prozent-Ziel geeignet?
In allen Flächenbundesländern besteht dringender Handlungsbedarf, den rechtlichen und organisatorischen Rahmen für Naturschutzgebiete zu verbessern. Mindestens dort, wo sich die Flächen nicht mit anderen, besser organisierten, Schutzgebietskategorien überschneiden.
Sind Biosphärenreservate organisatorisch für das 30 Prozent-Ziel geeignet?
In den Biosphärenreservaten sind die Kernzonen organisatorisch meist gut aufgestellt, diese sind aber recht klein. In den Pflege- und Entwicklungszonen besteht häufig ein hoher Nutzungsdruck, der nicht mit den Schutzzielen abgestimmt ist.
Sind die Nationalparks organisatorisch für das 30 Prozent-Ziel geeignet?
Viele Nationalparke in Deutschland sind Entwicklungsnationalparke, die Kernzonen sind noch zu klein.
Sind die FFH-Gebiete organisatorisch für das 30 Prozent-Ziel geeignet?
Bei den FFH-Gebieten zeigt sich tendenziell ein positives Bild: In vielen Bundesländern sind gute organisatorische Rahmenbedingungen gegeben. Diese werden zum großen Teil von der FFH-Richtlinie vorgegeben. In der Umsetzung gibt es jedoch noch Handlungsbedarf. Erst kürzlich hat die EU Deutschland wegen mangelnder Schutzgebiete-Qualität abgemahnt.
Viele Schutzgebiete in Deutschland existieren nur auf dem Papier, die meisten zum Glück mittlerweile auch auf Datenträgern. In einem Dokument, häufig ist dies die Schutzgebietsverordnung, sind die Umrisse, ein Zweck der Ausweisung und ein paar Ver- und Gebote aufgeschrieben. Was häufig fehlt, ist eine regelmäßige Kontrolle, was dort vor sich geht, ob die Ge- und Verbote eingehalten werden und ob das, was beschützt werden soll, auch tatsächlich einen Rückzugsraum findet. Zu selten wird hinterfragt, ob die Ge- und Verbote tatsächlich nützlich sind, und ob andere Maßnahmen, die zum Beispiel auch die lokale Bevölkerung mit einbeziehen, nicht wirksamer wären. Wenn Schutzgebiete nur als solche Karteileichen existieren, werden sie im schlimmsten Fall genauso genutzt wie die angrenzende Landschaft, ohne dass Synergien zwischen Nutzung und Schutz herausgearbeitet und umgesetzt werden.
Es gibt Schutzgebiete, in denen vor allem negative Einflüsse von außen ausgeschlossen werden müssen, sodass natürliche Abläufe stattfinden können. Diese finden sich zum Beispiel in Kernzonen von Nationalparks und Biosphärenreservaten. Hier sollen die dynamisch ablaufenden Prozesse der Natur geschützt werden. Das bedeutet auch, Tourismus und Naherholung so zu koordinieren, dass die Natur nicht durch diese Aktivitäten beeinträchtigt wird.
Die meisten Schutzgebiete befinden sich aber in unserer Kulturlandschaft, hier ist Nutzung möglich und auch nötig. Allerdings muss diese auf den Schutzzweck abgestimmt werden. So muss auf solchen Flächen beispielsweise später gemäht werden, damit bodenbrütende Vögel ihre Jungen aufziehen und Pflanzen ihre Samen verteilen können. Hier muss sich jemand dazu Gedanken machen, wie Nutzung und Schutz in Einklang gebracht werden können, dies planen, die Umsetzung veranlassen und auch den Erfolg kontrollieren. Dazu braucht es funktionierende organisatorische Strukturen.
Welche Bedingungen müssen deutsche Schutzgebiete erfüllen?
Im sogenannten Pledge und Review-Prozess meldet Deutschland der EU-Kommission Schutzgebietsflächen, und muss bis zum Jahr 2030 zwei Kriterien erfüllen: Es müssen 30 Prozent der Landesfläche geschützt (quantitatives Flächenziel) und diese Flächen müssen wirksam geschützt sein (qualitatives Ziel). Die EU-Kommission hat definiert, welche organisatorischen Rahmenbedingungen erfüllt sein müssen, damit Schutzgebiete wirksam werden und ihre ökologischen Ziele erreichen. Dazu zählen:
- Definierte Schutzziele: Für jedes Schutzgebiet muss klar sein, was genau (Arten, Lebensraum etc.) geschützt oder gefördert werden soll. Nur so lässt sich der Erfolg auch überprüfen.
- Rechtliche Gebietssicherung: Schutzgebiete müssen durch gesetzliche, vertragliche oder vergleichbare Regelungen abgesichert werden, um sicherzustellen, dass die Schutzmaßnahmen verbindlich und dauerhaft umgesetzt werden können.
- Vorhandensein von Maßnahmenplänen: Für jedes Schutzgebiet sollen Pläne entwickelt werden, die einschließlich Kapazitäten- und Zeitplanung beschreiben, welche Maßnahmen ergriffen werden, um die Schutzziele zu erreichen und die Biodiversität zu erhalten.
- Strukturelle Voraussetzungen für die Umsetzung von Maßnahmen: Klare Zuständigkeiten, Zeitplanung, Kapazitäten müssen vorhanden sein.
- Voraussetzungen für wissenschaftlich fundiertes Monitoring: Für das Monitoring müssen ebenfalls klare Zuständigkeiten und Zeitpläne definiert, sowie ausreichend Kapazitäten vorhanden sein, um den Zustand der Schutzgebiete regelmäßig und fachgerecht überwachen und die Ergebnisse in die zukünftige Managementplanung einfließen lassen zu können.
Diese fünf organisatorischen Rahmenbedingungen sollten in allen gemeldeten Schutzgebieten erfüllt sein und in Schutzgebietsverordnungen und Gesetzen Verankerung finden. In dieser Studie im Auftrag des NABU wurde daher untersucht, inwiefern diese Kriterien in den Verordnungen bereits gemeldeter Schutzgebietskategorien oder in spezifischen Landesgesetzen abgebildet sind. Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich: Keines der deutschen Bundesländer schafft es aktuell, diese Rahmenbedingungen für wirksame Schutzgebiete auf 30 Prozent der Fläche zu erfüllen.
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Zur Weiterentwicklung eines EU-weiten Schutzebietsnetzwerkes sollen 30 Prozent der europäischen Fläche geschützt werden, ein Drittel davon strikt. Der NABU unterstützt diese Forderungen in seinem Positionspapier. Mehr →
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