Spendenübergabe: Hygieneprodukte gegen die Corona-Krise - Foto: NABU Project Office Bonga
Corona-Folgen
für weltweiten Naturschutz
Unsere internationalen Projekte laufen weiter: Wie das geht, berichten NABU-Mitarbeiter*innen im COVID-19-Blog
Afrika, Asien und Europa: Auf all diesen Kontinenten sind Corona-Fälle bekannt und die Pandemie bestimmt noch immer den Alltag vieler Menschen. In vielen Ländern steigt die Zahl der Neuinfektionen noch immer oder – nach einer Phase der Entspannung – erneut. Was bedeutet ein Leben zwischen Lockdown und Lockerungen für unsere internationalen Projekte in Äthiopien, Indonesien, Kirgistan oder hier in Europa? In dieser Zeit, in der sich fast täglich die Lage verändert, gilt es einen kühlen Kopf zu bewahren und mit Partnern und Mitarbeiter*innen vor Ort im engen Austausch zu bleiben, natürlich vor allem digital. Manche Naturschutzmaßnahmen können wie geplant umgesetzt werden. In anderen Gebieten müssen wir, wie so viele im Moment, improvisieren und das Beste aus der Situation machen. Die Gesundheit der Menschen vor Ort hat oberste Priorität. Das gilt nach wie vor. Dieser Blog wurde von 2020 bis 2021 mit aktuellen Projektinhalten bespielt.
Blog-Inhalte: März 2020 bis Juli 2021
Äthiopien – Wassereinzugsgebiet des Tanasees
Freitag, 09. Juli 2021
Seit dem ersten COVID-19-Fall in Äthiopien im März 2020 und dem Ausrufen des Ausnahmezustands von April bis September 2020 ist einige Zeit vergangen. Wie ist die aktuelle Corona-Lage in dem Land im Nordosten Afrikas? Wie steht es um Testzentren und Impfungsangebot?
„Bitte schützen Sie sich vor Corona und ergreifen Sie die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen!“ Bei jedem Anruf, der in Äthiopien getätigt wird, ist zu Beginn diese Nachricht zu hören. Sie ist Teil der Informationskampagne der Regierung in den öffentlichen Medien, um das Bewusstsein der Bevölkerung für COVID-19 zu schärfen. Die in fast allen Geschäften herrschende Maskenpflicht wird in der Hauptstadt, Addis Ababa, zum größten Teil umgesetzt. Verlässt man jedoch die Hauptstadt und fährt in ländliche Gegenden, nimmt die Anzahl der Menschen, die eine Maske tragen, stark ab. In der Amhara-Region, in der das Wassereinzugsgebiet des Tanasees liegt, könnte genau das zur Gefahr werden. Die Bevölkerungsdichte ist besonders hoch, 27 Prozent der äthiopischen Bevölkerung leben hier.
Sollte sich die Krankheit in der Region weiter ausbreiten, würde das die äthiopische Wirtschaft stark beeinträchtigen und die Lebensgrundlage vieler Bürger*innen bedrohen, denn ein Großteil der Produktion von Getreide und Vieh liegt in Amhara. Bisher sind hier offiziell 264 Personen mit nachgewiesener COVID-Diagnose gestorben, doch die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein. Es gibt, gerade in den ländlicheren Gegenden, wenige Testzentren. Es ist bis heute schwer, abzuschätzen, wie viele Menschen sich seit dem Ausbruch tatsächlich infiziert haben oder gar durch die Krankheit ums Leben gekommen sind.
Für das NABU-Projekt Water for Life in der Region bedeutete die Corona-Krise zunächst erst einmal Stillstand: Viele Maßnahmen, die in der Multi-Akteurs-Partnerschaft für den Erhalt und zur nachhaltigen Entwicklung von Äthiopiens größtem See geplant waren, mussten durch das Versammlungsverbot während des sogenannten Ausnahmezustands abgesagt oder verschoben werden. Nach einigen Monaten liefen die Aktivitäten langsam wieder an; durch anhaltende Hygienevorschriften aber mit starken Einschränkungen. Beispielsweise dürfen sich maximal 50 Personen an einem Ort versammeln, sodass geplante Trainings- oder Arbeitsgruppen aufgeteilt werden müssen. Dies nimmt nicht nur viel mehr Zeit in Anspruch, sondern erhöht auch die Umsetzungskosten, wie durch die doppelte Miete eines Trainingsraums.
Doch nicht nur auf die Projektumsetzung hatte COVID-19 Auswirkungen. Durch die neue Realität haben sich andere Bedürfnisse in Amhara entwickelt: Der NABU unterstützt nun den Bau von Regenauffangsystemen für Schulen und Gesundheitszentren. So kann die lebensnotwendige Ressource Wasser bewusster genutzt und gleichzeitig der Zugang zu sauberem Trinkwasser garantiert werden. Außerdem beteiligte sich der NABU an der Corona Prevention Taskforce in der Region: Ranger*innen, mit denen der NABU in den Dörfern zusammenarbeitet, verteilten Hygieneartikel wie Masken, Trinkwasser, Seife und Desinfektionsmittel an Bedürftige. Außerdem machten die Ranger*innen auf die Bedeutung von Wasserressourcen und nachhaltiger Wassernutzung aufmerksam.
Wie geht es weiter in Amhara, der Region des Tanasees? Die Impfung ist auch in Äthiopien das entscheidende Mittel zur Bekämpfung der Pandemie. Die erste Lieferung von Impfstoffen gab es Anfang März diesen Jahres, allerdings warten immer noch viele Menschen auf einen Impftermin. Mehr als 5 Millionen Dosen Impfstoff werden in den nächsten Monaten erwartet, der genaue Lieferzeitraum ist jedoch noch unklar. Speziell für Amhara fehlen offizielle Angaben, in ganz Äthiopien erhielten knapp 2 Millionen Menschen ihre Erstimpfung – eine große Zahl, doch nur ein Anteil von weniger als 2 Prozent der Gesamtbevölkerung. Für unser Projekt heißt das also, zunächst weiterhin mit den Hygienevorschriften umzugehen und offen für veränderte Gegebenheiten und Bedingungen im Projektverlauf zu bleiben.
Beatriz Waldmann, NABU-Projekt-Koordinatorin des Projekts Water for Life
Mit der Multi-Akteurs-Partnerschaft (MAP) Water for Life vernetzt der NABU Akteure im Wassereinzugsgebiet des Tanasees, um langfristig den Zugang zu sicherem Trinkwasser, funktionierende Ökosystemleistungen und nachhaltige Einkommensquellen für die lokale Bevölkerung zu sichern.
Mehr zum ProjektPakistan - Baltistan
Montag, 29. März 2021
Verstärkte digitale Kommunikation mit Gemeinden und agile Arbeitsmethoden in den Projekten: Dies sind die größten Anpassungen unserer Partnerorganisation Baltistan Wildlife Conservation & Development Organization (BWCDO) an die neuen Gegebenheiten durch die COVID-19 Pandemie. Der Geschäftsführer Ghulam Muhammad berichtet über den Schneeleopardenschutz vor Ort in Pakistan.
Lieber Ghulam, BWCDO setzt sich mit seiner Arbeit für ein friedliches Zusammenleben zwischen Schneeleopard und Menschen ein. Könntest du kurz erklären, welche Maßnahmen ihr dafür konkret ergreift?
Um den Konflikt zwischen Menschen und Schneeleoparden zu entschärfen, sorgen wir für einen besseren Schutz des Viehs durch den Bau von Gehegen und bieten gleichzeitig eine Entschädigung für die Verluste, die für die Bauern unvermeidlich auftreten. Diese Kombination hilft, die Feindseligkeit der Bevölkerung gegenüber Schneeleoparden zu verringern. Das ist wichtig, denn der Schutz der Schneeleoparden kann nur mit der Unterstützung der Gemeinden, die ihre Umwelt mit ihm teilen, geschehen.
Nun ist es fast ein Jahr her, seitdem die Pandemie ausbrach: Wie hat COVID-19 eure Arbeit seitdem beeinflusst?
Für einige Monate war unser Büro auf Anweisung der Regierung geschlossen, was unsere Arbeit komplett zum Erliegen brachte. Nach der Wiedereröffnung der Büros mussten die geltenden Vorgaben strikt eingehalten werden, unsere Feldbesuche waren also eingeschränkt. Auch die Gemeinden, mit denen wir arbeiten, wurden schwer getroffen: Durch die massiven wirtschaftlichen Einbußen, die COVID-19 mit sich bringt, fehlen die finanziellen Mittel, um den Viehbestand der Gemeinden zu sichern. Wir vermuten auch, dass im Laufe der Zeit mehr Menschen in ihre Dörfer zurückkehren werden, um dort Vieh zu hüten, da durch COVID-19 Arbeitsplätze in den Städten verloren gehen.
Ein Nebeneffekt der Pandemie war ja, dass in vielen Bereichen schnell neue und kreative Lösungen entwickelt werden mussten. Wie war das bei euch: Wie setzt ihr eure Arbeit angepasst an die neue Situation um?
In der Vergangenheit war die Kommunikation mit den Gemeinden aus einer Reihe von Gründen schwach. An einigen Orten gibt es kein Internet oder Mobilfunknetz; in anderen Gebieten bestand nie die Notwendigkeit dafür, sodass die Kommunikation in persona erfolgte. Während der Pandemie mussten wir aber auf digitale Kommunikation umsteigen. Dadurch eröffnen sich uns neue Möglichkeiten, zum Beispiel Online-Schulbildung oder Fernarbeit. Bei Versammlungen, die mit allen Gemeindemitgliedern abgehalten wurden, wird jetzt nur noch ein einziger Vertreter per Telefon kontaktiert. Das ist oft nicht einfach, wenn eigentlich Gespräche mit der gesamten Gemeinschaft notwendig wären. Wir lernen, uns an diese Umstellung zu gewöhnen. Zudem prüfen wir mit unserer Schwesterorganisation Iqra Fund mögliche Zuschussmöglichkeiten, um den Gemeindemitgliedern grundlegende Mittel für die Teilnahme an der digitalen Welt zur Verfügung zu stellen.
In Deutschland wird seit Anfang des Jahres viel über die Impfstrategie diskutiert. Wie ist das aktuell in Pakistan: Welche Rolle spielen Impfungen aus deiner Sicht auf dem Weg zurück Richtung Normalität?
Der größte Schlag durch die Pandemie war psychologischer Natur. Viele Menschen waren nicht gewohnt, über einen so langen Zeitraum isoliert zu sein, was zu einem Anstieg der Depressionen führte. Das alltägliche Leben ist völlig verändert! Zum Beispiel war das Händeschütteln und Umarmen eine übliche Sache bei religiösen Versammlungen, jetzt geschieht das nicht mehr. Die Impfung bietet daher mehr als alles andere die Möglichkeit, wieder mit Menschen in Kontakt zu treten, sodass wieder ein Gefühl der Gemeinschaft entsteht. Leider verläuft der Prozess der Impfung langsam in Pakistan und es wird noch einige Zeit dauern, bis die Mehrheit der Menschen geimpft werden kann.
Wie beurteilst du die Auswirkungen des vergangenen Jahres auf die zukünftigen Projekte?
Das letzte Jahr hat uns gelehrt, wie sich alles unmittelbar ändern kann und festgelegte Pläne zur Anpassung gezwungen werden. Für unsere Arbeitsmethode bedeutet das: Wir strukturieren uns in unseren Projekten kurzfristiger und in kleineren Teilschritten, setzen uns Teilziele. So bleiben wir im Projektablauf flexibel und können uns auf neue Umstände schneller einstellen. Noch wichtiger ist, dass Projekte jetzt gemeinschaftsorientiert sein müssen. Der Zusammenbruch des Tourismus hat dazu geführt, dass viele Menschen in unserer Region keine Einkommensquelle mehr haben. COVID-19 hat zwar den Schneeleoparden nicht direkt gefährdet, es ist aber wichtig, die indirekten Auswirkungen im Auge zu behalten: Gemeinden könnten nach neuen Wegen suchen, um ihre Verluste auszugleichen – zum Beispiel durch Wilderei, illegale Abholzung oder Ähnliches.
Ghulam Muhammad, Geschäftsführer unserer Partnerorganisation Baltistan Wildlife Conservation & Development Organization (BWCDO)
Das Interview führte Sarah Stoll, Junior Referentin internationale Öffentlichkeitsarbeit
Schneeleopardenschutz durch den Bau von einbruchssicheren Ställen für Nutztiere, finanzielle Entschädigungen für Hirten für ihre Verluste und lokale Umweltbildung: das steht auf der Agenda unserer Partnerorganisation BWCDO - mit dem erklärten Ziel, ein friedliches Miteinander zwischen Mensch und Tier zu schaffen.
Mehr zu BWCDOs Arbeit (englisch)Ruanda – Rugezi Feuchtgebiet und Akagera-Nationalpark
Dienstag, 09. März 2021
„Die COVID-19-Pandemie schränkt seit über einem Jahr einen Großteil der Natur- und Artenschutz-Aktivitäten auf der ganzen Welt ein. Doch der Schutz der Tier- und Pflanzenwelt ist ein kontinuierlicher Prozess, der nicht bei globalen Krisen wie dieser aufhören darf.“ So formuliert es Olivier Nsengimana, Gründer der Rwanda Wildlife Conservation Association (RWCA). Seine Strategie: Gemeindebasierter Naturschutz!
Dank der Arbeit der Rwanda Wildlife Conservation Association (RWCA) ist die Wilderei und der illegale Handel mit den im Bestand gefährdeten Grauen Kronenkranichen in Ruanda in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Glücklicherweise können unsere ehrenamtlichen Community Ranger ihre Arbeit im Rugezi Feuchtgebiet im Norden Ruandas auch während der Pandemie fortsetzen. Allerdings gibt es einen Anstieg von Wilderei sowie weiterer illegaler Aktivitäten, beispielsweise das nicht autorisierte Eindringen in das geschützte Feuchtgebiet. Wenn man sich die von den Rangern gemeldeten Daten ansieht, ist die Anzahl der Personen, die Gras im Sumpf schneiden und entwenden, signifikant gestiegen. Es scheint sich dabei um Frauen zu handeln, die das Gras zum Weben von Matten nutzen. Dies scheint eine Möglichkeit für die Frauen sein, Einkommen zu generieren: Denn der COVID-19-Lockdown in Ruanda schränkt den Zugang der Bevölkerung zu Zeitarbeit und anderen Einkommensmöglichkeiten ein.
Dank unserem Schutzmodell, bei welchem die Gemeinde stark eingebunden ist, konnten unsere Ranger und sogenannten Champions schnell auf die Fälle reagieren und diese aufklären. Wir sind nun dabei, Lösungen zu entwickeln, wie das Feuchtgebiet geschützt und die Gemeindemitglieder bei ihren Herausforderungen unterstützt werden können.
Doch wie schützen wir die Grauen Kronenkraniche in Regionen, welche wir aufgrund des Lockdowns nicht bereisen können? Hierzu eine kurze Geschichte aus einer kleinen Gemeinde in der Nähe des Akagera-Nationalparks.
Jacques ist einer unserer 30 Conservation Champions – er arbeitet mit RWCA zusammen, um die Kronenkraniche in seinem Umfeld zu beobachten und seine Mitbürger über die Bedeutung des Schutzes von Wildtieren und deren Lebensräumen aufzuklären. Einige einheimische Kinder sprachen ihn an, nachdem sie ein einsames Kranichküken gesehen hatten, welches scheinbar einem Wilderer entkommen war. Die Kinder hatten zuvor in ihrer Schule an einem Umweltbildungs-Workshop von RWCA teilgenommen, weshalb sie sich der Bedeutung der Kraniche bewusst waren. Dank der Hinweise der Kinder konnte Jacques das Kranichküken einfangen und in seinen Schutz nehmen.
Da Reisen zwischen den Distrikten zu dieser Zeit nicht erlaubt waren, konnten wir Jacques nur telefonisch unterstützen. Im nächsten Schritt überprüfte er eine Kranichfamilie, welche er in der Nähe beobachtet hatte – und tatsächlich, eines der Küken fehlte! Er beschloss, das Küken wieder bei seiner Familie auszuwildern – mit Erfolg! Durch ständiges Monitoring ging Jacques sicher, dass die Kronenkranich-Familie das Küken wieder vollständig aufnahm.
Die Rettung dieses Kranichkükens wäre ohne engagierte Menschen wie Jacques, die in ihren eigenen Dörfern arbeiten, nicht möglich gewesen. Es zeigt, dass unser Modell des gemeindebasierten Naturschutzes gerade in Zeiten wie diesen eine Fortführung unserer Arbeit ermöglicht. Der Schlüssel liegt darin, die Eigenverantwortung der Bewohner in diesen Lebensräumen zu stärken. Das ist nachhaltiger kommunaler Naturschutz in seiner besten Form!
Olivier Nsengimana, Gründer unserer Partnerorganisation Rwanda Wildlife Conservation Association (RWCA)
Unsere Partnerorganisation Rwanda Wildlife Conservation Association (RWCA) setzt sich durch Umweltbildung und gemeindebasiertem Naturschutz für den Erhalt des gefährdeten Grauen Kronenkranichs in Ruanda und der ostafrikanischen Region ein.
Mehr zu RWCAs Arbeit (englisch)Tadschikistan
Donnerstag, 18. Februar 2021
Die Folgen der Corona-Pandemie sind auf der ganzen Welt auf unterschiedliche Weise zu spüren. Wo der Tourismus einbricht, kann plötzlich auch der Natur- und Artenschutz in Gefahr sein. In den Hochgebirgen Tadschikistans standen die durch den Tourismus finanzierten Wildhüter plötzlich ohne Einkommen da. Mithilfe einer Spenden-Aktion konnten wir die wichtige Arbeit der Wildhüter zum Schutz der Schneeleoparden vorerst vor dem Aus bewahren und bis zum Frühjahr absichern.
Seit 2016 unterstützt der NABU gemeinsam mit der Partnerorganisation ANCOT (Association of Nature Conservation of Tajikistan) engagierte Wildschutzvereine in den Hochgebirgen Tadschikistans, die sich in ihrer Heimat für den Schutz des Schneeleoparden und gegen Wilderei einsetzen. Flächenschutz, Patrouillen, Überführen von Wilderern, Exkursionen durch die Schutzgebiete – die Aufgaben der Wildhüter sind vielfältig und für die stark gefährdeten Schneeleoparden der Region überlebenswichtig.
Bisher konnten sich die Wildschutzvereine durch Exkursionen und Führungen durch die Schutzgebiete finanzieren. Durch die Corona-Pandemie bleiben jedoch die Touristen und damit die Einnahmen aus. Um sich und ihre Familien zu versorgen, mussten sich die Ranger um alternative Einkommensmöglichkeiten bemühen und sahen sich gezwungen, ihre Tätigkeiten zum Schutz der Schneeleoparden aufzugeben.
Eine NABU-Spenden-Aktion konnte kurzfristig helfen. Unsere Schneeleo-Pat*innen beteiligten sich in großem Maße, so dass wir die Arbeit der tadschikischen Ranger bis zum Frühjahr absichern konnten. Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung und hoffen, dass wir die Wildhüter und ihre wertvolle Arbeit auch in Zukunft weiter absichern können. Damit sie und ihre Familien auch auf lange Sicht unabhängiger von pandemiebedingten Einschränkungen wirtschaften können, entwickelt der NABU gemeinsam mit ANCOT nun Projekte zur Schaffung alternativer Einkommensquellen, wie der Nutzung und Vermarktung von Bienenprodukten und anderen ökologischen Angeboten.
Katja Kaupisch, Referentin für Weide- & Wildtiermanagement beim NABU
Video-Botschaft aus Tadschikistan
Wie alles begann: Seit 2016 setzt der NABU in Tadschikistan auf gemeindebasierten Natur- und Artenschutz. Gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung, Wildschutzvereinen und unseren Partnern ANCOT engagieren wir uns vor Ort für den Schutz des Schneeleoparden, seines Lebensraums und seiner Beutetiere.
Mehr zum ProjektKenia – Ol’Bolossat See und Umgebung
Mittwoch, 27. Januar 2021
Die Naturschutzarbeit von George Muigai am Ol’Bolossat See in Kenia besteht aus dem persönlichen Kontakt mit den Menschen vor Ort – Umweltbildungsveranstaltungen in Gemeinden sind für gewöhnlich Alltag. Wie sieht der Schutz der Grauen Kronenkraniche zu Zeiten von COVID-19 aus? Ein Einblick.
Ein großer Teil meiner Arbeit besteht darin, die örtliche Bevölkerung in den praktischen Naturschutz einzubinden. Hierfür besuche ich die Gemeinde-Versammlungen, denn sie bieten eine gute Plattform, um die Menschen für Naturschutz-Maßnahmen zu sensibilisieren und um Akzeptanz zu schaffen. Aufgrund von COVID-19 wurden unsere Aktivitäten zur Umweltbildung jedoch eingeschränkt: Versammlungen finden nicht mehr statt.
Zudem wurden die Schulen geschlossen – und das zu einer Zeit, in der die Haupt-Brutzeit der gefährdeten Kraniche gerade beginnt. Dies birgt Gefahren für die Vögel: Viele Schüler halten sich den ganzen Tag in der Nähe des Sees auf. Sie sammeln aus Unwissenheit Eier oder Küken des bedrohten Kranichs, ohne sich über die Folgen im Klaren zu sein, denn unsere Veranstaltungen in den Schulen sind aktuell durch die Pandemie gestoppt.
Zum Corona-konformen Schutz der Grauen Kronenkraniche starteten wir daher im letzten Jahr ein Programm namens "Breeding Cranes Custodians". Das Konzept ist simpel: Privatpersonen oder Familien sind jeweils für den Schutz eines bestimmten Kranichpaares „verantwortlich“. Es wurden vorrangig Fischer*innen oder Hirt*innen ausgewählt, da sie durch ihre Arbeit die meiste Zeit des Tages draußen in den Brutgebieten verbringen. CCV berät die Familien zu den individuellen Maßnahmen telefonisch und sendet ihnen für ihr Engagement jeden Monat Lebensmittel und Non-Food-Artikel. Dank des neuen Programms konnten im vergangenen Jahr über 49 Brutpaare des Grauen Kronenkranichs geschützt werden!
George Muigai, Gründer unserer Partnerorganisation Crane Conservation Volunteers (CCV)
Der Graue Kronenkranich ist stark bedroht! Was kann für seinen Schutz getan werden? Mehr Informationen zu unserer Zusammenarbeit mit CCV und zu den Maßnahmen am Ol'Bolossat See in Kenia hier.
Mehr erfahrenEuropa - Lettland, Litauen, Estland, Polen, Deutschland
Mittwoch, 16. Dezember 2020
Seit Herbst sind in allen Ländern unseres EU-LIFE Projekts Peat Restore die Infektionszahlen wieder angestiegen – nur in Polen flacht die Kurve aktuell etwas ab. Zur gleichen Zeit gehen unsere Moor-Renaturierungsmaßnahmen in die heiße Phase. Ist das ein Problem?
Um die Antwort vorwegzunehmen: Jein! Die minutiös geplanten und gut vorbereiteten Renaturierungsmaßnahmen in den degradierten Moorflächen im Baltikum, Polen und Deutschland standen zum Glück nie grundsätzlich infrage und konnten trotz Corona-Pandemie wie geplant starten. Gleichwohl hatten wir in diesem Herbst mit ganz neuen Herausforderungen zu kämpfen, die uns manchmal den Schweiß auf die Stirn trieben. So zum Beispiel in unserer Projektfläche in Deutschland, genauer gesagt im Norden von Berlin, im Naturschutzgebiet Biesenthaler Becken.
Vermoorte Senken sind ein wichtiger Bestandteil dieser reich gegliederten, kuppigen Wald- und Wiesenlandschaft. Insgesamt 15,5 Hektar verschiedener Niedermoortypen an drei Standorten sind für unsere Wiedervernässungsmaßnahmen im Biesenthaler Becken vorgesehen. Alle drei Moore wurden in der Vergangenheit durch Gräben entwässert, was zur Degradierung der Torfe geführt hat – durch Austrocknung und der teilweisen Verdrängung moortypische Vegetation. Unser Ansatz vor Ort: Den Wasserstand auf allen drei Projektflächen zu erhöhen.
Zunächst konnten wir Mitte Oktober mit unseren Maßnahmen starten. Die beauftragte Baufirma begann auf der kleinsten der drei Projektflächen, dem 0,6 Hektar großen Kesselmoor „Moorbirkenwäldchen“. Quer durch dieses kleine Moor verläuft ein zentraler Binnen-Entwässerungsgraben, der laut historischer Karten schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts existiert hatte. Damals wurde er mit dem Ziel angelegt, die das Moor abdichtende Schicht zu durchstoßen, um das Wasser in den mineralischen Untergrund abzuleiten. In der Folge sank der Moorwasserspiegel auf unter 0,8 Meter Tiefe, mit den bereits beschriebenen Degradierungserscheinungen. Was wir nun dagegen unternommen haben?
Um mehr Wasser aus dem etwa 2 Hektar großen Einzugsgebiet im Moor zurückzuhalten, haben wir die Enden des Grabens mit bis in 2 Meter Tiefe reichende, sogenannten Lehmplomben verschlossen. Als zusätzliche Maßnahme zur Verbesserung der hydrologischen Situation im „Moorbirkenwäldchen“ findet im Winter 2020/21 im Einzugsgebiet des Kesselmoores außerdem ein schonender Waldumbau statt. Das bedeutet, dass die Bestockung mit standortfremden Kiefern reduziert wird und Laubholzarten gefördert werden, was eine höhere Grundwasserneubildungsrate zur Folge haben wird.
Mit unseren Maßnahmen kamen wir weiter zügig voran. Ende Oktober waren die Arbeiten im zweiten Renaturierungsgebiet, am Unterlauf des Plötzenseefließes, abgeschlossen. Hier wurde das künstliche, das Moor entwässernde Fließ durch fünf Plomben planmäßig verschlossen. So durfte es gerne weitergehen. Ging es aber leider nicht.
Die COVID-19-Pandemie machte uns einen Strich durch die Rechnung. Es kam zu einem Krankheitsfall im Team der Baufirma vor Ort. Ausgerechnet auf der dritten und mit über 10 Hektar größten Moorfläche am 600 Meter langen Unterlauf des Pfauenfließes kam es nun zwangsläufig zu Verzögerungen. Nachdem zuvor mit dem Verschluss der Gräben am Rande des Moores begonnen worden war, stagnierte jetzt der Bau für mehrere Wochen. Wir hatten eigentlich gehofft bis Ende dieses Jahres unsere Restaurierungsarbeiten am Pfauenfließ abschließen zu können. An 40 Stellen sollen am Ende die zahlreichen Entwässerungsgräben mit Torfplomben verschlossen und – wie oben beschrieben – der Gewässerquerschnitt des Fließes reduziert sein. Unsere Arbeiten werden nun noch etwas länger, nämlich bis Ende Februar 2021, dauern. Aber wenn wir etwas in diesem Jahr gelernt haben, dann das: Flexibel bleiben und trotz kurzfristiger Planänderungen einen kühlen Kopf zu bewahren.
Jonathan Etzold, Nationaler Koordinator LIFE Peat Restore
Moor-Renaturierungsmaßnahmen im Detail
Von Baumstubben, Flachabtorfung und Lehmplomben. Mehr Hintergrundwissen zur aktuellen Renaturierung im Biesenthaler Becken gibt es hier.
Mehr erfahrenOsteuropa - Grenzregionen Ukraine, Ungarn, Slowakei und Rumänien
Freitag, 13. November 2020
Es ist kein Geheimnis, dass die angespannte Corona-Situation in der ganzen Welt nicht nur wissenschaftliche Erkenntnisse hervorbringt. Sie bietet auch Nährboden für Mythen und Vorurteile: Unter diesen leidet zum Beispiel das Image der Fledermaus. Naturschützer*innen in Osteuropa leisten mit dem Projekt Bat4Man wichtige Aufklärungsarbeit.
Wie ist der neuartige Virus entstanden? Wie konnte er sich weltweit ausbreiten? Welche Rolle spielen Tiere wie Fledermäuse bei der Übertragung? Viele dieser Fragen sind nach wie vor Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen und nicht bis ins letzte Detail beantwortet. Fakt ist jedoch: Es gibt keine Belege dafür, dass Fledermäuse Träger jenes Corona-Stammes sind, dem auch das Coronavirus SARS-CoV-2 entstammt. Dieses Virus ist neuartig und wird von Mensch zu Mensch übertragen. Um sich und andere zu schützen, sollte man sich daher an die öffentlich ausgerufenen Schutzmaßnahmen halten (mehr zum Thema Corona und Fledermäuse gibt es übrigens hier).
Trotzdem werden in Deutschland und anderen Ländern Europas Fledermäuse immer wieder mit dem Virus in Verbindung gebracht. Das Image der sowieso schon häufig als gruselig wahrgenommenen Tiere leidet und das ist natürlich ein Problem. Fledermäuse sind auf die Mithilfe ihrer menschlichen Nachbarn angewiesen, zum Beispiel durch ihren bewussten Verzicht auf künstliche Lichtquellen in der Nähe von Fledermaus-Quartieren oder durch Fledermauskästen, die Anwohner*innen aufhängen können.
Unsere Kolleg*innen in Ungarn, Slowakei, Rumänien und der Ukraine haben uns davon berichtet, dass ein schlechtes Image der Fledermaus vor allem in ländlichen Gebieten stark verbreitet ist. Hier klärt das grenzüberschreitende BAT4Man-Projekt nun auch über Mythen und Vorurteile im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie auf. Zentral ist dabei die Botschaft, dass Fledermäuse keine gefährlichen Tiere sind, sondern – ganz im Gegenteil – für den Menschen äußerst nützlich und wichtig für die natürliche Artenvielfalt sind.
Das Fledermausschutz-Projekt an der Ostgrenzen der EU wurde inspiriert durch die NABU-Aktion Lebensraum Kirchturm. Es hat sich auch als geeignetes Instrument zur Aufklärung innerhalb von Gemeinden in Osteuropa und Religionsgemeinschaften erwiesen. Im Rahmen des Projekts setzen wir verschiedene Aktivitäten um, um die Öffentlichkeit zu sensibilisieren und zu echten Fledermaus-Fans zu machen. Geplant sind eine mobile Ausstellung, gemeinsame Workshops zum Bau von Fledermauskästen und ein Dokumentarfilm über die nachtaktiven Tiere.
Zum Abschluss noch etwas Wissenswertes: Fledermauskot ist ein wertvoller Dünger. Die Guano-Bestände allein in dem Gebiet Transkarpatien in der Ukraine betragen etwa 100 bis 150 Tonnen.
Ivan Tymofeiev, Projektkoordinator im Zentralasien- und Osteuropaprogramm
Fledermaus-Fans in Osteuropa
Wie stärken wir das Umweltbewusstsein in lokalen Gemeinden? Durch den gemeinsamen Schutz von Fledermäusen! Die Naturschutzmaßnahmen des internationalen Projekts BAT4MAN werden in den Grenzregionen Ungarns, der Slowakei, Rumäniens und der Ukraine umgesetzt.
Zur Projekt Website (englisch)Äthiopien - Kafa-Biosphärenreservat und Umgebung
Montag, 12. Oktober 2020
Die öffentlichen Verkehrsmittel sind wieder nahezu normal ausgelastet, Schulen öffnen langsam, Veranstaltungen können ebenso fast wieder uneingeschränkt stattfinden: Der Ausnahmezustand und die speziell eingerichteten Corona Task Forces sind in Äthiopien seit Mitte September aufgehoben. Klingt erst mal nach guten Nachrichten, scheint jedoch eher Resignation der Regierung zu sein. Nun heißt die Devise „Da müssen wir halt durch“.
„Bitte desinfizieren vor Betreten des Büros!“ Noch hängt dieses Schild an der Tür des NABU Project Office in Bonga, im Kafa-Biosphärenreservat. Außerdem sollen Projektpartner*innen oder Regierungsvertreter*innen, die hier regelmäßig ein und aus gehen, möglichst eine Maske tragen. Unsere Mitarbeiter*innen versuchen also weiterhin achtsam zu bleiben, um sich vor dem Virus zu schützen, insbesondere da wir Risikopersonen unter den Mitarbeiter*innen haben. Das wird nun aber immer schwieriger. Während in den vergangenen Wochen in der Hauptstadt die Pandemie noch immer ein Thema war, suchte man auf dem Land bereits vergeblich nach Anzeichen für Hygiene- und Abstandmaßnahmen: Die Menschen gehen ihrem gewohnten Alltag nach.
Trotzdem ahnen viele Äthiopier*innen, dass in ihrem Heimatland das neuartige Corona-Virus nach wie vor kursiert. Wenn bei Freund*innen, Bekannten und Kolleg*innen für mehrere Wochen grippeähnliche Symptome auftreten, bleibt ihnen nichts anderes übrig als zu Hause zu bleiben und den Kontakt zu anderen Menschen nach Möglichkeit zu beschränken. Die Testkapazitäten sind so niedrig, dass eine hohe Dunkelziffer zu vermuten ist und wir uns Sorgen machen, wen das Virus als nächstes treffen könnte…
Die Aufhebung des Ausnahmezustands und der Präventivmaßnahmen sowie der Umstand, dass Menschen sich wieder begegnen können, helfen aber auch sehr bei unserer täglichen Projektarbeit. Denn die persönliche Ebene und der Austausch mit Partner*innen in den Projektregionen sind für unsere Kolleg*innen in Äthiopien enorm wichtig – und das menschliche Miteinander ist zudem ein wichtiger Teil der äthiopischen Gesellschaft. In Kafa und den angrenzenden Waldlandschaften Sheka und Bench-Sheko schaffen wir derzeit mit einer weiteren lokalen Partner-Organisation neue Strukturen, um diese letzten zusammenhängenden Bergnebelwaldflächen für Mensch und Natur langfristig erhalten zu können. Erstmalig konnten nun unsere Mitarbeiter*innen mit unserem Country Director in Äthiopien, Sisay Asfaw, die Regionen bereisen und sich mit Stakeholdern treffen. Solche Vorhaben lassen sich kaum vom Schreibtisch oder dem Home Office aus umsetzen!
Brit Reichelt Zolho, Leiterin Afrika-Programm NABU
In Äthiopien werden neue kaffeebasierte Produkte wie Bio-zertifizierter Kafa-Gartenkaffee, Getränke aus Kaffeeblättern und Briketts aus Kaffeeschalen entwickelt. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort tragen wir zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen und naturnahen Entwicklung im Kafa-Biosphärenreservat bei.
Mehr zum ProjektEuropa - Lettland, Litauen, Estland, Polen, Deutschland
Freitag, 14. August 2020
Das Entscheidende bei Klima- und Moorschutzprojekten ist das Monitoring. Warum das so ist, erklärt Andreas Herrmann. Der Experte für Treibhausgasmessungen widmet sich für das Projekt LIFE Peat Restore auch während der Corona-Pandemie der Frage: Wie viel Kohlenstoff nimmt ein Moor tatsächlich auf?
Lieber Andreas, wie engagiert sich der NABU im Rahmen des Moorschutzprojektes LIFE Peat Restore?
Der NABU koordiniert das vom EU-LIFE-Programm geförderte Moorschutzprojekt. Dabei begleiten wir nicht nur die Planung und Umsetzung konkreter Moorschutz-Maßnahmen in Deutschland, sondern setzen auch den fachlichen Rahmen für die umfangreichen Monitoring-Aktivitäten in den anderen Projektländern. Zusammen mit unseren acht Partnerorganisationen in Polen, Estland, Lettland und Litauen stellen wir auf einer Gesamtfläche von ca. 5.300 Hektar stark degradierte Moore wieder her. Zudem beteiligt sich der NABU aktiv an politischen Diskussionen zum Klimaschutz auf Mooren und erhöht das gesellschaftliche Bewusstsein etwa beim Umgang mit Torfsubstraten für den privaten Gartenbedarf.
Was sind die konkreten Ziele – und wie leistet das Projekt einen Beitrag zum Klimaschutz?
Das Hauptziel des Projektes besteht darin, die entwässerungsbedingte Moordegradation aufzuhalten und durch ein standortangepasstes Management ein erneutes Torfwachstum zu fördern. Das kann nur gelingen, wenn wir in den Projektregionen die Wasserstände erhöhen und eine moortypische Vegetation etablieren. Daher setzen wir vor allem wasserbauliche Maßnahmen um, wie den Verschluss von Entwässerungsgräben und den Bau von Dämmen zum Wasserstau. Wiederhergestellte, naturnahe Moore speichern aktiv Kohlenstoff– einerseits durch die Bindung von CO2 im Torf und andererseits durch den gehemmten Abbau durch Mikroorganismen. In entwässerten Mooren verstärkt sich der natürliche Abbauprozess durch die Zufuhr von Sauerstoff und führt zur Freisetzung enormer Mengen an klimarelevantem CO2 und N2O (Lachgas). Die aktive Wiederherstellung von Mooren trägt so entscheidend zur Abschwächung des Klimawandels und zu den Zielen der EU, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 50 Prozent zu senken, bei.
Wie genau funktioniert das Monitoring der Maßnahmen?
Das Entscheidende bei allen Klima- und Moorschutzprojekten ist das Monitoring – also die Erfolgskontrolle –, denn die reine Umsetzung der Wiedervernässungsmaßnahmen gibt uns noch keinen messbaren Hinweis darauf, ob das Moor auch tatsächlich wieder Kohlenstoff aufnimmt und wie hoch der Beitrag zum Klimaschutz ist. Zwei der wichtigsten Dinge, die wir beobachten können und uns einen Einblick darüber vermitteln, ob die Maßnahmen erfolgreich waren, sind die Wasserstände und die Vegetation. In unseren Projektgebieten protokollieren wir an verschiedenen Stellen ganzjährig die Grundwasserdynamik, um festzustellen, ob die mittleren Wasserstände nach den Maßnahmen tatsächlich gleichbleibend auf einem höheren Niveau liegen. Wir erfassen zudem auch einmal im Jahr die Artenzusammensetzung auf verschiedenen Dauerbeobachtungsflächen, um herauszufinden, ob sich moortypische Arten wieder ansiedeln und ausbreiten. Zusätzlich messen wir in allen Projektregionen die klimarelevanten Treibhausgasflüsse, um auch direkt die Klimawirkung unserer Maßnahmen einschätzen zu können.
Wie hat die Corona-Pandemie in diesem Jahr eure Messungen beeinflusst oder konntet ihr ganz normal weiterarbeiten?
Aufgrund der Reisebeschränkungen und der Grenzschließungen in unseren Partnerländern konnten wir dieses Jahr nicht wie geplant im April mit den Messungen loslegen. Die Bedingungen und der Zeitpunkt der ersten Lockerungen waren in den Länder allerdings sehr unterschiedlich. So konnten unsere Kolleg*innen aus den baltischen Staaten bereits kurz nach dem Beginn der Vegetationsperiode mit den Messungen beginnen. Wir und unsere polnischen Kolleg*innen mussten uns noch bis Juni gedulden bis wir alle Genehmigungen bekommen haben. Dadurch sind uns natürlich spannende Messreihen verloren gegangen. Nun hoffen wir, dass wir bis weit in den Herbst hinein unser eigentliches Messprogramm ausweiten können, um diesen Verlust kompensieren zu können.
Andreas Herrmann, THG-Experte LIFE Peat Restore
Das Interview führte Begüm Tus, Referentin Patenschaften
Die Vielfalt der Moore erhalten
Gesunde Moore sind vielfältige Lebensräume für hochspezialisierte Tier- und Pflanzenarten. Alle diese Arten leiden unter der Zerstörung ihres Lebensraumes, viele von ihnen sind stark bedroht. Moore speichern außerdem etwa ein Drittel des erdgebundenen Kohlenstoffs, obwohl sie nur drei Prozent der Landfläche bedecken – doppelt so viel wie alle Wälder der Erde zusammen! Kurz gesagt: Moorschutz ist Arten-, Wasser- und Klimaschutz. Moor-Paten sorgen mit uns gemeinsam dafür, das bedrohte Ökosystem zu erhalten.
Moor-PatenschaftKirgistan – Ananyevo, Bishkek und Umgebung
Freitag, 17. Juli 2020
Normalität? Die ist in Kirgistan noch nicht in Sicht. Die Zahl der Corona-Neuinfektionen steigt hier seit Wochen. Trotzdem gibt es mitten in dieser schwierigen Situation Positives über die vier Schneeleoparden im NABU-Rehazentrum zu berichten.
Die Aufregung Anfang des Jahres war groß. Die Anti-Wilderei-Einheit des NABU in Kirgistan, die „Gruppa Bars“, hatte in der Region Naryn eine schwer verletzte Schneeleopardin aufgegriffen. Akmoor wurde das bereits elf Jahre alte Tier getauft. Es kam im NABU-Rehazentrum in der Nähe der kirgisischen Stadt Ananyevo unter. Heute wissen wir: Akmoor geht es gut! Aufgrund ihres hohen Alters sowie drei fehlender Eckzähne kann die Schneeleopardin zwar wahrscheinlich nicht wieder in freier Wildbahn leben, dafür hat sie mittlerweile in artgerechter Umgebung ein zweites Zuhause gefunden. Sie wird alle zwei Tage gefüttert und regelmäßig tierärztlich untersucht.
Akmoor ist nicht der einzige Schneeleopard, der derzeit im Rehazentrum lebt. Auch Alsu (2002 abgegeben), Koljutschka (2009 im Rehazentrum geboren) und Tentek (2020 in der Region verletzt aufgegriffen) werden hier versorgt. Alle Schneeleoparden haben ihre eigenen Gebiete innerhalb des und rund 7.000 Quadratmeter großen Geländes. Wir sind froh, dass die Abstimmung mit Umweltbehörden und die Betreibung des Rehazentrums weiterhin so gut funktionieren. Auch die Gruppa Bars und die Monitoring-Abteilung arbeiten weitgehend normal weiter, auch wenn die Neuinfektionen mit dem neuartigen Coronavirus seit Wochen ansteigen. Schwieriger ist es für uns im Moment, Umweltbildungsarbeit zu realisieren. Denn statt in der Schule Neues zu lernen und Freunde zu treffen, heißt es für die Schüler*innen Kirgistans leider weiterhin: Wir müssen zu Hause bleiben. Alle Schulen sind aufgrund der aktuellen Situation noch geschlossen.
Und dann ist da noch unser Jubiläum, das in diese, für uns alle herausfordernde Corona-Zeit fällt. Vor genau 10 Jahren eröffnete die NABU-Filiale in Bischkek. 21 Mitarbeiter*innen arbeiten hier mittlerweile für den Naturschutz in der Region. Das muss natürlich gefeiert werden! Aber ehrlicherweise können wir derzeit nicht sagen, wann wir gemeinsam mit Kolleg*innen und Unterstützer*innen den festlichen Toast „Auf den Naturschutz weltweit, auf weitere 10 Jahre NABU Kirgistan!“ aussprechen werden. Man muss die Feste feiern wie sie fallen? Das neue Motto ist vielmehr: Wir feiern, wenn es wieder geht, und bis dahin kümmern wir uns weiter um Schneeleoparden wie Akmoor und ihre Artgenossen.
Katja Kaupisch, Referentin für Weide- & Wildtiermanagement beim NABU
Der Schutz bedrohter Arten, wie die Schneeleoparden, stehen seit den 1990er Jahren im Zentrum unseres Engagements in Kirgistan – in der fragilen und wunderschönen Hochgebirgsregion Zentralasiens.
Mehr zu den ProjektenKaukasus - Armenien und Russland
Dienstag, 23. Juni 2020
Eigentlich sollte es diesen Sommer losgehen. Gemeinsam mit unseren Kolleg*innen in Armenien und Russland wollen wir es Naturschutz-Fans und Aktivreisenden zukünftig ermöglichen, die atemberaubende Natur des Kaukasus und unsere Projektarbeit vor Ort hautnah zu erleben.
Die internationalen Reisebeschränkungen aufgrund der Corona-Krise verzögern den Start geplanter Expeditionen und Aktivreisen in unsere Projektgebiete im Kaukasus. Unsere Vorbereitungen laufen jedoch weiter und die Vorfreude auf die Projektreisen wächst.
Sowohl im russischen Teil des Kaukasus als auch in Armenien sind Regionalentwicklung und Umweltbildung Schwerpunkte unserer Arbeit. Der Tourismus im ländlichen Raum leistet einen wichtigen Beitrag. Sowohl Einheimische als auch internationale Touristen lernen, die Natur mehr wertzuschätzen. Außerdem ermöglicht der Tourismus den Bewohner*innen ländlicher Regionen ein Einkommen, das vom Erhalt der Natur statt von ihrer intensiven Nutzung abhängig ist. So haben der NABU und seine Partner beispielsweise Wanderwege und Lehrpfade angelegt oder armenische Kleinbauern dabei unterstützt, touristische Unterkünfte anzubieten. Neben einmaligen Aussichten bekommen Besucher*innen während ihres „Urlaubs auf dem Bauernhof“ authentische Einblicke in das traditionelle Landleben in den Bergen Armeniens.
Umgesetzt werden zwei Reisekonzepte: Für ehrenamtliche Naturschützer*innen, die gerne mit anpacken, wird es die Möglichkeit geben, in Projekten mitzuarbeiten oder an Bürgerwissenschafts-Expeditionen teilzunehmen und zum Beispiel beim Anlegen von Lehrpfaden oder Aufstellen von Fotofallen aktiv mitzuwirken. Außerdem entwickeln wir gemeinsam mit Reiseveranstalter*innen Urlaubsangebote für Aktivreisende, die landschaftliche und kulturelle Highlights des Kaukasus mit Einblicken in den Naturschutz vor Ort vereinen.
Die strikten Ausgangsbeschränkungen in Armenien wurden zwischenzeitlich gelockert, allerdings hat das Infektionsgeschehen nun wieder zugenommen. Viele unserer Projektaktivitäten können wir aber auch während des Lockdowns fortführen. Die Arbeit für den Schutz der Natur vor Ort geht also weiter. Und auch wenn wir noch nicht sagen können, wann internationale Reisen in den Kaukasus wieder möglich sein werden, freuen wir uns schon jetzt auf engagierte und interessierte Besucher*innen.
Marco Philippi, Mitarbeiter im Kaukasusprogramm
Ein kleines Stück Kaukasus – wenigstens in Bildern
Rund 2.400 Kilometer östlich von Deutschland, im Süden Russlands, erheben sich die majestätischen Gipfel des Großen Kaukasus. Die Region ist das einzige Beispiel einer großen, weitestgehend unbeeinflusst gebliebenen Hochgebirgslandschaft Europas und Westasiens und steht seit über einhundert Jahren unter strengem Naturschutz.
Mehr erfahrenEuropa - Lettland, Litauen, Estland, Polen, Deutschland
Montag, 8. Juni 2020
Die COVID-19 Pandemie hat in kürzester Zeit unser Leben und unsere Arbeit verändert. Statt uns auf Konferenzen oder Projekttreffen mit Partnerorganisationen fachlich auszutauschen, geschieht dies nun meist in digitalen Räumen. Einblicke in die Arbeit des Moorschutzprojektes LIFE Peat Restore: jetzt online!
Viele Veranstaltungen mussten abgesagt oder verschoben werden. Auch unser Projekt bleibt von den Einschränkungen nicht verschont. Wir sind aber trotzdem nicht untätig und wollen weiterhin unser Wissen und unsere Begeisterung für Moore mit der breiten Öffentlichkeit teilen. Deshalb stellen wir unsere Fotoausstellung „Restoring Peatlands for Climate“, die die Schönheit der nordeuropäischen Moorlandschaften sowie die Renaturierungsmaßnahmen im Rahmen des LIFE-Projekts Peat Restore zeigt, online zur Verfügung.
Im Winter 2019/20 war die Wanderausstellung zu Gast in Deutschland, nach einem Aufenthalt in Estland wird sie im Herbst 2020 hoffentlich wieder live in Polen zu betrachten sein. Bis dahin nehmen wir Sie mit auf eine virtuelle Reise durch unsere Projektländer Estland, Lettland, Litauen, Polen und Deutschland.
Was war sonst noch los bei uns in den letzten Wochen? Wir waren zu Gast bei dem Online-Festival RE-PEAT: 24 Stunden konnten Naturschutz-Interessierte auf der ganzen Welt, zumindest digital, in die Welt der Moore eintauchen. Und weil wir grundsätzlich Fans der Konservierung sind – denn das konservierende Wasser hält Moore und ihre organischen Stoffe feucht und lebendig – gibt es unsere 30-minütige Session „RE-COVER: Restoring Peatlands for Climate“ auch nach dem Event weiterhin online zu sehen, nämlich hier.
Leticia Jurema, Leiterin LIFE Peat Restore / Jonathan Etzold, Nationaler Koordinator
RE-PEAT - gestern und heute
Poesie, Naturschutz und Wissenschaft und das alles rund um den Moorschutz weltweit! Viele spannende Festival-Events vom 31. Mai haben die Veranstalter*innen jetzt digital zur Verfügung gestellt.
zu den Online-EventsOstasien – zwischen Überwinterungs- und Brutgebiet des Löffelstrandläufers
Freitag, 29. Mai 2020
Der Löffelstrandläufer ist ein kleiner Strandläufer und einer der seltensten Vögel der Welt. Er überwintert unter anderem in Südostasien und brütet im äußersten Nordosten Russlands. Ob Zwangsschließungen oder Quarantäne-Bestimmungen: Die internationale Task Force zum Schutz des bedrohten Löffelstrandläufers setzt ihre Arbeit unbeirrt fort.
Bisher hatten wir bei der internationalen Spoon-billed Sandpiper (SBS) Task Force sehr viel Glück, was Corona betrifft. Unsere Arbeit, die viele Länder auf dem ostasiatischen Zugweg einbezieht, ist nur wenig von dem Virus beeinflusst. Die Task Force, ein Zusammenschluss aus vielen Organisationen aus den Anrainerländern auf dem Zugweg und aus aller Welt, u.a. auch dem NABU, arbeitet seit fast 20 Jahren für den Schutz des bedrohten Löffelstrandläufers. Wir schätzen, dass es nur noch weniger als 500 Individuen des seltenen Strandläufers weltweit gibt.
Im Januar haben wir unsere Mittwinterzählung simultan im gesamten bekannten Überwinterungsgebiet durchgeführt. Mit über 42 Gebieten, meist in Südchina, Vietnam, Thailand Myanmar und Bangladesh hatten wir einen sehr hohen Deckungsgrad. Mitte Januar war die Zählung gerade in China abgeschlossen als dort kurz danach alles dicht gemacht wurde. Auch alle anderen Winterzählungen konnten ohne Einschränkungen durchgeführt werden. Insgesamt wurden gut 220 Löffelstrandläufer gezählt, das entspricht ungefähr den Zahlen aus den Vorjahren. Der hohe Anteil markierter Vögel ist jedoch Anlass zur Besorgnis, dass der globale Bestand weiterhin stark abnimmt. Allerdings wurden vom Heimzug corona-bedingt nur wenige Sichtungen gemeldet. So wurde ein markierter Vogel im April in Hong Kong beobachtet.
Die wohl einschneidendsten Auswirkungen hat das Wildfowl and Wetland Trust in Slimbridge, U.K. erfahren, die eine Population des Löffelstrandläufers in einem Wildtierzentrum betreuen. Dort ist das Zentrum geschlossen worden und die Belegschaft bis auf eine Notbesetzung in den Zwangsurlaub geschickt worden.
Spannend bleibt es nun mit unserem russischen Partner. Schaffen sie es trotz der strengen Quaratänebestimmungen im Lande eine Forscher*innengruppe ins Brutgebiet zu senden? Dies erscheint unter den gegebenen Umständen eigentlich unmöglich, aber wie schon öfters beobachtet im ‚Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten‘ scheinen es unsere Freunde unter der Leitung von Evgeny Syroechkovskiy wieder einmal geschafft zu haben. Eine erste Gruppe von sieben Wissenschaftler*innen ist in diesen Tagen im Brutgebiet angekommen. Sie müssen nun alle für 14 Tage in Quarantäne, aber das ist da draußen in der Tundra ohnehin kein Problem!
Wir werden berichten, wie es dem Team ergeht und ob sie erste Erkenntnisse von vor Ort zu berichten haben.
Christoph Zöckler, SBS Coordinator für die Manfred-Hermsen Stiftung und Leiter des Michael-Otto-Institut im NABU
Weiterführende Informationen rund um den bedrohten Löffelstrandläufer und die Arbeit der Spoon-billed Sandpiper (SBS) Task Force können Sie im aktuellen SBS-Newsletter, No. 22, nachlesen. Wir wünschen eine spannende und erkenntnisreiche Lektüre!
Afrika - Madagaskar und Äthiopien
Donnerstag, 21. Mai 2020
Auf dem afrikanischen Kontinent ist die Corona-Pandemie Teil des Alltags vieler Menschen geworden. Was wir für die kommende Zeit erwarten? Wenn der allgemeine Ausnahmezustand anhält, steigt auch der Druck auf Afrikas Schutzgebiete. Dafür gibt es bereits Anzeichen in Madagaskar und Äthiopien.
Auch wenn aufgrund der Kürze der Covid-19-Pandemie und mit unterschiedlichem Vorgehen verschiedener Staaten kaum konkrete Aussagen zu treffen sind, sind jedoch starke ökonomische, politische und soziale Auswirkungen des Lockdowns in Afrika zu erwarten. Es könnte zu medizinischen und versorgungstechnischen Notständen mit in Folge Hunger, erhöhter Kriminalität, Überfällen, politischen Umstürzen u.Ä. kommen.
Obwohl vereinzelt Länder in Afrika einen kurzfristigen Rückgang der Wilderei vermelden, ist zu erwarten, dass aufgrund des Ausfalls von (Öko)-Tourismus und anderen Einnahmequellen im Umfeld von Schutzgebieten sowie der eingeschränkten Arbeitsfähigkeit von Behörden und NGOs, Schutzgebiete unter vermehrtem Nutzungsdruck durch die lokale Bevölkerung und Wilderei zu leiden haben.
Das zeigt sich beispielsweise in Madagaskar, wo lokale Gemeinden vermehrt Holz einschlagen und Holzkohle daraus produzieren. Mit Anhalten des allgemeinen Ausnahmezustands ist zu erwarten, dass der Druck auf Afrikas Schutzgebiete weiter steigt. Die Folgen der Corona-Pandemie zwingen Gemeinden in und um Schutzgebiete verstärkt dazu, die natürlichen Ressourcen auf der Suche nach Nahrung und Einkommen auszubeuten. Zudem schwächt die aktuelle Situation die Handlungsfähigkeit vieler afrikanischer NGOs. Dies wird auch aus NABU-Projektgebieten beispielsweise in Äthiopien oder Madagaskar bestätigt. Ein deutlicher Anstieg von Wilderei ist etwa in Madagaskar zu verzeichnen.
Brit Reichelt Zolho, Leiterin Afrika-Programm NABU
Ein für den Naturschutz bedeutendes Schutzgebiet ist Mahavavy-Kinkony in West-Madagaskar mit einer Gesamtfläche von ca. 258.900 Hektar. Gemeinsam mit der lokalen Bevölkerung erarbeitet der NABU hier nachhaltige Nutzungsformen und Renaturierungskonzepte. Alternative Einkommensquellen verbessern langfristig den Lebensstandard und reduzieren den Nutzungsdruck auf die Ökosysteme.
Mehr zum ProjektKirgistan – Bishkek und Umgebung
Donnerstag, 14. Mai 2020
Trotz einer verlängerten Ausgangssperre in Kirgistan läuft die praktische Naturschutzarbeit im Gelände wieder an. Das ist gut und richtig so. Denn Schneeleoparden und Co. brauchen auch in dieser Zeit unsere Unterstützung.
In Kirgistan wurde die Ausgangssperre noch einmal bis zum 21. Mai verlängert. Trotzdem dürfen die vier Mitarbeiter der Anti-Wilderer-Einheit Gruppa Bars seit Beginn dieser Woche wieder im zentralasiatischen Hochgebirge Tian Shan auf Patrouille gehen. Das ist möglich, da die Männer kaum Kontakt zu anderen Menschen haben. Für den Fall, dass sie im einsamen Gebirge doch mal jemandem begegnen, haben sie Masken dabei.
Aber auch in den Wochen zuvor blieb die Gruppa Bars nicht untätig. Anfang Mai haben sie einen alten, sehr geschwächten Schneeleoparden ins NABU-Rehazentrum in Ananjewo gebracht. Das Tier wurde von einem Hirten aufgegriffen und der Staatsagentur für Umweltschutz und Forstwirtschaft gemeldet. Der Schneeleopard wurde auf den Namen „Tentek“ („der Lebhafte“) getauft. Im Rehazentrum sind derzeit insgesamt vier Schneeleoparden, sechs Bussarde, drei Steinadler und ein Luchs untergebracht.
Endlich wieder im Feld unterwegs! Auch die Mitglieder der Monitoring-Abteilung unserer kirgisischen NABU-Filiale sammeln seit dem 12. Mai wieder Fotofallen in den Gebieten des Yssykköl und Naryn ein und können nun, nachdem die Kameras zwei Monate aufgestellt waren, das Bildmaterial auswerten. Wir dürfen uns also bald auf neue Daten rund um die faszinierende Großkatze in der Region freuen.
Die kirgisische Regierung hat eine landesweite Bestandserfassung in ihrer nationalen Strategie zum Schutz der Schneeleoparden als wichtiges Ziel festgelegt. Der NABU unterstützt dieses Ziel und arbeitet für seine Umsetzung eng mit der kirgisischen Regierung und anderen Organisationen wie Snow Leopard Trust und der lokalen NGO Ilbirs zusammen.
Katja Kaupisch, Referentin für Weide- & Wildtiermanagement beim NABU
Der Schutz bedrohter Arten, wie die Schneeleoparden, stehen seit den 1990er Jahren im Zentrum unseres Engagements in Kirgistan – in der fragilen und wunderschönen Hochgebirgsregion Zentralasiens.
Mehr zu den ProjektenIndonesien – Hutan Harapan
Donnerstag, 7. Mai 2020
Während die indonesische Regierung lange gezögert hat, wurde im „Wald der Hoffnung“ schnell auf COVID-19 reagiert. Doch obwohl die Patrouillen gegen Wilderer weiterhin arbeiten können, setzen fehlende Einnahmen durch Ökotourismus das Projekt unter Druck.
Indonesien hat eine der niedrigsten Testraten der Welt. Bislang werden von 1 Millionen Menschen nur etwa 340 getestet und das bei einer Bevölkerung von über 260 Millionen Menschen. Mit Sorge beobachtet die Weltgemeinschaft daher die offiziellen Schutzmaßnahmen: Im Januar und Februar gab es noch den Rat von hohen Regierungsvertreter*innen, Kräutertee zu trinken und zu beten, auch das heiße Klima würde helfen. Mittlerweile gibt es jedoch strengere Regeln, dazu zählen das Abstandhalten und der Appell an die Bevölkerung zu Hause zu bleiben. Nun wurden auch alle Inlandsreisen verboten, einschließlich der traditionellen Pilgerreise von Millionen am Ende des Ramadans.
Im Regenwald-Projektgebiet Hutan Harapan wurden sofort Schutzmaßnahmen ergriffen und Kontaktbeschränkungen für die Mitarbeiter*innen erlassen. Schon jetzt gibt es strenge Zugangsregeln für das fast 100.000 Hektar große Waldgebiet. Besuche von Externen sind nahezu unmöglich und alle Mitarbeiter*innen, die von einem Besuch von Zuhause zurückkehren, müssen sich 14 Tage in Quarantäne begeben. Ein schwerer, aber wichtiger Schritt, denn es geht sowohl um den Schutz der Mitarbeiter*innen als auch der indigenen Batin Sembilan. Zusätzlich wurde die Besamo Health Clinic im Projektgebiet mit Schutzausrüstung versorgt und Masken sowie Desinfektionsmittel verteilt.
Für den Schutz von „Hutan Harapan“ (indonesisch: „Wald der Hoffnung“) ist es besonders wichtig, dass die Patrouillen weiter arbeiten können – denn Wilderer lassen sich nicht durch das Virus aufhalten. Bisher können die Maßnahmen zum Schutz und zur Restauration der durch illegalen Holzeinschlag degradierten Waldflächen wie gewohnt weiterlaufen. Auch wird mit Hochdruck an den Vorbereitungen für die Trockenzeit gearbeitet: Die Kolleg*innen vor Ort müssen noch zwei Feuertürme bauen und die Bepflanzung zurückgewonnener Gebiete vorantreiben.
Besonders fatal für den „Wald der Hoffnung“ ist, dass ein Teil der Einnahmen weggebrochen ist: Der Ökotourismus wurde eingestellt und die Weiterentwicklung von möglichen Einnahmequellen auf Eis gelegt. Und auch für uns hier in Deutschland ist es nicht immer einfach. Das Arbeiten auf Distanz sind wir zwar gewohnt, dennoch ist das Projekt „Hutan Harapan“ durch seine schiere Größe und die vielen Projektpartner sehr komplex. Da ist die persönliche Begegnung und Abstimmung besonders wichtig. Eigentlich wären wir dafür genau jetzt vor Ort. Nun versuchen wir, alles aus der Ferne per Videochat zu klären.
Charlotte Lorentz, Stellvertretende Teamleiterin Internationaler Moorschutz und Südostasien-Projekte
Ein wichtiger Schlüssel, um die Pariser Klimaziele zu erreichen? Die Ökosystem-Funktionen von Regenwäldern zu erhalten und wiederherzustellen! Für dieses Vorhaben erhält das 100.000 Hektar große Waldgebiet „Hutan Harapan“ in Indonesien Unterstützung der Internationalen Klimaschutzinitiative.
Tadschikistan
Donnerstag, 30. April 2020
In Tadschikistan ist über die heimische Vogelwelt nur wenig bekannt, weder international, noch in der lokalen Bevölkerung. Es ist an der Zeit, Projekte und Programme zu diesem Thema zu entwickeln!
Über 9 Millionen Menschen leben in dem zentralasiatischen Land Tadschikistan, das unter anderem an China und Kirgistan angrenzt. Offizielle Angaben zu COVID-19-Fällen gibt es bisher nicht und auch ein Lockdown wurde nicht ausgerufen. Trotzdem stellt sich die Lage alles andere als entspannt dar. Für Einreisende – etwa aus Deutschland – gelten strenge Kontrollen, Gesundheitsprüfungen mit Temperaturmessungen und Einreisesperren. Aber in die Projektregionen in Tadschikistan reisen wir ohnehin nur alle zwei Jahre, da unsere Partner vor Ort sehr erfahren sind.
Mit unserer Partnerorganisation ANCOT (Association of Nature Conservation of Tajikistan) stehen wir via Video-Calls und E-Mails im engen Austausch. Gemeinsam entwerfen wir gerade ein mehrjähriges Programm zur Entwicklung von Birdwachting-Tourismus in Tadschikistan mit seinen vielen verschiedenen Ökosystemen. Denn viel ist über die Vogelwelt in den Hochgebirgsregionen, Wüsten und fruchtbaren Tälern des Landes bisher gar nicht bekannt: Welche Zugvögel kommen in den Gebirgsregionen vor? Welche Vogelarten sind besonders bedroht? Welche Schutzmaßnahmen wären sinnvoll? Zu Themen wie diesen soll es Fortbildungen, Ausstellungen, Trainings und Publikationen geben. Birdwatching ist ein sich stark entwickelnder Zweig im Naturtourismus und eine Möglichkeit, der lokalen Bevölkerung und den Ranger*innen ein zusätzliches Einkommen zu ermöglichen. Naturschutz geht nur mit den Menschen, niemals ohne sie!
Unser langfristiges Ziel ist es zusammen mit ANCOT einen neuen Birdlife-Partner in Tadschikistan aufzubauen. Weltweit haben sich bereits über 120 nationale Naturschutzverbände aus fast ebenso vielen Ländern aller Kontinente unter dem Dach von BirdLife International zusammengefunden, um ihre Schlagkraft für Artenvielfalt, Lebensräume und nachhaltige Entwicklung zu erhöhen: Denn Naturschutz hört nicht an den Grenzen auf. Auch nicht in Zeiten von Corona.
Katja Kaupisch, Referentin für Weide- & Wildtiermanagement beim NABU
Was wir sonst noch tun in Tadschikistan? In dem zentralasiatischen Land unterstützen wir den Aufbau von gemeindebasierten Wildschutz-Vereinen, wie den Verein „Burgut“. Auf einer Fläche von 1.000 Quadratkilometern im Osten Tadschikistans engagieren sich ehemalige Jäger*innen für den Schutz von Schneeleoparden.
Mehr zum ProjektÄthiopien - Kafa-Biosphärenreservat
Freitag, 24. April 2020
Die Situation in Äthiopien ändert sich gerade sehr schnell. Klar ist trotzdem: Das Projekt “Coffee-novation” – es trägt ja schließlich schon die Innovation im Namen – läuft auch unter diesen Bedingungen weiter, nur anders als gedacht. Wir machen keine Kaffeepause.
Am 10. April wurde in Äthiopien für die kommenden fünf Monate der Ausnahmezustand ausgerufen. Was bedeutet diese Situation ganz unmittelbar für das Alltagsleben der Menschen, zu denen auch sieben NABU-Kolleg*innen und zahlreiche Kaffeebauern im Kafa-Biosphärenreservat zählen? Konkret, dass Schulen und Universitäten weiterhin geschlossen bleiben und auch Veranstaltungen ab vier Personen nicht stattfinden dürfen. Die Behörden raten allen Bürger*innen des Landes zu Hause zu bleiben. Von A nach B kommen? Das ist gar nicht mehr so einfach. Zunächst fuhren in Addis Abeba, der Hauptstadt Äthiopiens, und auch in der südwestlichen Verwaltungsregion SNNPR gar keine Verkehrsmittel mehr. Mittlerweile wurde der öffentliche Nahverkehr auf 50 Prozent hoch gefahren. Die Regierung hat zudem einen Masterplan verabschiedet, der es der Regierung erlaubt, Fahrzeuge zu beschlagnahmen und bei Bedarf (Büro-) Gebäude zu schließen.
All das sind erschwerte Bedingungen, mit denen auch unser Projekt “Coffee-novation” im Kafa-Biosphärenreservat gerade zu kämpfen hat. Aber eine „Kaffeepause“ machen wir deswegen noch lange nicht: Unternehmen, lokale Kaffeebauern und NGO’s entwickeln weiterhin neue kaffeebasierte Produkte wie Bio-zertifizierten Kafa-Gartenkaffee, Getränke aus Kaffeeblättern und Briketts aus Kaffeeschalen – ein Beitrag für mehr Nachhaltigkeit, klimafreundliches Wirtschaften und lokales Engagement.
Geplante Investitionen für Trockengestelle („drying beds“) in den Heimgärten, die zum Anbau der Produkte nötig sind, können wir tätigen. Außerdem unterstützen wir im Moment Kaffeebauern dabei, Genossenschaften zu gründen und den Bio-Anbau zu etablieren. Überall da, wo jetzt unsere Kolleg*innen und im Projekt beteiligte Kaffeebauern miteinander in Kontakt treten, müssen sie die neuen Hygienevorschriften beachten: Abstand einhalten. Nies-Etikette. Regelmäßiges und gründliches Händewaschen. Verhaltensregeln, die auch in Deutschland mittlerweile fast jede*r in und auswendig kennt. Nur ist das in ländlichen Regionen Äthiopiens ohne Badezimmer unter sehr erschwerten Bedingungen umzusetzen.
Zusammen mit der dänischen NGO Forests of the World plant NABU Äthiopien Trainings mit den Kaffeebauern, zum Beispiel zum Thema „Wie erstelle ich einen Businessplan?“ oder „Gesetzgebung bei Genossenschaften“. Leider mussten wir einen Teil der Trainings aufgrund des Versammlungsverbots und des internationalen Reiseverbots auf unbestimmte Zeit verschieben. Wann genau sie stattfinden können, wird sich noch herausstellen. Wir bleiben erst einmal optimistisch und vor allem innovativ!
Elizabeth Oertel, Projektkoordinatorin “Coffee-novation” im Kafa-Biosphärenreservat
In Äthiopien werden neue kaffeebasierte Produkte wie Bio-zertifizierter Kafa-Gartenkaffee, Getränke aus Kaffeeblättern und Briketts aus Kaffeeschalen entwickelt. Gemeinsam mit den Menschen vor Ort tragen wir zu einer nachhaltigen, zukunftsfähigen und naturnahen Entwicklung im Kafa-Biosphärenreservat bei.
Mehr zum ProjektÄthiopien - Kafa-Biosphärenreservat
Mittwoch, 22. April 2020
Äthiopien steht in der Corona-Krise noch am Anfang. Wie hoch die Dunkelziffer der Infektionsfälle ist, lässt sich nicht seriös schätzen. Umso wichtiger, dass die Menschen jetzt so schnell wie möglich mit dem Nötigsten zur Bekämpfung der Pandemie versorgt werden – Masken, Seife, Desinfektionsmittel.
Angekommen! Schon im März hatten wir die Corona-Sonderkommission der äthiopischen Regierung in Kafa finanziell unterstützt. Jetzt konnte das NABU Project Office Bonga die eingetroffenen Masken, Seife, Desinfektionsmittel im Wert von mehr als 7.000 Euro übergeben. In den nächsten Wochen wird die Sonderkommission diese im Moment so raren Güter in der Bevölkerung in Kafa verteilen. In die Spende sind Mittel des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eingeflossen.
Kaum etwas ist derzeit so wichtig wie seriöse und sachliche Informationen. Wie können wir uns schützen? Was sind klassische Symptome des neuartigen Coronavirus? Was muss ich beachten, wenn ich vermute erkrankt zu sein? Zu diesen Fragen hat unser Kafa-Team einen Radio-Beitrag im lokalen Sender SNNPR initiiert. Zusammen mit den Kolleg*innen vor Ort, darunter unser Kommunikations-Experte Abdurazak Sahile, wollen wir in der Kafa-Region ein größeres Bewusstsein für die Krise schaffen, um die Gesundheit der Menschen zu schützen.
Brit Reichelt Zolho, Leiterin Afrika-Programm NABU
Europa - Lettland, Litauen, Estland, Polen, Deutschland
Donnerstag, 16. April 2020
In Deutschland und anderen europäischen Ländern wurden erste Lockerungen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beschlossen. Aber Normalität sieht anders aus. Wenigstens die Renaturierungsvorhaben im Biesenthaler Becken und in weiteren Mooren Europas laufen derzeit noch nach Plan.
Der Frühling erwacht in den Mooren vom Biesenthaler Becken bis ins estnische Kuursoo Leidissoo. In unseren Projektstandorten in Lettland, Litauen, Estland, Polen und Deutschland werden die letzten Genehmigungen für die Baumaßnahmen eingeholt und auch weiter Treibhausgase gemessen. Erst im Herbst soll es mit den Renaturierungsmaßnahmen losgehen, damit sich hier lebende Arten – wie zum Beispiel der Moorfrosch – in Ruhe fortpflanzen können.
Das Biesenthaler Becken liegt mitten in einem großen Naturschutzgebiet zwischen Wäldern, Feuchtgebieten und Wiesen nördlich von Berlin und ist eines von 13 Moorflächen im LIFE-Projekt Peat Restore. Vor gar nicht so langer Zeit konnten hier im März noch riesige „Moorfroschhochzeiten“ beobachtet werden.
Was es mit den geplanten Renaturierungsmaßnahmen auf sich hat? In wiedervernässten Mooren wird die Torfmineralisierung kurzfristig gestoppt. Zusätzlich findet langfristig wieder Torfbildung statt. Das Kohlendioxid (CO2) aus der Luft wird durch verschiedene Prozesse im Torf als Kohlenstoff festgelegt und dadurch langfristig gespeichert. Für eine Klimapolitik mit dem Ziel, die Treibhausgasemissionen spürbar zu reduzieren, ist der Schutz intakter und die Restauration zerstörter Moorlandschaften unverzichtbar. Gerade in diesen Zeiten ist es extrem wichtig, den Klimaschutz weiterhin ganz oben auf die Agenda zu setzen und ihn nicht einfach so aus den Augen zu verlieren – so nach dem Motto, Corona sei ja schon Krise genug!
Auch für die Moore in den weiteren Projektländern erwarten wir, dass wir mit unseren geplanten Renaturierungsmaßnahmen im Herbst beginnen können (Karte der Projektflächen). Das war von Anfang an so geplant. Die Corona-Pandemie macht uns in dieser Hinsicht zum Glück erst einmal keinen Strich durch die Rechnung.
Leticia Jurema, Leiterin LIFE Peat Restore / Jonathan Etzold, Nationaler Koordinator
Das LIFE-Projekt Peat Restore besteht aus neun Partnern aus den Ländern Polen, Lettland, Litauen, Estland und Deutschland. Es hat sich zum Ziel gesetzt, durch Restaurierung Moore auf einer Fläche von 5.300 Hektar in naturnahe Lebensräume zu entwickeln und somit die natürliche Funktion des Kohlenstoffspeichers wiederherzustellen.
Mehr zum ProjektKirgistan – Bishkek und Umgebung
Donnerstag, 9. April 2020
Coronavirus in Kirgistan: Wasservögel und andere Vogelarten profitieren. Das Rehazentrum für Schneeleoparden wird weiter betrieben. Und für das Weide- und Wildtiermanagement im Tian-Shan-Gebirge ist gerade mehr Zeit für konzeptionelle Projektarbeit.
Es gibt auch positive Nachrichten in dieser Zeit. In dem zentralasiatischen Land Kirgistan wurde jetzt die Frühjahrsjagdsaison auf Wasservögel und andere Vogelarten vorübergehend ausgesetzt. Der Schritt soll dabei helfen, die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen und die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, so die Begründung der Staatsagentur für Umweltschutz und Forstwirtschaft in Kirgistan. Ob diese Maßnahme tatsächlich zum gewünschten Erfolg führt, lässt sich derzeit nicht seriös beurteilen. Für uns steht aber fest: Aus Artenschutzsicht ist diese Maßnahme sehr zu begrüßen! Denn die Frühjahrsjagd wirkt sich auf die Zugvögel, die aus ihren Überwinterungsgebieten zurückkehren, zu Beginn der Brutzeit negativ auf die Populationsentwicklung aus.
Politische Maßnahmen wie diese zeigen, dass wir uns auch in Kirgistan gerade mitten in der Corona-Krise befinden. Beinahe im gesamten Land gilt zunächst bis 15. April eine Ausgangssperre für alle Bewohner*innen. Dörfer und Verwaltungsgebiete sind abgesperrt. Niemand kommt mehr raus oder rein. Besonders streng ist die Situation in der Hauptstadt Bishkek im Norden des Landes, wo sich auch die NABU-Filiale befindet: Alle Menschen müssen hier zu Hause bleiben. Um ihre Gesundheit zu schützen, befinden sich unsere Mitarbeiter*innen also erst einmal im Homeoffice.
Das Rehazentrum für verletzte Schneeleoparden, das sich in der Nähe der kirgisischen Stadt Ananyevo am Hochgebirgssee Yssykköl befindet, können wir zum Glück weiterhin betreiben. Da sehen wir vorerst kein Problem. Stärkere Einschränkungen bekommen derzeit andere NABU-Mitarbeiter*innen zu spüren. Die vier Männer unserer Anti-Wilderer-Einheit „Gruppa Bars“ dürfen aktuell nicht wie gewohnt im Norden des Landes, im Tian-Shan-Gebirge, unterwegs sein, um dort zum Beispiel Kamerafallen aufzustellen. Diese Einschränkung gilt zunächst ebenfalls bis zum 15. April. Wir hoffen sehr, dass diese Maßnahmen zum Schutz vor dem Virus bald stufenweise aufgehoben werden können. Wann das sein wird? Darüber lässt sich natürlich auch hier nur mutmaßen.
Unser Alltag besteht nicht nur aus der Arbeit im Feld. Für das Projekt „Gemeindebasiertes Weide- und Wildtiermanagement im Tian-Shan-Gebirge in Kirgistan“ sind wir gerade mitten in der Planung für eine Konferenz, die Ende 2020 in Bishkek stattfinden soll. Zusätzlich erarbeiten wir Publikationen und Bildungsangebote. Im Mittelpunkt steht die Frage: Wie können wir ökologische Prinzipien und den Schutz bedrohter Wildtierarten in die Weidewirtschaft im Kara-Kujur-Tal integrieren? Auch wenn es langweilig klingt (ist es übrigens gar nicht!) gehört konzeptionelle Arbeit zu unserem Projektalltag dazu.
Katja Kaupisch, Referentin für Weide- & Wildtiermanagement beim NABU
Der Schutz bedrohter Arten, wie die Schneeleoparden, stehen seit den 1990er Jahren im Zentrum unseres Engagements in Kirgistan – in der fragilen und wunderschönen Hochgebirgsregion Zentralasiens.
Indien - Nationalparks in Assam
Freitag, 3. April 2020
In Indien sind bis heute über 1.900 bestätigte Corona-Fälle bekannt. Mittlerweile gilt eine Ausgangssperre im gesamten Land. Die Maßnahmen bekommen auch die Ranger der Spürhundestaffeln im indischen Bundesstaat Assam in ihrer täglichen Arbeit zu spüren.
Um der Verbreitung von COVID-19 Einhalt zu gebieten, hat die Regierung von Assam Mitte März alle Tigerreservate, Nationalparks und Wildschutzgebiete geschlossen. Kurz darauf, am 25. März, trat dann mit vier Stunden Vorankündigung eine 21-tägige Ausgangsperre in ganz Indien in Kraft. Von diesen Maßnahmen sind nun 1,3 Milliarden Bürger*innen betroffen. Und natürlich auch die Ranger der Spürhundestaffel im Kaziranga-Nationalpark.
Unsere Hundeteams in Kaziranga (Anil und Leon, Rahul und Sheela) und in Pobitora (Nirmal und Misky) sind aber weiterhin im Nationalpark im Einsatz. Das ist auch notwendig, da die Gefahr besteht, dass Wilderer den landesweiten Lockdown ausnutzen. Natürlich gelten auch für die Teams vor Ort Hygienebestimmungen, wie wir sie auch in Deutschland mittlerweile gut kennen: Dem Team in Assam wurden Handdesinfektionsmittel und Gesichtsmasken zugestellt und detaillierte Anweisung zur sozialen Distanzierung kommuniziert. Wenn die Teams nicht im Nationalpark unterwegs sind oder Übungen mit ihren Hunden durchführen, bleiben sie in ihren Baracken.
Ein 79-jähriger amerikanischer Tourist, der in Bhutan positiv auf COVID-19 getestet wurde, war Ende Februar durch Assam gereist. Die staatliche Gesundheitsbehörde hat daraufhin mehr als 400 seiner Kontakte an verschiedenen Orten, in denen er sich aufgehalten hatte, verfolgt. Das führte dazu, dass viele Menschen ausländische Tourist*innen auch in und um den Kaziranga-Nationalpark beschimpften.
Unabhängig davon forderte unsere Partnerorganisation Aaranyak die Regierung von Assam am 12. März dazu auf, eine moderne Polizeistation und ein Krankenhaus im Kaziranga-Nationalpark einzurichten. Aaranyak drängte darauf, das derzeitige Krankenhaus von Kohora zu einem modernen Krankenhaus auszubauen. Kohora ist eine kleine Stadt im Süden des Kaziranga-Nationalparks. Die hier aktuell bestehenden Einrichtungen im Gesundheitszentrum reichen nicht aus, um Ranger, die durch Angriffe von Wildtieren oder Wilderern oft lebensgefährlich verletzt werden, angemessen zu behandeln. Daher müssen selbst schwer verletzte Menschen in kritischem Zustand in andere, weit entfernte Krankenhäuser evakuiert werden. Diese Situation könnte sich aufgrund der Corona-Pandemie jetzt zuspitzen.
Barbara Maas, Leiterin Internationaler Artenschutz NABU International
Kampf gegen Wilderei im indischen Assam: Mit dem Aufbau einer Spürhunde-Staffel sorgen wir für den Schutz von Tigern und Panzernashörnern in den drei wichtigsten Naturschutzgebieten in Assam.
Mehr zum ProjektÄthiopien - Kafa-Biosphärenreservat
Donnerstag, 26. März 2020
Zu selten geht der Blick dieser Tage nach Afrika. In Äthiopien, einem afrikanischen Land, in dem der NABU besonders aktiv ist, kann der Corona-Virus für das Gesundheitssystem zur Zerreißprobe werden. Fast 30 NABU-Mitarbeiter*innen in Äthiopien versuchen derzeit, Ihre Arbeit von zu Hause aus umzusetzen.
Seit Anfang der Woche gilt in Äthiopien der sogenannte Lockdown. Alle Veranstaltungen sind im gesamten Land abgesagt worden. Wie ich gehört habe, blieb auch die Hauptstadt Addis Abeba nicht von Panikkäufen verschont. Um unsere NABU-Mitarbeiter*innen in Addis Abeba, im Kafa-Biosphärenreservat und am Tanasee zu schützen, habe ich sie alle sofort ins Homeoffice geschickt. Aber das ist gar nicht so selbstverständlich. Denn die wenigsten Haushalte sind entsprechend ausgestattet. „Habt ihr zu Hause Internet? Wie sieht die Stromversorgung zur Zeit aus?“. Zur Überbrückung stellen wir fehlende technische Ausstattung und Guthaben für Telefon und Internet zur Verfügung, damit wir weiterhin kommunizieren können. Denn im Austausch zu bleiben und sachliche Informationen über das Corona-Virus mit unseren Kolleg*innen in Äthiopien zu teilen, ist jetzt extrem wichtig. Fake News verbreiten sich auch in Äthiopien gerade in Windeseile.
Wir sind in der glücklichen Lage, dass einige Maßnahmen in unseren Projekten gerade wie geplant weiterlaufen können. Unsere Frauen-Gruppen, die zur Einkommensschaffung Kräuter anbauen, und die Kaffeebauern, deren Kaffee zukünftig nach ökologischen Richtlinien zertifiziert werde soll, sind durch ihre Arbeit in ihren Heimgärten kaum betroffen. Schwieriger ist da dann schon der sonst übliche Kräuter-Verkauf auf dem Markt und die Fertigstellung unserer Trockenräume, die gerade gebaut werden. Auch Wiederaufforstungsmaßnahmen, die Waldlücken im Kafa-Biosphärenreservat schließen sollen, laufen trotz der aktuelle Situation weiter. Denn Bäume wachsen auch bei Corona. So paradox es klingen mag, gerade erleben wir ja weltweit eine Art Verschnaufpause für die Natur. Dennoch erwarten wir verheerende Auswirkungen in einem Land wie Äthiopien, in dem das Gesundheitswesen kaum vorhanden ist und es zu erwarten ist, dass sich das Virus aufgrund lokaler Gepflogenheiten über die Maßen ausbreiten wird. Hier müssen wir dem Land und seinen Menschen zur Seite stehen. So unterstützen wir finanziell eine Corona-Sonderkommission, die in der Kafa-Region versucht, die Ärmsten der Armen zumindest mit einfachen Mitteln wie Seife, Hygieneprodukten und Grundnahrungsmitteln zu versorgen.
Und für uns im Projektmanagement gilt wieder die goldene Regel: Flexibel und gelassen auf unerwartete Situationen reagieren! Daran halten wir uns auch jetzt. Eigentlich stand in diesen Tagen der Abschluss-Workshop des Projekts „Gemeindeaktivierung in Kafa“ mit Vertretern aller lokalen Gemeinden und Partnern aus Regierung und Wissenschaft an. Gleichzeitig sollte gemeinsam im Team von NABU Ethiopia das Projekt intern evaluiert und Lessons Learned erarbeitet werden. Diese Veranstaltungen müssen jetzt erstmal ausfallen. Wir bemühen uns jedoch, in Abstimmung mit den Geldgeber*innen, die Veranstaltungen zu einem späteren Zeitpunkt durchführen zu können. Wann das genau sein wird, können wir aktuell nicht sagen. Auch hier müssen wir pragmatisch mit der Situation umgehen und erstmal gesund durch diese Krise kommen.
Brit Reichelt Zolho, Leiterin Afrika-Programm NABU
Gemeindeaktivierung in Kafa: In Äthiopien setzt sich der NABU zusammen mit lokalen Initiativen für den Erhalt der Bergnebelwälder ein, dem Heimatland des beliebten Arabica-Kaffees.
Europa - Lettland, Litauen, Estland, Polen, Deutschland
Montag, 23. März 2020
5.300 Hektar trockengelegte Moorflächen sollen in Lettland, Litauen Estland, Polen und Deutschland bis 2021 renaturiert werden. Das ist nach wie vor möglich. Beim Thema Erfahrungsaustausch mit Projektpartnern und Expert*innen machen wir gerade Abstriche.
Treffen nein, vernässen ja! So könnte man die Auswirkungen der aktuelle Situation auf unsere Arbeit zusammenfassen. Als EU-Projekt halten wir mit unseren Projektaktivitäten ein Gleichgewicht zwischen nationalen und internationalen Maßnahmen. Wir tauschen Erfahrungen aus und vernetzen uns mit Gleichgesinnten. Normalerweise nehmen Kolleg*innen an wissenschaftlichen Konferenzen teil und organisieren selbst Veranstaltungen. Wie man sich vorstellen kann, wirken sich die derzeitigen Einschränkungen erheblich auf unsere geplanten Projekt-Treffen, Konferenzen und Workshops aus.
Wir haben jetzt einen Workshop in Lettland verschoben, der von unserem NABU-Experten für Treibhausgasmessungen, Andreas Herrmann, organisiert wurde. Wir wollten unsere Erfahrungen diskutieren und die Ergebnisse der im Projektland durchgeführten Treibhausgasmessungen bewerten. Zum Glück werden wir das nachholen, aber ebenfalls erst im Herbst. Ich könnte noch viele geplante Treffen, Workshops und Konferenzen aufzählen, die inzwischen abgesagt oder verschoben werden mussten, aber dann wird das hier eine schier endlose Liste.
Bleibt noch zu sagen, dass wir alle unser Bestes geben, um uns an die aktuelle Situation anzupassen. Wir verschieben, was wir verschieben können und nutzen noch stärker als vorher virtuelle Plattformen für den gemeinsamen Austausch. Für mich ist klar, dass wir alle gerade geduldiger, flexibler und verständnisvoller sein müssen, um diese beispiellose Situation gut zu überstehen.
Leticia Jurema, Leiterin LIFE Peat Restore
Das LIFE-Projekt Peat Restore besteht aus neun Partnern aus den Ländern Polen, Lettland, Litauen, Estland und Deutschland. Es hat sich zum Ziel gesetzt, durch Restaurierung Moore auf einer Fläche von 5.300 Hektar in naturnahe Lebensräume zu entwickeln und somit die natürliche Funktion des Kohlenstoffspeichers wiederherzustellen.
internationale projekte
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