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Mahd im Naturschutz
Naturverträgliches Mähen scheint vor einer schier unlösbaren Aufgabe zu stehen: Einerseits müssen Wiesen gemäht werden, um sie als Lebensraum für eine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt zu erhalten. Andererseits verändert die Mahd den Lebensraum vieler Arten drastisch und zerstört – zumindest zeitweise – Deckung, Brutplätze und Nahrungsangebot vieler Arten. Gefährdet sind vor allem Feld- und Wiesenvögel wie Kiebitz, Rebhuhn oder Braunkehlchen sowie verschiedene Insekten- und Pflanzenarten.
Den richtigen Zeitpunkt erwischen
Um es gleich vorwegzunehmen: Den einen perfekten Mahdzeitpunkt, der allen gerecht wird, gibt es nicht. Es gilt zu entscheiden, welche Tier- oder Pflanzenarten in erster Linie geschützt werden sollen, rät Michael Salomon vom NABU-Kreisverband Main-Tauber in einer Handreichung zum Mähen von Wiesen und Wegrändern. „Bei Bodenbrütern und in Bodennähe brütenden Vögeln wie beispielsweise der Feldlerche und der Goldammer sollte nach dem Abschluss der Brut, also ab Anfang August gemäht werden“, lautet die Empfehlung.
„Beim perfekten Zeitpunkt für Mahd wird es kompliziert“, so auch Cäcilia von Hagenow, NABU-Referentin Agrarpolitik und ländliche Räume. Wer etwa auf die Brut von Großem Brachvogel, Bekassine oder Uferschnepfe abzielt, kann bereits ab Juni mit der Mahd beginnen. Artenreiche Blumenwiesen sollten erst im Spätherbst gemäht werden, um den Spätblühern genügend Zeit zur Entwicklung zu geben. Einige Wildkräuter haben von der Vorverlegung des Mahdtermins profitiert –zum Nachteil der Bodenbrüter.
Mosaikmahd mit der Sense
„In der Ruhe liegt die Kraft“: Wenn Stefan Köttgen von der NABU-Gruppe Eimsbüttel zur Sense greift, geht es ganz langsam voran. Rund 700 Quadratmeter mähen er und seine Mitstreitenden, unter anderem Streuobst- und Wildblumenwiesen im Stadtpark. Zentimeter für Zentimeter arbeiten sie sich vor. Nur nicht zu ehrgeizig, damit die Schnittfläche an den Pflanzen glatt bleibt und sie gesund nachwachsen können.
Seit etwa sechs Jahren kümmert sich die Gruppe um die Fläche. Ein- bis zweimal im Jahr wird gemäht, frühestens ab Ende Mai. Und zwar immer abschnittsweise, mosaikartig, im Abstand von ein bis zwei Wochen. So können Wildbienen, Käfer und Schmetterlinge auf andere Flächen ausweichen. Das Schnittgut wird einige Tage liegen gelassen, damit sich langsamere Insekten wie Raupen und Co. und andere Tiere zurückziehen oder in den Boden einwandern können.
Das Wie entscheidet mit
Das Mähen mit der Sense ist eine der insektenschonendsten Mäharten, bei der nur ein geringer Anteil der Tiere zu Schaden kommt. Bei größeren Flächen sollten sogenannte Balkenmäher eingesetzt werden. Ihre Scherentechnik schont ebenfalls Insekten und sorgt für einen sauberen Schnitt der Pflanzen. Kreisel- und Trommelmähwerke hingegen verursachen durch ihre rotierenden Messer bei hoher Drehzahl, Fahrgeschwindigkeit und Sogwirkung große Schäden an Tieren und Pflanzen. Auf sogenannte Aufbereiter sollte gänzlich verzichtet werden: Sie zerkleinern das Mähgut, um es schneller trocknen zu lassen, zerquetschen dabei aber auch einen Großteil der Insekten.
Je größer, desto schlechter
„In der Landwirtschaft sollen die Erträge durch Intensivierung auch bei der Mahd erhöht werden“, sagt von Hagenow. „Wurden Wiesen früher höchstens dreimal im Jahr gemäht, sind es heute fünf- bis sechsmal.“ Möglich macht das die starke Düngung, die die Wiesen schneller wachsen und verarmen lässt. Mit großen Maschinen können große Flächen schnell gemäht werden, und artenreiche Lebensräume verschwinden schlagartig. Deshalb gilt auch hier: Nicht die ganze Fläche auf einmal mähen, sondern abschnittsweise. Altgrasstreifen, also Flächen, die gar nicht gemäht werden, bieten wertvolle Zufluchtsorte.
Wie kurz darf‘s denn sein?
Knapp über dem Boden, Flaschenhöhe, nicht zu kurz schneiden – was für den Schnittzeitpunkt gilt, gilt auch für die Schnitthöhe. Sie hängt davon ab, welche Tier- und Pflanzenarten geschützt werden sollen. Eine Schnitthöhe von etwa zehn Zentimetern schont Insekten, ab 14 Zentimetern erhöhen sich die Überlebenschancen von Amphibien und anderen Kleintieren. Nicht zuletzt profitieren auch die Pflanzen selbst von einem etwas längeren Schnitt. Sie müssen weniger Energie für die Photosynthese aufwenden und können dadurch schneller wachsen.
Um es noch etwas komplizierter zu machen: Nicht nur die Jahreszeit spielt eine Rolle, sondern auch die Tageszeit und das Wetter: Beim NABU Eimsbüttel wird morgens gemäht, wenn es noch etwas feucht ist. Auch wer Reptilien wie Ringelnatter oder Zauneidechse schützen will, sollte bei kühleren Temperaturen morgens oder abends mähen. Für Schmetterlinge ist es am besten, bei hohen Temperaturen mittags oder nachmittags zu mähen. Auch Amphibien ziehen sich bei sonnigem und warmem Wetter in ihre Verstecke zurück und sind so vor dem Mähwerk geschützt.
Wie nun also richtig mähen? Es kommt darauf an: Entscheidend ist die Vielfalt bei der Mahd, so der NABU-Kreisverband Main-Tauber. Mähen Sie auf verschiedenen Flächen zu verschiedenen Zeiten, aber regelmäßig und zu den gleichen Jahreszeiten. Auch die Landwirtschaft sollte keine kollektiven Zeiträume vorgeben, sagt von Hagenow. „Sie sollte sich vielmehr am jeweiligen Schutzziel oder an Leitarten orientieren.“
Julian Bethke und Katrin Jetzlsperger (Naturschutz heute 3/23)
Der größte Reichtum der Erde ist die Fülle der Lebensformen von Tieren und Pflanzen in den Ökosystemen, Klimazonen und Landschaftsformen unseres Planeten. Die Zahl der auf der Erde lebenden Arten wird auf zehn bis 30 Millionen geschätzt. Stärker als je zuvor ist diese Vielfalt heute durch den Menschen gefährdet. Mehr →