1. Versorgungsleistung: Die Natur produziert Lebensmittel, Wasser, Luft und liefert die Basis für Innovationen und Medizin. Über die Hälfte des weltweiten Bruttoinlandsprodukts – ein Wert von etwa 44 Billionen Dollar – ist direkt oder indirekt abhängig von der Natur. - Foto: NABU/Bernd Schaller
Was ist Biodiversität?
Über die biologische Vielfalt auf unserer Erde
Biodiverstität – das klingt abstrakt, doch ihr rasend schneller Rückgang bedroht uns konkret. Vielleicht schreitet der Verlust auch deshalb so rasend schnell voran, weil er im Einzelnen oft unbemerkt bleibt. Wen stört es schon, wenn die Kreuzkröte nicht mehr in der direkten Nachbarschaft quakt? Doch die Folgen der Naturkrise sind für uns alle massiv, vergleichbar mit der Klimakrise. Ein genauerer Blick lohnt sich.
Biologische Vielfalt – eine kurze Definition
Als biologische Vielfalt oder Biodiversität bezeichnen wir die Vielfalt des Lebens auf unserer Erde. Sie beruht insbesondere auf drei Aspekten:
Vielfalt der Lebensräume: Es gibt zahlreiche unterschiedliche Ökosysteme, wie zum Beispiel Wälder, Moore, Wiesen und Auen. Sie sind die Heimat aller Arten und die Grundlage, dass Artenvielfalt überhaupt entstehen kann. Ihre Vielfalt und ihre Verbindung untereinander sind wichtig, da viele Lebewesen an ihren Lebensraum speziell angepasst sind. Auch für uns Menschen sind vielfältige Ökosysteme wichtig, da sie uns versorgen und uns Erholungsorte bieten.
Artenvielfalt: Dieses Wort verwenden viele als Synonym für Biodiversität, es beleuchtet jedoch nur einen Aspekt: die Vielzahl verschiedener Arten von Organismen, die auf der Erde existieren. Dies umfasst alle Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen in verschiedenen Lebensräumen. Nur mit vielen verschiedenen Arten bleibt die Natur im Gleichgewicht. Ein ganz einfaches Beispiel, warum die Artenvielfalt für uns wichtig ist? Apfelbäume bilden größere Früchte, wenn sie von vielen verschiedenen Wildbienenarten bestäubt werden, als nur von Honigbienen (oder am Ende gar von Hand).
Genetische Vielfalt bezieht sich auf die Variationen in den Genen und genetischen Merkmalen innerhalb einer bestimmten Art. Sie ist entscheidend für die Anpassungsfähigkeit und Überlebensfähigkeit einer Art, da sie die Grundlage für die Evolution und die Fähigkeit zur Bewältigung von Umweltveränderungen bildet.
Biologische Vielfalt macht satt, reich und glücklich
Alles, was wir zum Leben brauchen, stammt aus der Natur. Ob in den Tiefen der Ozeane, im heimischen Garten oder inmitten einer schroffen Berglandschaft: Überall arbeitet die Natur kostenlos für uns und erbringt sogenannte Ökosystemleistungen, von denen unser Wohlstand, unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden abhängen. Fehlen diese Dienstleistungen, drohen drastische Folgen: Ernteausfälle, Naturkatastrophen, Pandemien. Aber nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht entsteht ein immenser, unbezahlbarer Schaden. Die Natur ist für uns Ort der Erholung und der Inspiration.
Vier zentrale Funktionen übernimmt die biologische Vielfalt für uns:
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2. Regulierende Leistung: Gesunde Vegetation wirkt ausgleichend auf das Mikro- und Makroklima, sie schützt vor Flut und Dürre. Und: Schon gewusst, dass wir jeden zweiten Atemzug mit frischem Sauerstoff unseren Meeren verdanken? - Foto: NABU/Volker Gehrmann
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3. Regulierende Leistung:In der Natur finden wir Ruhe und Erholung. Unser Heimatgefühl hängt oft an einem bestimmten Landschaftsbild. Vielfalt in der Natur macht nachgewiesenerweise glücklich: Eine Studie hat gezeigt, dass zehn Prozent mehr Vogelarten in der Umgebung genauso glücklich machen wie eine vergleichbare Einkommenssteigerung. - Foto: NABU/Marcus Gloger
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4. Habitatleistung:Wir müssen die Natur auch als Lebensraum, Kinderstube und Rückzugsort für Tiere und Pflanzen erhalten. Nicht zuletzt für die, die wir im täglichen Leben nutzen. - Foto: Stefan Schwill
Natürlich gibt es auch natürliche Ursachen für ein Aussterben von Arten: zufällige Schwankungen bei der Zahl der Nachkommen, schwankende Wetterbedingungen und Naturkatastrophen gibt es schon lange. Und doch sind Wissenschaftler*innen sich einig: Wir stecken mitten im sechsten großen Massenaussterben der Erdgeschichte. Und hauptverantwortlich dafür sind wir Menschen. Das sind die vier Haupttreiber der Naturkrise:
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1. Landnutzung: Wir nutzen die natürlichen Ressourcen aktuell weit über ihre Leistungskapazität hinaus. Dadurch werden Landschaften verändert, was immer auch bedeutet, dass Lebensräume zerstört werden. – Foto: Helge May
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2. Direkte Ausbeutung: Ganze Populationen werden durch übermäßigen Fischfang und Jagd ausgelöscht oder stark bedroht. - Foto: NABU/Philip Scholl
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3. Klimakrise: Durch die steigenden Temperaturen werden Lebensräume zerstört oder so verändert, dass sie für zahlreiche Arten kein Zuhause mehr bieten. Vermehrte Wetterextreme wie Starkregen und Dürren belasten Tiere und Pflanzen zusätzlich. - Foto: Helge May
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4. Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft: Vor allem über Landwirtschaft und Industrie gelangen schädliche Stoffe wie Spritzmittel, Dünger oder Chemikalien in die Umwelt. - Foto: NABU/Thomas Behrends
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5. Invasive Arten: Arten, die in bestehende Ökosysteme eingeschleppt werden, wie dieser rote Amerikanische Sumpfkrebs, können heimische Arten verdrängen, wenn sie keine natürlichen Feinde vorfinden. - Foto: Ulrike Kielhorn
Wir wissen genug, um zu handeln
Auch wenn die biologische Vielfalt ein so komplexes System ist, dass wir sie niemals bis ins letzte Detail verstehen werden: Wir verlassen uns jeden Tag auf sie. Doch dass sie uns trägt, ist keine Selbstverständlichkeit mehr. Niemand kann eindeutig sagen, wie viel Biodiversitätsverlust wir uns leisten können, bevor wir essentielle Ökosystemleistungen – wie sauberes Wasser, Nahrung oder Baumaterialien wie Holz – verlieren.
Chancen und Möglichkeiten, dieses wertvolle Gut zu schützen und nachhaltig zu nutzen, gibt es überall. Wir brauchen Flächen, auf denen die Natur sich entfalten kann, anstatt immer weiter in Bedrängnis zu geraden. Eine nachhaltige Nutzung der Flächen an Land und unserer Meere ist notwendig, statt immer intensiverer Ausbeutung. Insbesondere die Bundesregierung muss jetzt den politischen Rahmen für eine Trendwende schaffen.
Auch wir müssen nicht untätig zuschauen, wie die Naturkrise sich entfaltet: Jede*r Einzelne kann an der Sicherung unserer Lebensgrundlagen, einer nachhaltigen regionalen Entwicklung und der Bewahrung der persönlichen Lebensqualität teilhaben.
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