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Ostfriesische Arche Noah
Der Woldenhof Wiegboldsbur
Was ist von einer Gegend zu halten, deren Bewohner in Orten wie Wrantepott, Ülkefalle oder Ochtelbur leben? In der ein Bauernhof "Gulfhaus", jedes größere Binnengewässer Meer heißt und die Menschen eine begnadete Gemütsruhe als inneres Stilprinzip vervollkommnet haben? Choleriker und affektiv überengagierte Menschen werden sich im Herzen Ostfrieslands möglicherweise verloren fühlen, alle anderen aber die Reize einer uneitlen Landschaft durchaus zu schätzen wissen. Fahren Sie hin, überzeugen Sie sich selbst, und wenn Sie das tun, dürfen Sie auf keinen Fall einen Besuch auf dem NABU-Woldenhof in Wiegboldsbur versäumen.
Ein Bauernhof von 1858
Wiegboldsbur liegt etwa 15 Kilometer östlich von Emden in der Gemeinde Südbrookmerland. Der um 1858 erbaute Woldenhof ist ein ehemaliges Gulfhaus. Bis zum Jahr 2002 wurde der prächtige Hof im Rahmen eines "Arbeiten und Lernen"-Projekts durch arbeitslose Jugendliche komplett saniert und nach den strengen Auflagen der Denkmalpflege umgebaut. Heute bietet der Woldenhof, der vom NABU-Landesverband Niedersachsen und der Landschaftspflege und Naturerlebnis Ostfriesland gGmbH getragen wird, Naturerlebnisse der ganz besonderen Art: als Schulbauernhof, als Landschaftshof, als Arche-Hof und als Besucherzentrum.
Im Zentrum der Aktivitäten stehen die Schülerinnen und Schüler, die während einer ereignisreichen Woche erfahren, warum Kühe selten lila sind, dass ostfriesische Warmblutpferde ihren Stall nicht selber ausmisten und es ein kulinarisches Leben jenseits von Pommes rot-weiß gibt. Nicht wenige Eltern dürften über ihre Sprösslinge nach deren Rückkehr vom Woldenhof ins Staunen geraten sein, wenn Begriffe wie Mülltrennung die heimische Konversation beleben oder der Wunsch nach einem selbst gebackenen Apfelkuchen für Verwirrung sorgt.
"Auch die meisten Kinder vom Lande haben heute leider keinen Bezug mehr zur Landwirtschaft, in den Einfamilienhaussiedlungen finden sich keine Nutzgärten mehr und selber gekocht wird zuhause immer seltener" so Woldenhof-Leiter Michael Steven. "Vieles was früher selbstverständlich und alltäglich war, ist für die Mehrzahl der Kinder von heute völlig neu."
Stille Landschaft mit Leben erfüllt
Die Schülerinnen und Schüler sorgen auch dafür, dass eine eher stille Landschaft immer wieder mit Leben erfüllt wird. Die Pflege dieser Landschaft ist eine weitere Aufgabe der zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Woldenhofs. Das Gebiet um Wiegoldsbur und das Große Meer, Ostfrieslands größtem Binnensee, war ursprünglich eine große Seenlandschaft mit einer ganzen Reihe flacher Nieder- und Hochmoorseen. Von diesen sind im Bereich des Großen Meers nur noch das Loppersumer Meer und das Kleine Meer (Hieve) erhalten geblieben.
"Die großen Niederungen, die früher im Winter regelmäßig überschwemmt wurden, nennt man Wolden", erklärt Michael Steven. So kam der Woldenhof zu seinem Namen - heute gibt es diese Überschwemmungen aber aufgrund starker Schöpfwerke nicht mehr. Eine verstärkte Verlandung und Überdüngung der einst nährstoffarmen Meere sowie die Austrocknung der wertvollen Röhrichte und Nasswiesen war die Folge. Der Woldenhof trägt mit der Pflege und naturnahen Entwicklung von Flächen, die aus der landwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden, zu einer Sanierung dieses wertvollen Naturgebiets bei.
Die etwa 300 Hektar Ländereien des Hofes werden naturschonend und nach den Prinzipien des ökologischen Landbaus genutzt. Der Nutzgarten besteht aus alten regionalen Obstbäumen und Gemüsesorten. Der sehenswerte Bauerngarten wird nach alter ostfriesischer Tradition gestaltet. Kleingewässer und Naturschutzflächen des NABU im Bereich der den Hof umgebenden Meedenlandschaft und der Ostfriesischen Meere werden gepflegt und zu wertvollen Lebensräumen entwickelt.
Kein echter Bauernhof ohne Tiere, das gilt auch und vor allem für den Woldenhof. Hier haben alte und gefährdete Haustierrassen eine neue Heimat gefunden, und wer beim Hofrundgang die gewaltigen Emder Gänse, Ostfriesische Silbermöwen, temperamentvolle Borstenviecher der Gattung Bunte Bentheimer Sau oder die noch behornten Schwarzbunten Niederungsrinder bewundert hat, wird kaum verstehen, warum diese Arten jemals in Gefahr geraten konnten. Schon gar nicht, wenn man sich eine der zum Niederknien leckeren Würste gönnt - "wir sind kein Streichelzoo, bei uns werden die Tiere gezüchtet und auch geschlachtet", betont Michael Steven. Für Kulinariker ist der Woldenhof ohnehin eine Reise wert: In der hofeigenen Küche werden hofeigene Zutaten verwendet, Kooperationen mit Slow Food sowie einem Emder Nobelrestaurant zeugen von weiter gehenden Ambitionen.
Was gibt es noch? Lauschige Sommerabende im Bauerngarten, interessante Ausstellungen im Seitenbereich der Scheune, dem sogenannten "Utkübben", Ausflüge an das Große Meer und zum Moormuseum in Moordorf, einen kleinen feinen Hofladen sowie eine frisch eröffnete Teestube mit einem ebenso historischen wie funktionalen Kamin.
Überzeugt? Na denn los.
Bernd Pieper
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