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Der Manager der Mönche
Das Naturparadies Wallnau auf Fehmarn
Fest umklammern die Hände von Martin Altemüller das dicke Eichenbrett. Der Biologe steht mit seiner Wathose im morastigen Graben, das Wasser reicht ihm bis zum Bauch. Mit einem kräftigen Ruck zieht er die Bohle nach oben aus der seitlichen Führung heraus. Laut schmatzend ergießen sich binnen weniger Sekunden viele tausend Liter trüben Teichwassers durch das Wehr, einen so genannten Mönch, in den schmalen Kanal und verschwinden in Richtung der Brutinseln im Besucherbereich.
Wasserregulierung für die Vögel
Dort durchstöbern langbeinige Limikolen wie Uferschnepfen oder Säbelschnäbler mit ihren oft eigentümlich gebogenen Schnäbeln den feuchten Uferschlick der ehemaligen Fischteiche nach Nahrung. "Sind diese Zonen zu trocken oder überschwemmt, fliegen die Vögel weiter. Und das möchten wir natürlich vermeiden", erklärt Altemüller, wuchtet das nächste Brett aus dem Mönch und schmeißt es zu den anderen auf die Uferböschung. Die Pegelstände im Besucherbereich sind zu niedrig. Deswegen leitet Martin Altemüller gezielt Wasser über das weit verzweigte Kanal- und Röhrensystem aus einem der vier Wallnauer Teiche in die bedürftigen Zonen.
Da sich auf Fehmarn die Zugwege von Wasser- und Landvögeln kreuzen, fliegen das NABU-Wasservogelreservat Wallnau übers Jahr bis zu 250 unterschiedliche Arten an. "Wir müssen unseren gefiederten Gästen neben guter Kost und Logis auch einen persönlichen Service bieten", sagt der stellvertretende Reservatsleiter, der bereits seit neun Jahren in Wallnau lebt und arbeitet. Damit Kiebitze oder Graugänse in Ruhe brüten können, wird das Gras für sie in vielen Bereichen extra kurz gehalten. Große Teile des Naturschutzgebietes dürfen nicht betreten werden. Deswegen übernehmen bis zu 200 hauseigene Moorschnucken und Galloway-Rinder das notwendige Rasenmähen.
Beobachten aus dem Versteck heraus
"Die Idee, Lebensräume zugunsten der Artenvielfalt künstlich zu gestalten, stammte ursprünglich aus Großbritannien", erzählt Altemüller und lässt seinen Blick prüfend über den Mühlenteich wandern, auf dem zahlreiche Vögel in der Sonne dümpeln. Die ornithologisch interessierten Engländer lassen sich in ihren Kulturlandschaften seit Jahrzehnten für Austernfischer oder Zwergtaucher begeistern. In Wallnau können Besucher seit Ende der 70er Jahre nach britischem Vorbild aus Beobachtungshütten, den so genannten "Hides", brütende oder Nahrung suchende Vögel in freier Wildbahn hautnah erleben.
Was einst als Naturschutzprojekt auf der Sonneninsel Fehmarn begann, mauserte sich schnell zu einer natur-touristischen Institution für ganz Schleswig-Holstein. Denn das Reservat garantiert ausgezeichnete Vogelbeobachtungsmöglichkeiten für neugierige Touristen oder Technik begeisterte Hobby-Ornithologen. Und damit eine Menge Spaß. "Wir haben einfach eine gute Mischung aus Information und Unterhaltung", begründet Martin Altemüller, warum sich jedes Jahr rund 30.000 Besucher von Wallnau verzaubern lassen.
Spielstationen und neue Ausstellung
Bis 2004 ist das gesamte Infozentrum mit großzügiger Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und der Europäischen Union modernisiert und erweitert worden. Besonders beeindruckend ist die neue, vom Wetter unabhängige Ausstellung im Eingangsbereich. Mit wissenschaftlichem Sachverstand und spielerischem Einfallsreichtum werden dort großen und kleinen Besuchern alle wichtigen Fakten zum Thema Vogelzug näher gebracht.
Die traditionellen Elemente des Naturlehrpfades wie die Beobachtungshütten und der Aussichtsturm sind im Laufe der letzten Jahre um viele spannende Spielstationen und den "Obstwiesenspielplatz" ergänzt worden. Außerdem entstand neben dem NABU-Shop mit seinem umfangreichen Angebot eine einladende Kaffeebar, die auch Fahrradausflügler oder Spaziergänger anlockt.
Naturlehrpfad und Landschaftsmodelle
"Wir werden uns aber nicht auf dem Erreichten ausruhen", blickt der "Manager der Mönche" in die Zukunft, während er mit seiner triefenden Wathose aus dem trüben Teichwasser steigt. Demnächst wird ein weiteres Nebengebäude mit Modellen der Wallnauer Kulturlandschaft und der Küstenveränderungen in Fehmarns Inselwesten fertig gestellt. Auf dem Naturlehrpfad entsteht zudem ein begehbares Modell des Wallnauer Wassersystems. "Mit einer manuellen Pumpe und einfachen Schleusen können Neugierige ausprobieren, wohin das Wasser fließt, das ich hier gerade aus den Teichen durch die Röhren und Kanäle geleitet habe."
Martin Altemüller, der für die Arbeit im Gebiet gern häufiger den Schreibtisch verlassen würde, schaut durch sein Leica-Fernglas. Im Sichtbereich der Beobachtungsverstecke steigen die Pegelstände rasch an. Bald tummeln sich in den Uferbereichen Sandregenpfeifer, Rotschenkel und Kampfläufer. "So", freut sich Altemüller, "jetzt finden die Watvögel im feuchten Boden genug zu fressen. Und die Besucher können die Tiere dabei aus nächster Nähe prima beobachten."
NABU-Wasservogelreservat Wallnau, Wallnau Nr. 4, 23769 Fehmarn, Tel. 0 43 72- 10 02, mail@nabu-wallnau.de. Geöffnet 1. März bis Ende Oktober 10-17 Uhr (Führungen 11, 13 und 15 Uhr), 16. Juni bis 15. September 9-18 Uhr (Führungen stündlich 11-16 Uhr), sonst 10-17 Uhr (Führungen nach Vereinbarung).
von Malte Siegert