Sandra Bartocha - Foto: Thomas Rosenthal
„Für Kälte würde ich alles geben“
Naturfotografin Sandra Bartocha im Porträt
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Mohnfeld - Foto: Sandra Bartocha/www.bartocha-photography.com
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Buchenwald - Foto: Sandra Bartocha/www.bartocha-photography.com
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Leberblümchen - Foto: Sandra Bartocha/www.bartocha-photography.com
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Farn - Foto: Sandra Bartocha/www.bartocha-photography.com
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Küstenwald Rügen - Foto: Sandra Bartocha/www.bartocha-photography.com
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Sandra Bartocha - Foto: Thomas Rosenthal
Eine Naturfotografin, die muss doch im Wald wohnen, oder jedenfalls nah an der Natur. Bei Sandra Bartocha trifft das nur teilweise zu. Die 36-Jährige wohnt in Potsdam in einem Plattenbau, der jedoch glücklicherweise direkt an ein Waldgebiet grenzt. Beim Interviewbesuch brütet sogar ein Rotkehlchen auf ihrem Balkon. Besser kann ein Porträtgespräch mit einer Naturfotografin doch nicht anfangen. „Wer mich kennenlernt, der denkt nicht unbedingt, dass ich so romantische Mädchen-Fotos mache. Ich selbst bevorzuge auch weniger kitschige Fotos – in meiner Wohnung hängen nur helle Bilder oder Fotos von anderen Fotografen“, sagt sie über sich.
Wie ihre Bilder sind? „Soft im Fokus, zarte Bilder, ein bisschen mädchenmäßig.“ Bartocha ist fasziniert vom Licht und spielt damit. Technik sollte beherrscht werden, aber im Vordergrund steht für sie die Empfindung, was in der Natur passiert. Dafür kann sie stundenlang im Wald liegen, am See sitzen oder am Meer sein. Sie bevorzugt Mecklenburg-Vorpommern – ihre Heimat.
Keine Nachbearbeitung der Bilder
„Naturfotografie, wer braucht denn das?“ Diese Frage hat Sandra Bartocha schon oft gehört, auch von ihrem Vater, der selber Fotograf ist. Er hätte es gerne gesehen, wenn sie Porträts von Menschen machen würde. Doch für sie war immer klar, wenn, dann raus in die Natur. „Zu Beginn habe ich viel spontan fotografiert, da wollte ich einfach meine Leidenschaft für die Fotografie ausleben“, so Bartocha.
Noch immer geht sie spontan los zum Fotografieren. Wenn sie Serien macht, beispielsweise für Ausstellungen, dann gibt es ein Konzept. Motive, die zueinander passen, werden gezielt ausgesucht. „Leider besteht meine Arbeit als Naturfotografin aus 70 Prozent Schreibtischarbeit. Ich habe mir über die Jahre ein großes Portfolio aufgebaut, was gut nachgefragt wird.“ Nachbearbeitet wird an den Bildern dagegen nur wenig. „Das macht mir keinen Spaß. Ich habe meine Kamera so voreingestellt, dass das Ergebnis auch ohne intensive Nachbearbeitung stimmig ist“, erklärt sie.
„Ich mag diesen Kosmos der Naturfotografie“
Von der Naturfotografie kann Sandra Bartocha mittlerweile leben und ist als Frau damit so ziemlich alleine auf weiter Flur. Seit April 2016 ist sie wieder im Vorstand der Gesellschaft Deutscher Tierfotografen (GDT) aktiv und zudem Chefredakteurin der Zeitschrift „GDT – Forum Naturfotografie“. Stark eingebunden ist sie unter anderem bei der Organisatorin für die Jury des Wettbewerbs „GDT Europäischer Naturfotograf des Jahres“. „Ich mag diesen Kosmos der Naturfotografie“, sagt sie, aber sie wünsche sich mehr Diversität bei den Fotoarbeiten. Es würden innovative Ansätze fehlen, „alles wiederholt sich und alle machen das Gleiche“, so ihre Kritik.
Sandra Bartocha hat sich in den letzten Jahren vor allem auf das Motiv Wald spezialisiert. „Bei den Bildern achte ich schon darauf, ob sie auch kalendertauglich sind. Trotzdem möchte ich meine eigene Handschrift nicht verlieren, die Balance, zwischen kommerziellen und freien Arbeiten zu bewahren, ist mir wichtig.“ Die goldenen Zeiten der Fotografie, als Agenturbilder noch ein sicheres Einkommen bedeuteten, hat sie nicht miterlebt, daher musste sie sich systematisch alles aufbauen. Was sie ärgert: „Gute Naturfotos werden nicht wertgeschätzt. Alles wird bezahlt, aber am Fotografen wird meistens gespart.“
Buch über Skandinavien
Ein langjähriges Fotoprojekt über den Norden Europas soll im Oktober als Bildband erscheinen. Bartocha hat dort, zusammen mit ihren Kollegen Werner Bollmann, seit 2011 fotografiert, und die Bilder werden jetzt als Multivision sowie in Buchform veröffentlicht. Premiere ist auf dem Internationalen Naturfotofestival der GDT in Lünen, ab Ende Juni kann das Buch vorbestellt werden. „Es gibt oft Vorurteile gegenüber Naturfotografinnen. Mit dem Projekt in Skandinavien konnte ich zeigen, dass ich auch anders kann, und Frauen nicht nur Schmetterlinge und Blumen ablichten“, erklärt sie. Das häufigste Vorurteil sei, dass Frauen so schnell frieren. „Für Kälte würde ich alles geben, mein Projektpartner aus Kiel ist sogar schneller eingeknickt als ich. Aber wenn ich ein Motiv habe, dann vergesse ich die Kälte und alles um mich herum.“
Mehr Zeit für die Naturfotografie zu haben, also öfter draußen zu sein, das würde Bartocha noch gerne umsetzen. Ein Sehnsuchtsort ist Russland. „Das Land, die Sprache und die unberührte Landschaft faszinieren mich, als ehemaliges Ost-Kind gehöre ich leider zum Jahrgang, der schon Englisch anstatt Russisch gelernt hat.“ Die Landschaftsfotografie boome, in Europa seien Fotografen an „Hotspots“ nie alleine. „Ich stehe ungern mit 20 Menschen an einem Strand auf den Lofoten“, sagt Bartocha, für die das Fotografieren auch etwas mit Alleinsein zu tun hat.
Auch träumt sie von einem Galerie-Café für Ausstellungen, nicht nur für ihre eigenen Bilder, sondern, um Bilder von anderen Fotografen zu präsentieren. In ihrer Wohnung zeigt sie jedenfalls schon ein Händchen für liebevolle Dekoration. Und das so naturnah, dass sich im Holzkorb auf dem Balkon die Rotkehlchen zum Brüten eingefunden haben.
Nicole Flöper
- Infos zum Bildband „LYS - An Intimate Journey To The North”
- Kontakt zu Sandra Bartocha
- Zum Skandinavien-Buch
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