8 Hektar junger Eichenwald stehen am Tollensesee zum Verkauf. Genau jetzt zum Fest. Wenn wir sie gemeinsam erwerben, kann er sich zum für alle Zeit ungestörten, artenreichen Urwald entwickeln.
Jetzt spenden!„Auf den Schnee kann man sich nicht mehr verlassen“
Zur Zukunft des Wintertourismus im Harz
Sobald es schneit, zieht es die Norddeutschen in den Harz. Skifahrer*innen und Rodelfans kommen oft auch übers Wochenende oder für einen Kurzurlaub ins nahe gelegene Mittelgebirge. Für die Region ist der Wintersport ein wichtiges Geschäft. Doch mit dem Klimawandel steigen die Temperaturen, und auch die Zahl der Schneetage ist in den vergangenen Jahren deutlich gesunken. Damit schmelzen auch die Einnahmen der Tourismusbranche.
Skipisten weiter nach oben zu verlagern ist im Mittelgebirge nicht möglich. Darum helfen Kommunen und private Investor*innen dem Schnee mit anderen Mitteln nach. Am Wurmberg bei Braunlage wurden 2013 zusätzliche Pisten und eine Seilbahn an der nördlichen Hangseite gebaut. Eine Beschneiungsanlage samt Speicherbecken soll das Skifahren auch dann ermöglichen, wenn kein natürlicher Schnee liegt. Für den Ausbau mussten 16 Hektar Wald weichen, 600 neue Parkplätze kosteten zusätzlich Flächen.
Ganzjahres-Tourismus
Ob sich das Projekt für die Investor*innen gelohnt hat, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die in einem Wirtschaftlichkeitsgutachten vorausgesagten bis zu 138 Betriebstage pro Saison wurden bisher noch in keinem Jahr erreicht. „Die Beschneiung ist ein Minusgeschäft, die Einnahmen kommen aus der Seilbahn und dem Ganzjahresbetrieb“, sagt Friedhart Knolle, der sich beim NABU und dem BUND für mehr Naturschutz in der Region engagiert. Die Befürworter*innen halten dagegen: Die Anlage habe dem Ort Braunlage touristischen Zulauf und weitere Investitionen beschert.
Mehr Besucher*innen, höhere Einnahmen – das erhofft sich auch die Stadt Wernigerode, zu der das Dorf Schierke am südlichen Rand des Nationalparks Harz gehört. Hier soll am Großen Winterberg ein mit dem Wurmberg verbundenes Skigebiet entstehen. Um den Ort touristisch weiterzuentwickeln, brauche es für die Gäste ganzjährig und auch im Winter buchbare Angebote, sagt Andreas Meling, Geschäftsführer der Wernigerode Tourismus GmbH. Dem Winter wollte man in Schierke mit einer Beschneiungsanlage nachhelfen.
Auch Kunstschnee braucht Frost
Allerdings ist es fraglich, ob sich solche Investitionen rechnen – in Mittelgebirgslagen im Allgemeinen und in Schierke im Besonderen. Denn für künstlichen Schnee braucht es eine Mindesttemperatur bei möglichst geringer Luftfeuchtigkeit. In dem waldreichen und nicht sehr hoch gelegenen Gebiet – die geplante Piste am Großen Winterberg würde auf 625 Metern enden – sind die Bedingungen denkbar ungünstig. Erst bei minus zwei bis minus drei Grad Celsius könnte hier beschneit werden.
Der Umweltwissenschaftler Christian Reinboth hat die Schneechancen für das Projekt in einer Studie durchgerechnet. Seit den 1950er Jahren sinkt die Zahl der Tage, an denen Abfahrtsski auf der geplanten Piste möglich gewesen wäre – ob mit oder ohne künstlichen Schnee. Diese Entwicklung hat sich seit der Jahrtausendwende noch verstärkt. Ein wirtschaftlich erfolgreicher Betrieb der Anlage über die 2030er Jahre hinaus sei höchst unwahrscheinlich, konstatiert Reinboth.
Seilbahn durchs Waldmoor?
Für die Natur wäre die Skianlage hochproblematisch. „Das von uns geforderte Raumordnungsverfahren hat gezeigt, dass die Pläne gar nicht genehmigungsfähig sind“, sagt Knolle. Denn in dem Gebiet würden nicht nur 20 Hektar Wald verloren gehen, sondern auch ein als Lebensraum wertvolles Waldmoor. „Dort so eine Anlage mit Seilbahn und Schneeteich hinzuklotzen, das wäre spätestens vor Gericht gescheitert“, ist Knolle überzeugt. So weit ist es nicht gekommen. Der private Investor hat sich im Februar dieses Jahres aus dem Projekt zurückgezogen, ein neuer Geldgeber ist nicht in Sicht.
„Auf den Schnee kann man sich nicht mehr verlassen“, so Knolle, „das ist inzwischen allen klar, auch wenn viele es nicht offen sagen.“ Für die dunkle Jahreszeit braucht es daher Alternativen. Spazierengehen, Wandern und Mountainbikefahren ist auch im Winter möglich – jedenfalls wenn das Wetter einigermaßen mitspielt. Viele Ausflugsziele im Harz sind ganzjährig geöffnet. So beispielsweise Aussichtsplattformen oder der Harzer Baumwipfelpfad, der in bis zu 26 Metern Höhe über Bohlenwege durch den Wald führt. Über 8.000 Kilometer ausgeschilderte und miteinander verbundene Wanderwege bietet die Region. Und im Nationalpark Harz gibt es auch im Winter geführte Wanderungen, beispielsweise zu Überlebensstrategien von Tieren und Pflanzen.
In der Spur bleiben
Wenn doch mal Schnee liegt, bieten die Langlaufloipen im Nationalparkgebiet eine umweltverträgliche Alternative zum Abfahrtsski. Von den gespurten Strecken profitiert auch die Natur. Denn so bleiben die Besucher*innen eher auf den Wegen, statt querfeldein zu laufen. „Das Spuren der Loipen ist ein gutes Investment in den Naturschutz und den nachhaltigen Tourismus“, sagt Knolle.
Beim Thema Nachhaltigkeit sieht Knolle in der Region gute Ansätze, aber auch noch Luft nach oben. So reisen über 90 Prozent der Gäste per Auto an. „Hier müsste man mehr für umweltfreundliche Alternativen werben“, fordert der Naturschützer, beispielsweise für die Anreise per Bahn und das Urlaubsticket HATIX, das in der Kurkarte enthalten ist. Damit können Besucher*innen kostenlos mit dem Bus in der Region unterwegs sein.
Auch Schierke ist mit HATIX erreichbar, wenngleich der Bustakt noch verbessert werden könnte. Investiert hat die Gemeinde indes in ein Parkhaus mit 715 Stellplätzen. Es steht dort, wo eigentlich auch die Talstation der neuen Seilbahn gebaut werden sollte.
Ann-Kathrin Marr (Naturschutz heute 2021)
- Weiterführende Infos: www.nationalpark-harz.de, www.hatix.info, www.fahrtziel-natur.de.
Wintertourismus in den Bergen ist Segen und Fluch zugleich. Für die Bergdörfer ist er die Säule ihres Wohlstands, für das sensible Ökosystem Gebirge eine wachsende Belastung. Doch mittlerweile gibt es auch umweltschonende Angebote. Mehr →
Unordnung mit System: Im Nationalpark Harz wird die Natur sich selbst überlassen. So finden seltene Arten wie der Schwarzstorch einen ungestörten Lebensraum. Auch Luchs und Wildkatze streifen durch die dichten Wälder. Mehr →
Die Geopark-Infostelle bietet ein Erlebniskino und eine abwechslungsreiche Ausstellung. Ein Highlight ist die Dauerausstellung zum Thema Fledermäuse.
Mehr →
Waldzustandsberichte der letzten Jahre zeichneten dramatische Bilder. Besonders Fichtenforste, zum Beispiel im Harz, sterben in großem Umfang ab. Übeltäter ist zumeist der Fichtenborkenkäfer. Doch wo liegen die Gründe für den massenhaften Befall? Mehr →